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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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’ne ziemlich große Sache. Kann schon sein, dass wir uns damit Ärger einhandeln.«
    »Um was zum Teufel geht es denn hier, verdammt?«
    Plötzlich waren wir echte Partner. Gatz hatte bewiesen, dass er ein wirklich zuverlässiger Kumpel sein konnte, das musste ich schon zugeben. Aber ich war es noch nicht gewohnt, einen Partner zu haben.
    »Gehen wir was trinken.«
    Im ›Pickering’s‹, wo alle unsere Unternehmungen stets ihren Anfang nahmen, ob groß, ob klein, erklärte ich dem zappeligen kleinen Scheißkerl alles. Zusammengesunken saß er in seinem Sessel, die Sonnenbrille auf der Nase; seinen Gin (mit Eis) hatte er nicht einmal angerührt. Auf dem Drink schwamm eine ziemlich dicke Schicht Zucker – ohne den Zucker bekam man das Zeug überhaupt nicht runter, und blind werden konnte man davon auch, ohne Scheißjetzt. Im rauchverhangenen Halbdunkel der Kneipe wirkte Gatz fast wie das Negativbild eines Schattens: blass und irgendwie unscharf.
    Als ich mit meiner Erklärung fertig war, beugte er sich vor, nahm einen tiefen Zug aus seinem lauwarmen Becher und hustete lautstark – es klang so, als müsse er danach Auswurf herunterwürgen, was nicht gerade dazu angetan war, ihn sonderlich vertrauenswürdig wirken zu lassen. Dann lehnte er sich wieder zurück. »Ach du Scheiße«, murmelte er. »Und jetzt?«
    Ich winkte Melody zu und hob zwei Finger, damit sie uns eine neue Runde brachte. Das Problem an diesem schwarz-gebrannten Fusel war, dass man sich, wenn man einmal angefangen hatte, genauso gut gleich richtig die Birne zuschütten konnte, weil man am nächsten Tag sowieso einen Mordskater haben würde, ganz egal, wie viel man getrunken hatte. Im Tageslicht wirkte ›Pickering’s‹ beinahe schon sauber. In die aus dem Sperrmüll geretteten Tische waren unzählige Botschaften eingeritzt, und der nackte Betonfußboden roch nach dem Bleichmittel, das die hier jeden Tag einsetzten. ›Pickering’s‹ war der letzte Außenposten des halbwegs zivilisierten New York; ging man zwei Häuserblocks weiter Richtung Süden, stand man schon mitten im Niemandsland.
    »Wir werden ein Team brauchen. Das ist echt ’ne Riesensache.«
    »Ein Team«, murmelte er.
    Ich hob die Hand und zählte an den Fingern ab: »Ich bin der Revolverheld – okay, klar. Du bist die Scheiß-Geheimwaffe, Kev, mit dir rechnet keiner. Du kannst alle möglichen unerwarteten Situationen in den Griff kriegen, so wie du dich für mich um die beiden System-Cops gekümmert hast. Aber damit bleibt noch viel zu viel anderes für uns beide zu tun. Wir brauchen einen Techniker. Wir brauchen jemanden, der sich um den Transport kümmert. Klar, für die Sicherheit bei der ganzen Sache kann natürlich ich sorgen, aber vielleicht gibt es in New York ja irgendwen, der darin noch viel besser ist.«
    Melody brachte uns die Drinks, stellte sie beiläufig und geistesabwesend auf den Tisch und wollte gerade wieder gehen, doch ich packte sie rasch am Arm. »Mel«, sagte ich gerade laut genug, dass sie mich im allgemeinen Lärm verstehen konnte. »Ich muss mit Pick reden.«
    Sie kniff die Augen zusammen und schaute dann ostentativ meine Hand an; ein schwammiges, blasses Mädchen, das allmählich fett wurde. Ihr fehlte ein Schneidezahn. »Ach ja?«
    Ich nickte. »Ja.«
    Sie nickte und verschwand. Gatz und ich nippten an unseren Drinks und fühlten uns ziemlich unwohl, doch dann tauchte sie wieder auf, in der einen Hand ein schmutziges Tuch, mit der anderen deutete sie auf uns, den Zeigefinger ausgestreckt.
    »Dann kommt endlich. Der lebt ja auch nicht ewig.«
    Gatz und ich standen auf, zogen unsere langen Mäntel zurecht. Ich tastete nach meiner Waffe – zu ›Pickering’s‹ sollte man nie unbewaffnet gehen –, und Gatz wirkte, als diskutiere er gerade noch etwas mit der Schwerkraft aus, um nicht zu Boden zu stürzen. Dann folgten wir Mel durch die Menschenmenge, hinter den Tresen, danach durch eine unauffällige Stahltür hindurch, die sie für uns aufhielt. Dabei grinste sie uns affektiert an.
    »Seid bloß vorsichtig«, sagte sie, und ihr blödes Grinsen wurde noch breiter, als ich an ihr vorbeiging. »Heute ist er richtig mies gelaunt.«
    Das Büro im ›Pickering’s‹ war klein und beengt, nur matt beleuchtet und schrecklich staubig. Der alte Pickering war früher, ganz früher, wohl mal eine Art Biologie-Professor gewesen. In den grauen Jahren vor der Vereinigung hatte er seinen Job verloren und dann eine Karriere in der Unterwelt begonnen – und dabei war er

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