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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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einmal allgemein bekannt würde, dann würde mir wohl selbst Dick Marins inoffizielle Schirmherrschaft nicht mehr weiterhelfen.
    Mein Arm schmerzte schon, so lange hielt ich die Waffe in der Hand – ich hatte gerade einen Scheiß-System-Bullen umgebracht! Als mir bewusst wurde, was das alles bedeutete, schaltete mein Hirn plötzlich auf Autopilot um; mein Verstand war wie paralysiert, und ich verspürte eine Mischung aus Entsetzen und Erleichterung. Ich hatte einen Cop umgebracht! Damit war jegliche feine Grenze, die mich vor der Rachsucht von zwei Millionen Bullen der ganzen Welt vielleicht noch hätte bewahren können, endgültig verschwunden, verglüht in einem einzigen Mündungsfeuer. Man konnte die System-Bullen bestechen, hin und wieder konnte man sie hinters Licht führen, und gelegentlich nahmen sie irgendwelche Dinge sogar einfach hin – aus Faulheit oder weil sie selbst davon profitierten. Doch Leute, die jemanden vom SSD umbrachten – die wenigen, die in den letzten zwanzig Jahren dumm genug gewesen waren, das zu tun –, die wurden gejagt-
    Und dann wurde ein Exempel an ihnen statuiert.
    »Lauf nur, du Ratte!«, brüllte Moje, der immer weiter hinter mir zurückblieb. »Jetzt bist du ein Cop-Killer! Zwei Männer aus meinem Team! Dafür werden wir dich bestrafen müssen!«
    Zwei sind erledigt, dachte ich und erholte mich langsam wieder, während ich weiterstapfte. Vergiss die beiden toten Cops – daran lässt sich jetzt auch nichts mehr ändern. Außerdem: wenn die schon bereit waren, einem die Sturmtruppen bis in die Scheiß-Abwasserkanäle hinterherzuschicken, dann stand man ja wohl ohnehin schon auf der Abschussliste des SSD. Wie sollten ein paar tote Cops das noch schlimmer machen?
    Während mir derart aufmunternde Gedanken durch den Kopf gingen, kam ich zu dem Schluss, ich könne diese Dezimierung von Mojes Team wohl zu den Dingen zählen, die mir zum Vorteil gereichten. Allzu sehr half mir das auch nicht, schließlich hatte ich keinen weiteren Plan. Ich hatte keine Ahnung, wohin diese Abwasserkanäle führten, wo ich wieder an die Oberfläche käme, oder ob es mir gelingen würde, weiterhin meinen Verfolgern wenigstens einen Schritt voraus zu bleiben.
    Jetzt bist du im Arsch, Avery, murmelte ich vor mich hin, während ich weiterrannte. Hättest wissen müssen, dass man mit siebenundzwanzig einfach zu alt ist. Jetzt hast du’s zu weit getrieben.
    Ich stellte mir vor, wie es wohl sein würde, eine Kugel in den Hinterkopf zu bekommen. Ich stellte mir vor, wie ich stürzte und ertrank, wie diese tintenschwarze Finsternis mir näher und näher kam. Ich stellte mir vor, wie es wäre, gelähmt zu sein, wie alles einfach rings um mich verschwand, und ich fragte mich, ob ich nicht einen gewaltigen Fehler gemacht hatte, das Angebot der Mönche abzulehnen. Tausendmal war ich auf der Straße an ihnen vorbeigestapft, während sie gepredigt hatten. Tausendmal hatte ich sie ignoriert. Selbstjetzt, wo ich wusste, wie sie die meisten ihrer Ordensmitglieder rekrutierten, kam mir der verrückte Gedanke, vielleicht sei es immer noch besser als Mönch zu leben, als einfach zu sterben. Der ewige verrückte Gedanke: Scheiße, Mann, was ist, wenn brecht haben?!
    Die Kanäle hier waren sehr eng, man konnte sich kaum hindurchzwängen, und ich musste mich ducken, um überhaupt weiterzukommen. Das Wasser verlangsamte mich, umspülte mich immer weiter, durchtränkte meine Kleidung und schien regelrecht gierig an mir zu saugen. Der Boden war mit glitschigem Schleim bedeckt, immer wieder rutschte ich aus, vor allem, wenn ich irgendwo eine Abzweigung entdeckte und mich hektisch dafür entschied, von meinem derzeitigen Kurs abzuweichen. Und die ganze Zeit über hörte ich hinter mir Moje brüllen; immer wieder übertönte seine Stimme das Platschen meiner Verfolger.
    »Du hast doch wohl nicht gedacht, du könntest einfach so vor mir weglaufen, oder? Wir kommen dich jetzt holen, du Ratte!«
    Ich stolperte, trat dann auf eine freie Fläche hinaus, von der aus ich in einen runden Tunnel kam, an dem sich zahlreiche Seitengänge zu vereinigen schienen. Hier roch die Luft ein wenig besser, und als ich nach oben schaute, erkannte ich einen weiteren Kanaldeckel. Hinter mir waren Schreie zu hören, hastige, verwirrte Bewegungen, und so kam ich zu dem Schluss, ich müsse sie abgehängt haben – vielleicht für eine Minute. Wenn ich Glück hatte. Es gab nun mal nicht unendlich viele verschiedene Wege, die ich nehmen konnte, und ich

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