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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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wurden, wenn die Aristokratie vor Ort sich bemüßigt fühlte, das einfache Volk noch ein paar Wochen länger überleben zu lassen, welcher obskure Grund dafür den richtig Reichen auch immer eingefallen sein mochte. Die Tabletten hielten einen am Leben, aber Hunger verspürte man dennoch ständig. Es war, als würde man immer weiter fast verhungern, nur gerade noch so überleben.
    Auf einer der Kisten saß Milton und nahm einen tiefen Zug aus einer schimmernden Flasche. Sie blickte zu mir hinüber und grinste. »Ein fröhliches Kerlchen, was?«
    Ich deutete auf die Flasche in ihren Händen. »Gib mir auch ’n Schluck.«
    Sie reichte sie mir. »Du bereitest dich auf das Verhör vor, was? Hab mir schon gedacht, dass du das tun würdest.«
    Ich nickte, setzte mich ebenfalls auf eine Kiste und nahm einen großen Schluck von dem Schnaps. Er schmeckte wie Benzin. Reine Willenskraft hinderte mich daran, ihn sofort wieder auszuspeien, und kurz darauf spürte ich das vertraute warme Gefühl in der Magengrube und riskierte sogar noch einen zweiten Schluck, bevor ich Milton die Flasche wieder zurückgab. »Kieth kann nicht garantieren, dass Wests Gehirn noch lange durchhält, wo es jetzt nicht mehr unter dem Einfluss des Verhaltens-Chips steht. Gatz scheint in der Lage zu sein, Wests Gedanken ein wenig klarer zu machen, aber wer weiß, wie lange er das durchhalten kann? Wir brauchen Informationen!« Ich musste husten. »Irgendjemand muss sich dazusetzen und Notizen machen. Ich glaube, Kev kann überhaupt nicht lesen, und Ty wird reichlich zu tun haben, also reden wir hier entweder von dir oder deiner Schwester.«
    Sie blinzelte mir zu. »Da bin ich dir schon weit voraus, Chef. Was meist du wohl, warum ich hier sitze und mich betrinke? Das ist doch, als würde man mit einem Geist reden.«
    Ich betrachtete das grobe Holz der Kisten. »Glaubst du an so einen Scheiß?«
    Erneut schob sie mir die Flasche zu, und ich nahm einen weiteren Schluck. Allmählich schmeckte das Zeug besser. »An Dinge wie Geister? An Dinge wie eine Seele?« Miltons Stimme wurde ein wenig gedämpfter, als sie hinter der Kiste verschwand und sich auf dem Boden ausstreckte. »Klar doch, Mr Cates. Wie soll man das auch nicht tun? Die ganzen Prophezeiungen treffen doch nach und nach ein.«
    Ich verschluckte mich und musste husten, um meine Luftröhre wieder freizubekommen. »Prophezeiungen?«
    »Blöder Heide.« Sie seufzte. »Die Offenbarung. Die Dogmen der katholischen Kirche. Bei den meisten Religionen gibt es etwas ganz Ähnliches. Ist das nicht offensichtlich? Das Ende der Welt ist nahe.«
    Ich starrte die Flasche an. Miltons Hand tauchte an der Kante der Kiste auf und tastete träge umher, bis ich ihr die Flasche reichte.
    »Denk doch mal darüber nach, Cates! Die Toten wandeln auf dem Antlitz der Erde – in diesen luftgekühlten Mönchs-Körpern. Man kriegt keinen Arzt dazu, einen zu untersuchen, und man kann auch nichts Anständiges kaufen, wenn man nicht einen dieser Chips unter der Kopfhaut hat. Ich sag’s dir: Es ist vorbei!«
    Ich stand auf. »Naja, dann brauchen wir uns ja keine Sorgen mehr zu machen.«
    »He, Cates?«
    »Jau?«
    »Versprich mir etwas. Ich weiß, wir sind nicht gerade befreundet oder so, aber versprich mir was, von Mensch zu Mensch: Versprich mir, dass du mir den Schädel wegbläst, bevor die einen Mönch aus mir machen. Und für meine Schwester gilt das Gleiche, Okay?«
    Ich nickte sofort. »Schätzchen, ich dachte, das wäre selbstverständlich – für uns alle. Scheiße, das ist ein echter Dauerbefehl.« Ich schluckte. »Komm in fünf Minuten in die Montagehalle, okay? Mach Notizen.«
    »Wenn du mich noch einmal ›Schätzchen‹ nennst«, rief sie mir hinterher, »werden wir vielleicht gar nicht mehr auf die Mönche warten müssen, um das mit deinem Ableben zu arrangieren!«
    Ich versuchte den Rückweg zu finden, doch dabei verirrte ich mich in den gewundenen, tunnelartigen Korridoren des Gebäudes. Das bot mir eine Gelegenheit, mir noch ein paar der kleinen Fallen anzuschauen, die man hier ausgelegt hatte – für den Fall, dass wir eine kleinere SSD-Armee oder ein Rudel Mönche abwehren müssten, oder was für eine riesige, global tätige Organisation auch immer morgen beschließen mochte, mich umzubringen. Die waren hier wirklich geschäftig gewesen, und sie hatten erstklassige Arbeit geleistet. Abgesehen von den Schusswaffen und den Panzerplatten hatten sie an wichtigen Kreuzungen Kabel gespannt, die sich jederzeit

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