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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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Oberschnüffler ignorierte sie alle, und nach einer Minute, in der ich noch versucht hatte, ihm Antworten zu entlocken, hielt ich die Klappe. Kieth hinkte hinter mir her, Belling übernahm die Nachhut, die Waffen in den Händen und mit äußerst wachsamem Blick, obwohl Marin uns versichert hatte, man werde uns nicht weiter belästigen – zumindest nicht innerhalb der nächsten Minuten.
    »Marin, wohin gehen wir?«
    Er drehte sich nicht um. »Wir müssen ein paar Leute treffen.«
    Ich unterdrückte das Bedürfnis, ihm einfach in den Hinterkopf zu schießen. »Marin, meine Leute sind tot. Sie kommen hier hereinspaziert, als hätten Sie einen gottverdammten Generalschlüssel, und meine Leute sind dabei gestorben, mich so weit zu bringen!« Er ging einfach weiter. Ich streckte den Arm aus und versetzte ihm einen Stoß. »He!« Marin verlangsamte nicht einmal seinen Schritt.
    »Mr Cates, Sie werden Ihre Antworten schon bald erhalten. Aber glauben Sie mir, ohne Ihre Bemühungen hätte ich es niemals so weit geschafft.« Er drehte den Kopf zur Seite und blickte mich über die Schulter hinweg an, ging dabei zügig weiter und bog dann scharf nach links ab, ohne auch nur zu zögern. »Auch ich habe meine Grenzen, Mr Cates. Es gibt Regeln.«
    »Regeln?«, fauchte ich. »Gottverdammte Regeln? Sie sind der Scheiß-König der ganzen Scheiß-System-Bullen, und Sie erklären mir, es gebe Regeln?« Aus irgendeinem Grund hatte ich plötzlich meine Waffe in der Hand und ließ eine Patrone in den Lauf schnellen. »Ich habe gesehen, wie System-Bullen irgendwelchen Leuten einfach in den Kopf geschossen haben, weil sie im Weg gestanden haben. Ich habe miterlebt, wie System-Bullen Leute nach Kleingeld gefilzt haben, aus reiner Langeweile. Es gibt Regeln?« Ich streckte den Arm aus und presste dem Oberschnüffler die Mündung meiner Pistole fest gegen den Hinterkopf. Seit zwanzig Minuten konnte ich es kaum erwarten, irgendjemanden umzubringen. Meinetwegen konnte sich der Kreis auch gleich ganz schließen.
    Marin wirbelte herum und ging einfach rückwärts weiter, so zügig, dass ich stutzte. Fast beiläufig griff er nach meiner Waffe und schob sie zur Seite – und ich ließ es tatenlos zu. »Mr Cates, für mich gibt es Regeln.«
    Eine Zeit lang gingen wir einfach so weiter: Er bewegte sich ungehindert rückwärts, und ich war wie betäubt. Dann wirbelte Marin erneut herum.
    »Gemäß Dauerbefehl 778 ist es mir untersagt, ohne konkrete Verdachtsmomente auf das privat unterhaltene Gelände einer anerkannten Religionsgemeinschaft vorzudringen. Besagte ›konkreten Verdachtsmomente‹ sind durchaus unterschiedlich definiert, aber zu den Umständen, die stets und ohne Zweifel als hinreichend anzusehen sind, gehört die Bedrohung für Leib und Leben eines Bürgers des Systems durch die Mitglieder besagter Religionsgemeinschaft.« Über seine Schulter hinweg winkte er mir zu. »Auch wenn Sie vielleicht ein unglücklich gewähltes Beispiel darstellen mögen, sind doch auch Sie ein Bürger dieses Systems. Mitglieder der Cyber-Kirche haben versucht, Sie zu töten. Somit war ich pflichtgemäß autorisiert, das Gelände zu betreten, gemäß Dauerbefehl 778. Und gemäß diesem Befehl verfügte ich über vollständige Autorität und freien, ungehinderten Zugang zu jeglichem Bereich besagten Geländes. Das gilt für jeden Officer des System-Sicherheitsdienstes.«
    »Sie belieben zu scherzen.«
    »Mr Cates, ich scherze nie.« Er blieb stehen und wandte sich einer Tür in der einförmig grauen Wand zu. »Wir sind da.«
    Ich umklammerte den Griff meiner Waffe. »Es war nur erforderlich, dass hier drinnen auf einen Bürger geschossen wurde?«
    Er streckte den Arm aus und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Einen Bürger, der in der Lage war, hier hereinzukommen und zu überleben. Einen Revolverhelden. Glauben Sie mir, Ihre Arbeit ist noch nicht ganz beendet.«
    Er griff in die Innentasche seines Jacketts und zog eine unbeschriftete Plastikkarte heraus. Diese hielt er vor die Tür, und sie öffnete sich lautlos. »Kommen Sie herein.«
    »Was befindet sich darin?«, fragte Belling.
    Einen Sekundenbruchteil lang lächelte Marin, fast als falle ein einzelner Sonnenstrahl durch eine dichte Wolkendecke. Dann war das Lächeln wieder verschwunden. »Nicht ›was‹, Mr …« Kurz zögerte er. »Nynes? Nein … nein … Belling, nicht wahr? Nicht ›was‹. ›Wer‹. Hier entlang. Sie auch, Mr Kieth«, setzte er fröhlich hinzu. »Schon bald werden auch Ihre

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