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SOLO mit PINK LADY - MIT 16 DIE WELT EROBERT

SOLO mit PINK LADY - MIT 16 DIE WELT EROBERT

Titel: SOLO mit PINK LADY - MIT 16 DIE WELT EROBERT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Watson
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Nacht!
     
Montag, 21. Dezember 2009
    Grau und neblig
     
    Ich bin gerade erst hereingekommen, nachdem ich draußen mit einer Tasse heißer Schokolade in der Hand die Dämmerung beobachtet habe. Statt eines Sonnenuntergangs gab es heute nur dicke Wolken und schlechte Sicht, doch der leichte Nieselregen und die hohen rollenden grauen Wogen sind genauso anmutig wie jeder Sonnenuntergang.
    Ich habe einige Vögel beobachtet. Ich liebe es, ihnen dabei zuzusehen, wie sie tief über die Wellen und um ELLA’S PINK LADY herumfliegen, und ärgere mich ziemlich über mich selbst, weil ich kein Bestimmungsbuch für Vögel mitgenommen habe. Ich denke, dass die meisten von ihnen Sturmvögel sind, und habe heute Morgen meinen ersten Albatros auf dieser Reise entdeckt.
     
    Es war alles in allem ein recht ereignisloser Tag, also habe ich unter Deck aufgeräumt und die Kajüte mit ein wenig Weihnachtsdekoration geschmückt. Wir kommen weiter mit guter Geschwindigkeit voran, doch das Boot rollte recht heftig. Das Segeln vor dem Wind zählt nicht gerade zu den Stärken von ELLA’S PINK LADY . Aber ich werde mich an das Rollen gewöhnen müssen, denn wir werden den größten Teil der noch vor uns liegenden Reise vor dem Wind segeln – und es wird schnelles Vorwindsegeln sein!
    Ich schätze, dass es noch 20 Tage dauert, bis wir Kap Hoorn erreichen. Noch vier Nächte bis Weihnachten!
     
Dienstag, 22. Dezember 2009
    Nebel
    Heute haben wir uns kaum fortbewegt. Es gab fast keinen Wind. Der Morgen war wieder bewölkt und diesig, doch am Nachmittag braute sich dann wirklich dicker Nebel zusammen. Es fühlt sich an, als hätte sich eine graue, feuchte Decke über die ganze Welt gelegt. Kurz bevor es dunkel wurde, war der Nebel so dick, dass ich kaum 50 Meter weit sehen konnte. Es war ein ziemlich ungewöhnliches Szenario. Eingebettet in absolute Stille, gruselte ich mich fast ein wenig. Ich habe hart an mir gearbeitet, damit meine Fantasie nicht mit mir durchgeht, aber es fühlt sich so unwirklich an, nahezu bewegungslos dazusitzen, während die hohen, langen Wellen unter uns hindurchrollen und wir von Nebel eingeschlossen sind. In der Dunkelheit werfen jetzt die Navigationslichter von ELLA’S PINK LADY rote und grüne Lichtkegel in den Nebel. Es ist echt wie eine Szene aus einem Kinofilm!
    Ich schätze, dass ich das absolute Gegenteil dessen sehe, was die anderen zu Hause in der hektischen Vorweihnachtszeit beim Last-Minute-Shopping in strahlendem Sonnenschein und bei heißen Temperaturen erleben.
     
    Heute hatte ich hin und wieder etwas Heimweh. Aber ich lasse nicht zu, dass es mich darin beeinträchtigt, jede einzelne Minute hier draußen zu schätzen. Ich habe mein Weihnachtsessen sorgfältig geplant und vorbereitet. Die leichten Winde halten mich sehr auf Trab, weil ich andauernd Parkers Kurs korrigieren muss. Es ist keine besonders schwierige Aufgabe. Normalerweise kann ich Parker sogar korrigieren, ohne an Deck zu gehen, indem ich einfach meine Hand hinausstrecke und die Leine zwischen Windanlage und Pinne etwas justiere. Doch die nicht enden wollenden Anpassungen sind ziemlich ermüdend, weil sie mir die Ruhezeiten rauben.
    Es sind inzwischen weniger als 2300 Seemeilen bis Kap Hoorn. Trotz der zuletzt mühsamen Fortschritte kommen wir ihm langsam näher.
     
    Wenn der Nebel sich nicht verzieht, dann werde auch ich so etwas wie weiße Weihnachten feiern!
     
    Es gab einen Moment in all dem Nebel, in dem ich mich selbst ein wenig erschreckt habe. Ich hatte gerade die Musik ausgestellt, um den Geräuschen von ELLA’S PINK LADY zu lauschen und einen Blick auf die dichten Nebelschwaden um uns herum zu werfen, die uns wie dicke Decken umhüllten. Auf eine ganz seltsame Weise sah es wunderschön aus. Doch nach einer Weile bekam ich ein ungutes Gefühl. Ich konnte nicht sehen, was um uns herum geschah. Das gefiel mir nicht. Ich wusste ja, dass es da draußen außer uns niemanden gab. Doch diese Erkenntnis hielt mich nicht von der gruseligen Vorstellung ab, dass uns jemand oder etwas ganz nahe kam. Es war lächerlich, und es gelang mir mit einiger Willensanstrengung zum Glück auch, das Gefühl der Angst wieder abzuschütteln. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich unglücklich war, als sich der Nebel endlich lichtete und ich die Wellen um uns herum wieder sehen konnte. Es war der typische Wellengang des Südpolarmeeres, der uns entgegenrollte. In den Tälern der etwa drei Meter hohen Wellen waren noch Reste des Nebels hängen geblieben.

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