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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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wäre ich jetzt vielleichtaufgesprungen, um ihm ein bisschen die Nase zu verdrehen, aber dafür war ich einfach zu müde. Also ließ ich es ihm durchgehen. »Wenn man genügend Yen hat, kann man ’ne ganze Menge kaufen, Junge. Und dank deines Bosses habe ich Yen bis zum Abwinken.«
    »Colonel Hense?«
    Ich öffnete mein unverletztes Auge und blickte den Techie an. Aber er hatte die Frage ganz ernst gemeint, und jetzt schaute er nicht einmal zu mir herüber. Seine Klavierspielerfinger wiegten sich sanft hin und her, fast wie Seegras in der Dünung. »Nein«, sagte ich, schloss das Auge wieder und ließ mich erneut in die sanften roten Schmerzen hineinsinken, aus denen mein ganzer Körper bestand. »Director Marin. Wir sind alte Freunde.«
    Ein Geräusch aus dem Cockpit brachte mich dazu, erneut das Auge zu öffnen, und dann hatte Hense die Kabine betreten: ein winziger schwarzer Wind, der die Welt rings um uns gefrieren ließ. Obwohl der Schweber bebte und vibrierte, bewegte sich die Frau voller Anmut, und ich bewunderte sie, als sie den Sitz ansteuerte, der dem meinen gegenüberstand. Sie ließ sich dort hineinsinken und schnallte sich dann mit einer einzigen fließenden Bewegung an. Ich behielt die Frau im Auge, während sie in die Innentasche ihres Mantels griff und das kleine Fläschchen herauszog. Mir gefielen ihre durchtrainierte Figur und ihre zarte, perfekte Haut. Sie sah aus, als habe ihr seit Jahren niemand mehr eine Abreibung verpasst. Manche der System-Bullen entwickelten geradezu übernatürliche Kräfte, wenn sie richtig loslegten.
    Sie goss einen Schluck in den zusammenfaltbaren Becher und reichte ihn mir. »Mr Marko?«
    Er nickte, ohne zu ihr aufzublicken. »Ich habe das Signal und kann es bis zu seinem Ursprung zurückverfolgen. Es pingt die Nanos in Mr Gates’ Körper ungefähr fünfmal pro Sekunde an. Ich habe noch nicht herausgefunden, was für eine Information dorthin zurückübermittelt wird, aber den Namen ›Kieth‹ sehe ich sehr deutlich. Ich kann uns bis zur Quelle dieses Funkfeuer-Signals bringen.«
    Ich starrte die bösartige Flüssigkeit in dem kleinen Becher an und dachte, dass es gewiss den einen oder anderen Schnaps gäbe, der mich bei meiner derzeitig so angeschlagenen Gesundheit sofort umbringen würde. Und ich war auch nicht mehr der Jüngste. Ich war schon fast dreiunddreißig. Ich war uralt.
    »Mr Gates«, sagte Hense, und ihre Stimme klang so neutral und so beherrscht wie immer. »Ich möchte Sie warnen: Ich ziehe ernstlich in Erwägung, Captain Happling aufzufordern, hierherzukommen und Sie so zu verschnüren, dass wir Sie wie ein Gepäckstück durch die Gegend transportieren können. Auf diese Weise könnten wir verhindern, dass Sie noch einmal in einer Art und Weise handeln, die unseren Interessen zuwiderläuft – so wie vorhin in dem Frachthangar. Mir ist der Gedanke gekommen, dass Ihre kleinen Bazillen uns genauso gut frisch und munter halten, wenn Sie gefesselt und geknebelt sind. Kurz gesagt, Mr Gates: Ich denke, wir sollten unsere Abmachungen erneut aushandeln.«
    Ich blickte immer noch in den kleinen Becher, und mein Magen verkrampfte sich schon bei der Vorstellung, das Zeug zu trinken. Doch ich stand hier ja auf der Bühne, im Licht der Scheinwerfer für Colonel Hense, und ich wusste, dass ich jetzt mit meiner Show anfangen musste. Noch einmal drehte sich mein Magen um, dann setzte ich den kleinen Becher an die Lippen, kippte mir den brennend scharfen Gin in den Hals und zwang meine Kehle, die sich nun ebenfalls Zusammenkrampfte, mit reiner Willenskraft dazu, das Zeug hinunterzuwürgen. Verständlicherweise protestierte mein ganzer Körper dagegen. Ich achtete jedoch sorgsam darauf, keine Miene zu verziehen und entspannt zu lächeln. Dann streckte ich dem Colonel den Becher entgegen, damit sie nachschenken konnte – ich spielte hier den kaltblütigen Kerl, für den mich alle anderen hielten. Es war immer besser, die ›schlimmste Gestalt‹ in einem Raum zu sein. Wirklich immer.
    Einen Moment lang blickte mich der Colonel nachdenklich an, dann beugte sie sich vor und schenkte mir tatsächlich noch einmal nach.
    »Sie sehen nicht dumm aus, Colonel. Deswegen gehe ich davon aus, dass der gute Captain Ihnen einen richtig schlechten Rat erteilt hat«, sagte ich. Hastig griff ich nach dem Becher, sobald sie fertig war. Auf gar keinen Fall wollte ich mir anmerken lassen, wie sehr meine Hand zitterte. »Klar, Sie können Kieth Finden. Aber in Wirklichkeit steckt niemals

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