SOLO mit PINK LADY - MIT 16 DIE WELT EROBERT
nicht erwischt. Das tat ich wirklich und gönnte mir, was ich seit meiner Abreise aus Sydney nicht mehr hatte: fünf Stunden Schlaf am Stück! Natürlich hatte der Wind während der Zeit gedreht, und wir sind mindestens eine Stunde lang in die völlig falsche Richtung gesegelt. Ich schätze, dass wir etwa sechs Seemeilen verloren haben – das macht insgesamt zwölf Seemeilen, wenn man die Strecke betrachtet, die wir hätten schaffen können. Ich war wirklich überrascht, dass mich der Kurswechsel nicht wie sonst geweckt hatte.
Es war ein toller Tag! Ich habe mit meiner Familie und Freunden telefoniert, und ich hatte viel Spaß daran, alle ganz genau nach ihren Weihnachtsmenüs und ihrem Weihnachtsprogramm zu befragen. Ich selbst war ziemlich faul und habe nur ein Minimum an Arbeit investiert, um ELLA’S PINK LADY weitersegeln zu lassen. Nach meinen Telefonaten hatte ich das gute Gefühl, selbst bei den vielen verschiedenen Weihnachtsfeiern dabei zu sein. Und, ist es nicht auch daheim so, dass sich am Weihnachtsnachmittag alle erst einmal ausruhen?
Draußen war es so kalt, dass ich mich viel lieber in der gemütlichen Kajüte aufwärmte. Abgesehen von den Sorgen, die sich andere Menschen um mich machten, und meinen eigenen Zweifeln, die an einem so besonderen Feiertag etwas ganz Normales sind, war ich den ganzen Tag über bester Laune. Ich war irgendwie froh darüber, dass niemand mich im Gebrabbel mit mir selbst und beim kichernden Öffnen der Geschenke hören konnte. Egal wer, jeder hätte gedacht, ich wäre verrückt geworden. Neben anderen Dingen hat mir meine Mutter vier ausgefallene Notizbücher geschenkt. Dabei habe ich immer so meineProbleme, in besonders schöne Notizbücher zu schreiben. Ich habe Angst, dass ich sie mit meiner miserablen Handschrift und meiner schlechten Rechtschreibung ruiniere. Normalerweise nutze ich einfache klassische Notizbücher, in denen das keine Rolle spielt. Als ich meine Mutter später fragte, wie ich die Notizbücher füllen sollte, antwortete sie, dass sie mich herausfordern wollte. Ich sollte es einfach versuchen. Wie also sollte ausgerechnet ich, die immer behauptet, dass nichts unmöglich ist, dazu Nein sagen?
Samstag, 26. Dezember 2009
Die fürchterlichen Fünfziger
Weihnachten war nicht nur aus den bekannten Gründen (Geschenke und Festessen!) ein aufregender Tag. Wir haben außerdem die Heulenden Fünfziger erreicht. Bis Kap Hoorn sind es jetzt noch weniger als 2000 Seemeilen.
Viele Leute haben mir geschrieben, dass ich Weihnachten einen Tag zu früh gefeiert habe. Das stimmt mit Bezug auf die Zeitzone, in der wir gerade unterwegs sind. Aber ich fand es wesentlich schöner, gemeinsam mit allen Daheimgebliebenen zu feiern als einen Tag später und dann wirklich allein!
Weihnachten muss der nebligste Tag gewesen sein, den ich je erlebt habe. Ich muss gestehen, dass ich sehr faul war. Ich habe nur gerade eben das Minimum an Einsatz gezeigt, das für ELLA’S Fortkommen notwendig war und sie in die richtige Richtung segeln ließ. Ansonsten habe ich die Kälte lieber gemieden. Ich war ohnehin den ganzen Tag damit beschäftigt, Telefonate entgegenzunehmen, alle meine Lieblingsgerichte zu essen und die Geschenke auszupacken, die überall an Bord versteckt waren. Ich mochte alle und halte sie alle für wertvoll, auch die kleinsten und verrücktesten Gaben. Genau genommen schätzte ich sie mehr, als ich das zu Hause jemals getan hätte. Ich kann euch versichern, dass ein paar wirklich alberne Teile darunter waren. So etwa ein aufblasbarer Kiwi (Neuseelands Nationalvogelund nicht etwa eine Person!) und eine rosafarbene Puppe, die sich im Wasser ausdehnt (bekannt auch unter dem Titel »Züchte dir deinen eigenen besten Freund«). Daneben gab es natürlich auch die klassische Kollektion an Socken, Büchern und anderen Kleinigkeiten.
Für mich fallen das Zuschauen beim Start des Sydney-Hobart-Rennens und der Schlussverkauf am Boxing Day (Zweiter Weihnachtstag) heute aus. Aber ich bin trotzdem glücklich, dass mir ein paar Sonnenstunden geschenkt wurden und ein Albatros einige Runden über ELLA’S PINK LADY gedreht hat. Albatrosse sind unglaubliche Vögel. Egal, wie lange ich ihnen zuschaue: Sie scheinen niemals mit den Flügeln zu schlagen. Sie lassen das Fliegen so mühelos aussehen und wirken absolut entspannt, wenn sie tausende Seemeilen von Land entfernt in die Wellentäler einund aus ihnen wieder auftauchen.
Sonntag, 27. Dezember 2009
Die gar nicht
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