Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch
straffen und ein halbes Dutzend Angreifer gleichzeitig mit Stromschlägen erledigen konnten. In einige Fugen im Boden waren Sprengladungen eingelassen, die sich fernzünden ließen, sodass ein Dutzend Leute gleichzeitig in die schlagartig entstehenden Löcher stürzen würden. Wer auch immer versuchen sollte, sich mit Gewalt seinen Weg in das Innere dieses Gebäudes zu bahnen, würde dafür einen verdammt hohen Preis zahlen müssen.
Schließlich fand mich einer der Droiden. Mit überbordender Freundlichkeit, natürlich einprogrammiert, führte er mich dorthin, wo sich schon alle außer Milton und mir versammelt hatten. Die vier saßen dicht gedrängt um den Mönch, und der Cyborg stand noch genau dort, wo ich ihn zurückgelassen hatte, als ich entnervt geflüchtet war: Kerzengerade stand er dort und starrte ungerührt geradeaus, unter dem Einfluss sowohl des Verhaltens-Chips als auch Kieths neu einprogrammiertes Verhaltensmuster.
»Na, wer sagt’s denn: Da ist ja der berüchtigte Revolverheld«, sagte Tanner, als ich näher kam. »Reist stilvoll durch die Weltgeschichte, während die angeheuerten Helfershelfer bei ihrer Überfahrt über den Ozean Abgase schnüffeln dürfen, wie ich bemerken muss«, setzte sie säuerlich hinzu.
»Ich geb dir einen Extra-Yen für das erlittene Ungemach«, erklärte ich und streifte den Mantel ab. »Und jetzt halt endlich die Klappe und lass uns anfangen. Ihr habt gesagt, uns bleibt vielleicht nicht mehr viel Zeit?«
Kieth nickte, sprang aufgeregt umher und überprüfte seine Ausrüstung. »Physisch scheint das Gehirn in gutem Zustand, aber irgendetwas da drinnen baut immer weiter ab. Die Persönlichkeit? Die Seele? Das Unterbewusstsein? Ty weiß es nicht. Vielleicht ist West nach all der Zeit einfach zu verrückt geworden. Immer, wenn Ty Bruder West von seinem Verhaltens-Chip abkoppelt, dreht Bruder West noch mehr durch als beim Mal davor. Mr Gatz war in der Lage, West in einem gewissen Maße zu steuern – vielleicht ist das ein guter Ersatz für den Verhaltens-Chip –, aber auch dieser Einfluss scheint allmählich abzunehmen. Ty glaubt, Sie haben vielleicht noch fünf Minuten, bevor Bruder West auf ›schwerer Ausnahmefehler‹ schaltet.«
Ich starrte den Mönch an. Er sah aus wie ein Gefangener, der mit hochgerecktem Kopf seine Hinrichtung erwartete. Mir war nicht entgangen, dass Kieths Tendenz, von sich selbst in der dritten Person zu sprechen, deutlich stärker wurde, wenn der Stress zunahm. »Wenn das passiert, kannst du doch den Verhaltens-Chip mit deinen neuen Anweisungsdateien wieder aktivieren, oder?«
»Ja. Glaube ich zumindest. Das werden wir erst sehen, wenn es soweit ist.«
Ich blickte mich um und schätzte erneut die Lage ab. Wir befanden uns in einer verlassenen Fabrik in einer verlassenen Gegend, Tausende von Meilen von dem Ort entfernt, den ich am ehesten als meine ›Heimat‹ bezeichnet hätte, und es war verdammt wahrscheinlich, dass wir hier den Tod finden würden. Ich verspürte eine sonderbare Ruhe und bemerkenswerten Fatalismus. Wenn dieser Mönch jetzt aufsprang und uns alle umbrachte, dann würde mich das überhaupt nicht überraschen – und ich musste erstaunt feststellen, dass es mich auch nicht sonderlich stören würde.
Milton traf ein und salutierte ironisch. »Dann legen Sie los, Mr Kieth«, sagte ich.
Kieth sprang auf, tupfte sich mit dem gleichen schmutzigen Lumpen den Schweiß von der Stirn. »Also gut. Ty wird natürlich sämtliche Geschehnisse aufzeichnen. Nur für den Notfall.
Ich werde den Verhaltens-Chip deaktivieren, Mr Gatz wird sicherstellen, dass der Mönch unter seinem … öhm, Einfluss … steht, und dann können Sie dem Mönch Fragen stellen.«
Ich nickte und sprach die ganze Gruppe an. »Was wir am dringendsten von Bruder West benötigen, sind Informationen über die Sicherheitsvorkehrungen in der Zentrale der Kirche. Alles andere wäre bloß noch ›nett‹.
Okay? Also: alle halten die Klappe, bis ich mit dem Ding fertig bin.«
»Jau«, merkte Tanner gedehnt an. »Sonst wird Mr Gates euch nämlich erschießen.«
Allmählich begann ich die beiden Schwestern richtig zu mögen. Zugleich erinnerte mich der Einwurf daran, dass ich dringend eine Waffe brauchte, und zwar rasch. Ich kam mir schutzlos und fast ein wenig verwirrt vor, weil ich überhaupt nichts hatte, womit ich mich verteidigen könnte. »Kieth? Gatz?«
Beide nickten. Kieth erteilte seinen Gerätschaften mit einigen sorgfältigen Handbewegungen Anweisungen,
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