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Solo

Solo

Titel: Solo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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sich an der University of California in Los Angeles einschrieb, war sie ein mageres ungelenkes Mädchen mit olivfarbenem Teint, graugrünen Augen und schwarzem Haar, das sie von der Mutter, einer polnischen Jüdin aus Warschau, geerbt hatte. 1962 belegte sie Psychologie im Hauptfach, erhielt ihre Ausbildung in experimenteller Psychiatrie an der TavistockClinic in London und erwarb 1965 den Doktorgrad der Universität Cambridge.
      Anschließend ging sie nach Wien ans Institut für Geisteskrankheit und Verbrechen, um das zu studieren, was sie besonders interessierte, die Pathopsychologie der Gewalt. Hier begegnete sie zum erstenmal jenem erschreckenden Zeitphänomen, der Stadtguerilla. Dem Terroristen aus gutbürgerlichem Hause.

    Während der folgenden Jahre setzte sie diese Studien fort. Sie interviewte ihre Versuchspersonen in fast allen europäischen Großstädten und arbeitete, wenn es nicht anders ging, auch für die zuständigen Behörden, obwohl sie darüber alles andere als glücklich war.
      Sie blieb ihrem Vater stets herzlich verbunden und flog mindestens zweimal im Jahr zu ihm nach Amerika. Er besuchte sie in Europa, besonders in der Zeit, als der aufstrebende italienische Film ihm neue Möglichkeiten in Rom eröffnete. Endlich erschien sein Name wieder auf der Leinwand. Seine Drehbücher gewannen Preise in Berlin, Paris und London. Und dann erlitt er 1970 in seinem Haus in San Fernando Valley eine schwere Herzattacke.

      Katherine Riley war damals an der Sorbonne in Paris. Sie flog mit der nächsten Maschine nach Hause. Ihr Vater wartete mit letzter Kraft auf sie, und als sie sein Zimmer im Krankenhaus betrat, öffneten sich die blauen Augen in dem kräftigen gebräunten Gesicht, das mit einemmal so alt geworden war, sofort. Sie nahm seine Hand. Er lächelte ihr zu und starb.
      Alle kamen zur Beerdigung. Regisseure, Schauspieler, Produzenten, Direktoren, die während der schlechten Jahre nicht mit ihm gesprochen hatten. Die kehrtgemacht und ihm aus dem Weg gegangen waren, wenn sie ihn herankommen sahen. Jetzt, da er tot war, hieß es sogar, die Filmakademie erwäge, ihm eine Sonderauszeichnung zu verleihen.

      Da die Rileys Katholiken der alten Schule waren, ließ Katherine ihren Vater nicht einäschern, sondern begraben, und als sie auf dem Friedhof eine Hand nach der anderen schüttelte, die ganze lange Reihe an sich vorbeiziehen ließ, haßte sie jeden einzelnen dieser Feiglinge und Heuchler.

      Danach flüchtete sie sich in das alte Farmhaus von San Fernando Valley, aber dort fand sie keinen Trost – alles erinnerte sie an ihn.

    Sie hatte keinen Menschen, an den sie sich wenden konnte, denn in einer Hinsicht war der Vater ihr keine Hilfe gewesen: in ihrem Verhältnis zum anderen Geschlecht. Ihre Beziehungen zu Männern waren stets nur von kurzer Dauer und emotional unbefriedigend gewesen, weshalb auch die physische Befriedigung ausblieb. Sie hatte also nie einen Mann kennengelernt, der ihrem Vater gleichkam.
      Als sie nahe am Zusammenbruch war, erschien die Rettung in Form eines Luftpostbriefes mit englischer Marke und Poststempel Cambridge, der eines Morgens in ihren Briefkasten fiel. Er enthielt das Angebot, als akademische Lehrerin an ihrem alten College New Hall zu unterrichten, und sie griff mit beiden Händen zu und eilte an den einzigen Zufluchtsort, der ihr jetzt noch geblieben war.

      Und sie hatte recht daran getan. Es war, als käme sie nach Hause. Sie hatte ihre Arbeit, sie hatte ihr Buch und sie hatte Cambridge in seiner ganzen Pracht, besonders an jenem wunderschönen Aprilmorgen, an dem sie John Mikali kennenlernte.

      Sie hatte die ganze Nacht hindurch an den Fahnen der fünften Auflage ihres Buches gearbeitet, da der Verlag sie bis spätestens Freitag zurückhaben wollte. Anstatt sich dann ins Bett zu legen, begann sie ihren Tag wie immer. Sie zog einen Trainingsanzug über, nahm ihr Fahrrad und fuhr in Richtung Stadtmitte, die sauber und ruhig und schön im frühen Morgen vor ihr lag.
      Eine Viertelstunde später lief sie den Pfad durch die Rasenhänge entlang, die zum Fluß Cam hinunterführen. Sie war vollkommen glücklich, zufrieden mit der Arbeit der vergangenen Nacht; sie genoß die frische Morgenluft in vollen Zügen, und dann bemerkte sie, daß jemand sie überholte, und Mikali tauchte neben ihr auf.
      Er trug einen sehr einfachen marineblauen Trainingsanzug und Laufschuhe. Um den Hals hatte er ein weißes Handtuch geschlungen.

    «Schöner

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