Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer am Meer

Sommer am Meer

Titel: Sommer am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
hatte?“
    „Ja. Das machte es ja so schwierig. Ich habe sie besucht, so oft ich konnte, aber am Ende mußten wir sie nach Schottland holen, und schließlich kam sie in Relkirk in ein Pflegeheim, und dort ist sie gestorben.“
    „Das muß schlimm gewesen sein.“
    „Ja. Und sie war noch so jung. Es ist seltsam, wenn die Mutter stirbt. Erst dann wird man wirklich erwachsen.“ Sie berichtigte: „Ich nehme zumindest an, daß manche Leute es so empfinden. Du warst lange vorher erwachsen.“
    „Das weiß ich nicht“, sagte Eustace, „aber ich weiß, was du meinst.“
    „Nun, es ist Jahre her. Laß uns nicht über unerfreuliche Dinge reden. Erzähl mir von dir und Mrs. Thomas. Weißt du, was Alice Lingard gesagt hat? Du hättest entweder eine zum Heimchen gezähmte Geliebte oder eine verführerische Haushälterin. Ich kann es nicht erwarten, sie kennenzulernen.“
    „Du wirst aber warten müssen. Sie ist in Penzance, ihre Schwester besuchen.“
    „Wohnt sie in Penfolda?“
    „Sie hat das Cottage hinter dem Haus. Früher waren das mal drei Cottages, bevor mein Großvater den Hof gekauft hat. Drei Familien haben hier gewohnt und ein paar Morgen beackert. Vermutlich hatten sie ein halbes Dutzend Milchkühe und haben ihre Söhne in die Zinngrube geschickt, um sich über Wasser zu halten.“
    „Vorgestern“, sagte Virginia, „bin ich nach Lanyon gefahren und habe auf dem Hügel gesessen, und draußen waren Mähdrescher und Männer beim Heumachen. Ich dachte, einer von ihnen könntest du gewesen sein.“
    „Könnte sein.“
    Sie sagte: „Ich dachte, du wärst verheiratet.“
    „Bin ich nicht.“
    „Ich weiß. Alice Lingard hat es mir gesagt.“
    Eustace nahm Messer und Gabeln aus einer Schublade und begann den Tisch zu decken, aber Virginia hielt ihn zurück. „Es ist zu schön, um drinnen zu sitzen. Können wir die Pastete nicht im Garten essen?“
    Eustace machte ein erstauntes Gesicht, sagte aber: „In Ordnung“, gab ihr einen Korb für Besteck und Teller, Salz und Pfeffer und Gläser, nahm die glühendheißen Pasteten vorsichtig aus dem Ofen und legte sie auf eine große geblümte Porzellanplatte. Dann gingen sie hinaus in die Sonne, in den verwilderten kleinen Bauerngarten. Das Gras mußte gemäht werden, die Blumenbeete prunkten mit fröhlichen Blümchen, und auf einer Wäscheleine flatterten strahlendweiße Laken und Kissenbezüge.
    Eustace hatte keine Gartenmöbel; sie setzten sich ins hohe Gras, wo Margeriten und Wegerich wuchsen, und breiteten ihr Picknickgeschirr um sich aus.
    Die Pasteten waren umwerfend, und in derselben Zeit, in der Virginia ihre erst halb gegessen hatte und mit dem Rest kämpfte, hatte Eustace, auf einen Ellbogen gestützt, seine ganz und gar vertilgt.
    Sie sagte: „Ich kann nicht mehr“ und gab ihm den Rest von ihrer, den er gelassen verdrückte. Er sagte, den Mund voll Pastete und Kartoffeln: „Wenn ich nicht so hungrig wäre, würde ich dich zwingen aufzuessen, damit du ein bißchen dicker wirst.“
    „Ich möchte nicht dick sein.“
    „Aber du bist viel zu dünn. Du warst ja immer sehr zierlich, aber jetzt siehst du aus, als könnte dich ein Windhauch umwehen. Und du hast die Haare abgeschnitten. Früher waren sie lang, bis auf den Rücken, und flogen im Wind.“ Er umschloß ihr Handgelenk mit Daumen und Zeigefinger. „An dir ist nichts dran.“
    „Das kommt vielleicht von der Grippe.“
    „Ich dachte, du müßtest ungeheuer auseinandergegangen sein, nachdem du jahrelang Porridge und Heringe und Haggis gegessen hast.“
    „Du meinst, das essen die Leute in Schottland?“
    „So wurde es mir erzählt.“ Er ließ ihre Hand los und aß ruhig die Pastete auf, dann stellte er das Geschirr zusammen und trug alles im Korb ins Haus. Virginia machte Anstalten zu helfen, doch er sagte, sie solle bleiben, wo sie sei, und sie legte sich ins Gras und sah auf das graue Scheunendach, auf die Möwen, die dort hockten, und auf die flüchtigen Gebilde aus kleinen, weißen Schönwetterwolken, die von der See her über den unglaublich blauen Himmel gejagt wurden.
    Eustace kam mit Zigaretten, grünen Äpfeln und einer Thermoskanne Tee zurück. Virginia blieb liegen, er warf ihr einen Apfel zu, setzte sich wieder neben sie und schraubte den Deckel der Thermoskanne auf.
    „Erzähl mir von Schottland.“
    Virginia drehte den kühlen, glatten Apfel zwischen ihren Händen. „Was soll ich dir erzählen?“
    „Was hat dein Mann gemacht?“
    „Wie meinst du das?“
    „Hatte er keinen

Weitere Kostenlose Bücher