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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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fallen und presste sich flach auf den Boden, als hätte er diese Bewegung jahrzehntelang geübt, weil er hoffte, sie irgendwann mal bei einem Vorsprechen im Theater zu brauchen, und jagte dem Mönch drei Kugeln in die Stirn. Freudestrahlend sprang er wieder auf. Seine papierartige Haut wurde etwas rötlicher, und sein weißes Haar war ein wenig zerzaust. Er grinste uns an.
    »Aufgesattelt, Amerikaner!«, dröhnte Canny und spannte gleichzeitig die Hähne beider Waffen. »Jetzt geht’s auf Mönchsjagd!«

XXXI
    Der Klang schmelzenden Asphalts
     
    00101
     
     
    Überall schrillte der Alarm. Ich glaubte Alarm in die Lunge zu saugen, inhalierte den Lärm und atmete ihn wieder aus; die Luft war regelrecht geschwängert damit. In nicht allzu weiter Entfernung hörte ich immer wieder Schüsse, hin und wieder von einem Schrei übertönt, mein Team machte wirklich professionell Radau. Der Gang war schmal, die Wände bestanden aus nacktem grauen Beton, in regelmäßigen Abständen von nackten Glühbirnen erhellt. Wir gingen hinein: ich, dann Gatz mit seinem Gepäck, schließlich Kieth. Hin und wieder fanden wir Mönche, die auf dem Boden lagen: Ihre Schädel waren explodiert – ein Indiz dafür, dass Canny Orel und seine fröhlichen Gesellen hier gewesen waren. Ich hatte die Orientierung verloren. Sobald ich die Augen schloss, konnte ich mir unsere Position auf der Karte des Gebäudekomplexes vorstellen: Ein roter Punkt, der sich langsam aber stetig bewegte. Mit offenen Augen hingegen war ich völlig hilflos – alle Gänge bestanden aus genau dem gleichen grauen Stein, es gab dort genau die gleichen nackten Glühbirnen, genau die gleiche feuchte, schwere Luft. Dieser Ort hier war nicht für Menschen gedacht.
    An jeder Kreuzung rief uns Kieth die neue Richtung zu, übertönte die dröhnenden Alarmsirenen und das Krachen der Schüsse. Als wir die erste Tür erreichten, ließ ich Gatz den Schweber, in dem Dawson lag, nach vorne schieben. Sobald sich der Cyborg-Torso der Tür auf weniger als einen halben Meter genähert hatte, glitt sie fast lautlos zur Seite. Danach nahmen wir die gewohnte Reihenfolge wieder ein.
    »Ave, bei dir alles okay?«, fragte Gatz mit leiser, angestrengter Stimme; in meinen Ohren hörte es sich wie Reißzwecken an.
    »Scheiße, nein!«, gab ich zurück, ohne mich zu ihm umzudrehen. »Ich war tot, du Schwachkopf! Sei mal ein bisschen nachsichtig!«
    In der Ferne war eine Explosion zu hören, dann Schüsse und Schreie. Ich hielt nicht inne. Wir waren so nah dran, so gottverdammt nah! Ich wollte nicht so weit gekommen sein und dann doch noch scheitern. Ich wollte mich hier nicht besiegen lassen, sodass das Letzte, das ich auf dieser Welt hörte, Barnaby Dawsons digitales Lachen wäre.
    »Weiter geradeaus, Mr Cates«, rief Kieth. »Wir sind jetzt ganz nah. Hier herrscht überall völliges Chaos, wenn ich die Datenpakete richtig interpretiere. Überall gibt es immense Aktivität.«
    »Hast du jemals gesehen, wie eintausend Wölfe gemeinsam eine Ratte in Stücke reißen, Cates?«, lachte Dawson mit seiner blubbernden Schmieröl-Stimme. »Das ist wirklich sehr, sehr unterhaltsam.«
    Wir befanden uns in einem Gang, der immer weiter in die Tiefe führte, und die feuchte Kühle, die mir in den oberen Bereichen des Abtei-Gebäudekomplexes aufgefallen war, wich hier einer schweren, schwülen Hitze. »Kieth, was zur Hölle geht da oben vor?«
    Kieth presste die Hand gegen das Ohr. »Tanner! Milton! Was ist los?«
    Wir gingen einige Schritte weiter. Meine Hand schmerzte, so fest hatte ich sie um den Griff meiner Waffe verkrampft, also versuchte ich bewusst, den Griff wenigstens etwas zu lockern.
    »Sie sitzen fest«, erklärte Kieth atemlos. »Eingepfercht! Jede Menge Mönche. Das … das …« Er hielt inne. Ich ging einfach weiter. »Ich habe den Kontakt verloren. Jetzt höre ich nur noch Lärm … und jede Menge Geschrei.«
    »Dann lebt wohl irgendjemand noch«, gab ich zurück. »Wohin?«
    »Was? Erst links, dann geradeaus bis zur nächsten Tür -Moment!«
    Ich blieb stehen, starrte die Tür an, der wir uns näherten. Die Wände bestanden aus einförmigem grauen Beton. Mit computergenauer Präzision fügten sie sich in den Boden und die Decke ein. Die Tür war genau wie alle anderen, die wir bislang durchquert hatten; matter Stahl, ohne Griffe oder andere deutlich erkennbare Möglichkeit, sie zu öffnen. Wir hatten uns immer weiter von dem Radau entfernt, den Orel und die anderen veranstalteten, deswegen

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