Sommer der Entscheidung
nachdem die Vögel flügge waren, aber scheinbar gab es keine brütenden Vögel entlang dieses Weges.
„Die meisten Brutkästen verkommen“, stellte Tessa fest. „Wir sollten Gram neue kaufen. Ich habe keine Ahnung, wie alt diese hier sind.“
„Tessa, ich will dich nicht festnageln, aber was ist mit deiner Mutter los?“
„Was mit ihr los ist?“
„Wen trifft sie heute Morgen wirklich?“
Einen Moment lang verstand Tessa nicht, was ihr Vater meinte. Dann musste sie sich ein Lächeln verkneifen. „Du glaubst, sie trifft sich mit einem anderen Mann?“
„Wo sollte sie sonst sein? Nie ist sie da, wenn ich komme.“
„Sie ist die ganze Zeit da, Dad, nur nicht, wenn du kommst.“ Sie ließ die letzte Bemerkung wirken. „Heute Morgen hatte sie sich mit einigen Frauen aus Grams Kirchengemeinde zum Frühstück verabredet. Nächstes Wochenende stellen sie eine Reihe von Grams Quilts im Gemeindehaus aus. Sie sind schon seit Wochen dabei, diese Ausstellung zuplanen. Gram weiß davon noch nichts, und es hat auch noch niemand darüber gesprochen, als du zu Besuch warst, weil es eine Überraschung für Gram werden soll.“
„Ihr plant eine Quilt-Ausstellung von eurer Großmutter, und niemand erzählt es mir?“ Zum ersten Mal waren ihm seine Gefühle ins Gesicht geschrieben.
„Sieh mal, bis heute Morgen wusste ich nicht, dass du es nicht wusstest. Ich habe angenommen, dass Mom es dir schon erzählt hat. Aber als ich sie heute danach gefragt habe, sagte sie, sie gehe davon aus, dass du nicht an der Ausstellung interessiert seiest. Sie sagte, sie wolle dich diese Woche anrufen und dir gegebenenfalls etwas auf den Anrufbeantworter sprechen.“
„Das ist aber verdammt nett von ihr. Ich bekomme eine telefonische Ansage von meiner Frau – extra für mich.“
Tessa zog eine Augenbraue in die Höhe. „Du warst nicht wirklich für sie da. Du bist hergekommen, um mich zu sehen, nicht sie. Mom ist sicherlich nicht dumm. Sie erkennt mangelndes Interesse genauso wie du und ich.“
„Ich hatte viel zu tun. Ich bin Finanzberater. Die Wirtschaft …“
„Oh, wen schert die Wirtschaft! Sieh mal, Mom hat sich in diesem Sommer sehr verändert. Es scheint für sie nicht mehr so wichtig zu sein, was andere Leute über sie denken. Die Zeit, die sie hier verbracht hat, hat sie verändert. Sie sieht viele Dinge anders als zuvor. Und ich nehme an, dass sie das Gefühl hat, sie muss nicht mehr auf dich warten, um von dir Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie braucht das nicht mehr.“
„Sie braucht mich nicht mehr, meinst du wohl.“
Tessa hielt ihre Hände über den Kopf. Sie hatte schon zu viel gesagt. „Ach, schau mal an, wie komme ich denn plötzlich zu dieser Ehre? Bin ich jetzt diejenige, die in die Krise ihrer Eltern hineingezogen wird? Ich halte mich da raus. Ichwerde kein einziges Wort mehr darüber mit dir oder mit ihr reden. Eure Ehe ist eure Ehe. Ich habe es schon schwer genug, mit meiner eigenen fertig zu werden. Es liegt an euch, das hier zu klären oder euch darüber zu streiten. Ich habe dabei nichts zu suchen. Wenn du mit ihr sprechen willst, versuch es in der Kirche. Ich glaube, sie hatte vor, mit den anderen dorthin zu fahren, nachdem sie frühstücken gegangen sind.“
Billy sah sie nur an, seine Gefühle hatte er wohl wieder sorgsam im Griff, jedenfalls schien es von außen so.
„Dad, jetzt ist nicht der rechte Zeitpunkt, die Läden dichtzumachen.“
„Du hast recht, Tessa. Ich hätte dich da nicht mit hineinziehen dürfen.“
Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Soll ich dir den Weg aufzeichnen? Die Kirche ist nicht so weit entfernt.“
Billy überlegte. Er sah hin und her gerissen aus, sofern ein gut erzogener Gentleman aus dem Süden sich dieses Gefühl jemals erlauben konnte.
„Und was erwartet mich dann?“, fragte er schließlich.
„Ich weiß es auch nicht. Aber du musst hinfahren und selbst nachschauen.“
Er nickte kurz, bevor sie ihren Weg zu der Baumgruppe am Fluss fortsetzten.
Nancy freute sich darüber, wie weit sie mit den Frauen aus der Kirchengemeinde gekommen war. Am Freitag wollte sie sich mit ihnen ein letztes Mal treffen, um die noch fehlenden Vorbereitungen für die Ausstellung zu organisieren. Es sollten dreißig Quilts aufgehängt werden, davon waren acht Decken, die Helen an Mitglieder der Gemeinde in den letzten Jahren verschenkt hatte. Jede dieser Familien hatte versprochen, die Geschichte ihres Quilts aufzuschreiben, wases ihnen bedeutete, als Helen ihn ihr
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