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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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mit dem Ellenbogen an. »Da ist unser Mann.«
    Ich blickte auf, und vor Zorn über mich selbst schoss mir das Blut ins Gesicht. Da starrte ich so eine Scheiß-Kippe an, während der Mann, der für mein heutiges Abendessen sorgen sollte, geradewegs an mir vorbeispazierte, und so ein abgehalfterter Nichtsnutz wie Nad Muller musste mir den Arsch retten! Ich ballte beide Hände zu Fäusten und widerstand dem plötzlichen Bedürfnis, Nad eins auf die Nase zu geben.
    Ich erkannte meine Zielperson sofort, schließlich hatte ich die unscharfen Aufnahmen aus den Akten gesehen: ein kleiner, untersetzter Kerl in einem uralten Ledermantel, der ihm mehr als einen halben Meter zu lang war. Er trug ihn wie einen königlichen Umhang, der hinter ihm ständig über die Straße schleifte. Der Mann wurde von zwei gewaltigen Kerlen begleitet, die vor lauter Kraft kaum noch gehen konnten. Doch ich achtete nur auf meine Zielperson, die regelrecht vorbei- huschte, so rasch bewegte sie sich. Der ›Kleine Prinz‹. Sein Name war Rudjer Irgendwas; war ja auch egal. Er stand weit unten in der Nahrungskette und versuchte gerade, sich aus der Tiefe emporzuarbeiten – und er stand kurz davor zu explodieren.
    Ich betrachtete das Trio. Sie alle blickten schnurgeradeaus, die Gesichter zur üblichen Maske harten, entschlossenen Auftretens erstarrt das machten wir alle so –, und verhielten sich so, als würden die armen Schweine auf der Straße ihnen schon von Natur aus einfach aus dem Weg gehen. Und das taten sie auch, denn obwohl der ›Kleine Prinz‹ ein echter Niemand war, der noch nicht einmal begriffen hatte, dass seine Zeit gerade ablief, besaß er doch mehr Einfluss als die meisten Leute in seiner unmittelbaren Umgebung. Er hatte ordentlich Yen, ordentliche Schlägertypen – und diesen todschicken Mantel.
    Er glitt an mir vorbei, eines der Muskelmonster auf seiner Gehaltsliste hob einen mageren Burschen einfach ein Stück weit in die Luft und warf ihn achtlos zur Seite, um seinem Boss den Weg freizumachen. Ich rührte mich kein Stück. Ich bemerkte, dass Nad neben mir ungeduldig wurde, er wollte irgendetwas unternehmen, doch ich hob nur abwehrend die Hand, ohne ihn anzublicken. Nad verstummte. Ich hatte Nad schon oft genug auf die harte Tour zum Schweigen gebracht; mittlerweile hatte er seine Lektion gelernt.
    Als sie an uns vorbeigegangen waren, schloss ich mich der vorbeiströmenden Menschenmasse an und hielt mit den dreien Schritt, die Hand die ganze Zeit über in der Tasche. Mein eigener Mantel war nicht so Ehrfurcht gebietend wie der des ›Kleinen Prinzen‹, doch er war funktional und enthielt eine ganze Menge nützlicher Dinge. Den Blick fest auf die drei Amigos gerichtet, tastete ich nach der Klinge, die ich in einer meiner Innentaschen verborgen hatte, und umschloss sie dann fest mit den Fingern. Der ›Kleine Prinz‹ war wirklich nur ein kleiner Fisch, und die Bezahlung war so armselig, dass sich der Aufwand kaum lohnte – er war ein übler Kerl, gar keine Frage, nicht besser als ich, aber nicht gerade jemand, der meinem Ruf zuträglich wäre. Für Abschaum wie den waren Kugeln einfach zu teuer.
    Eine Zeit lang folgte ich den dreien nur und beobachtete sie. Ich wusste, dass Nad sich mir angeschlossen hatte, ohne mich nach ihm umdrehen zu müssen; Nad und ich arbeiteten schon lange zusammen, und er hatte es nie gemocht, irgendwo alleine sein zu müssen. Es dauerte nicht lange, bis ich herausgefunden hatte, dass die Leibwächter, die der ›Kleine Prinz‹ angeheuert hatte, ihr Geld nicht wert waren – wie viel auch immer er ihnen zahlen mochte. Wie viele andere Amateure waren sie einfach eindimensional, dachten viel zu schlicht und glaubten, jegliche Gefahr müsse sich immer von vorne nähern, mit reichlich Vorwarnung und unter Fanfarengetöse. Nicht ein einziges Mal blickten sie hinter sich.
    Als ich selbst mich umschaute, um meine Umgebung ein wenig genauer zu begutachten, stolperte ich beinahe, weil drei Mönche mit mir Schritt hielten. Ich konnte mir natürlich nicht sicher sein – schließlich sahen diese Blechköpfe alle gleich aus –, aber ich vermutete sofort, das müssten die drei sein, die vorhin auf der anderen Straßenseite gepredigt hatten, uns genau gegenüber. Einer von den dreien blickte mich geradewegs an; er durchquerte die Menschenmassen, als sei er überhaupt nicht darauf angewiesen, seine Umgebung mit den Augen wahrzunehmen. Erstaunt erwiderte ich einige Schritte lang seinen Blick, dann wandte ich mich

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