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Sommer der Entscheidung

Sommer der Entscheidung

Titel: Sommer der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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Ausbildung das Recht auf einundzwanzig Tage Urlaub hatte. Der nationale Notstand wurde ausgerufen, und er wurde umgehend eingeschifft.“
    „Das heißt, dass deine Mutter nicht bei deiner Hochzeit dabei war?“, fragte Nancy. Helen spürte, dass ihre Tochter ihre Hand streichelte. Ihre Wärme machte es ihr leichter, weiterzuerzählen. „Lass mich erzählen.“
    Eines Morgens schließlich schaffte Delilah es nicht mehr, aufzustehen. Als Helen ihr das Frühstück brachte, stocherte sie nur darin herum, sie war zu schwach, um zu essen.
    Unten traf Helen Tom, der sich gerade die Schuhe zuband, um auf ihre größte Obstplantage zu gehen. Dort musste er die Apfelbäume beschneiden. Der Winter war sehr stürmisch gewesen, und heftige Schneestürme hatten viele Äste von den Bäumen gebrochen oder abgeknickt. Er musste die Äste sägen und zerkleinern. Tom würde dort fast eine Woche zu tun haben.
    „Mama geht es schlechter“, erzählte Helen ihm.
    Cuddy hatte schon vor einer Stunde das Haus verlassen, und Obed und Dorothy waren in dieser Woche bei Dorothys Eltern. Einen Monat zuvor hatten die beiden geheiratet und verbrachten nun ein paar Tage in einer alten Hütte, um ungestört zu sein. Jetzt waren Tom und Helen die Hausherren.
    „Soll ich den Doktor holen?“, fragte er.
    Der Dorfarzt hatte ihnen schon geraten, sich auf das Schlimmste gefasst zu machen. Er würde ihnen auch noch einmal eine Visite abstatten, aber Helen wusste, dass es keinen Zweck mehr hatte. Nicht, wenn er Delilah nicht mit einem neuen Herzen ausstatten könnte.
    Sie schüttelte den Kopf, als sie sagte: „Aber vielleicht könntest du zum Abendessen zurückkommen? Ich wollte dir etwas einpacken, damit du nicht wieder herzukommen brauchst, aber ich hätte es lieber, wenn ich weiß, dass noch jemand da ist.“
    Er lächelte kurz. „Natürlich komme ich zurück“, versicherte er ihr. „Du läutest die Glocke um zwölf Uhr mittags, dann komme ich wieder herunter. Oder du läutest, wenn ich schon früher kommen soll.“
    Als Cuddy letzten Herbst die alte Schulglocke mitbrachteund sie in der Nähe des Hauses aufstellte, schien es ein wenig albern. Aber jetzt verstand Helen, warum er sie dort aufgehängt hatte. Schon damals hatte ihr Vater gewusst, dass sie bald eine Möglichkeit brauchen würden, um einander zum Haus zu rufen.
    Sie machte sich an die Arbeit. Dann erinnerte Helen sich an einen Brief, den sie den Abend zuvor bekommen hatte.
    Fate schrieb ihr regelmäßig. Sie wusste, dass er viel Zeit darauf verwandte, ihr zu schreiben. Nie machte er einen Rechtschreibfehler, nie strich er Wörter durch oder schrieb über den Rand. Sie stellte sich vor, wie er dasaß und den Brief immer wieder abschrieb, bis er damit zufrieden war. Seitdem er nach Chillicote für die Ausbildung gefahren war, hatte er ihr einmal in der Woche geschrieben. Dann erzählte er von den anderen Rekruten im Lager, wie kalt es in Ohio war und wie sehr er sie vermisste. Cuddy hatte alle Briefe aus der Stadt geholt und lieferte sie pflichtbewusst bei seiner Tochter ab. Bisher hatte sie jeden einzelnen Brief behalten.
    Von dem letzten, den sie gestern Abend bekommen hatte, war sie bitter enttäuscht. Fates dreiwöchiger Urlaub, den er sich nach drei Monaten schrecklicher Ausbildung verdient hatte, war gestrichen worden. Er sollte direkt im Anschluss nach Long Beach in Kalifornien auf das Kriegsschiff Oklahoma versetzt werden und dort seine Ausbildung als Matrose fortsetzen.
    Das bedeutete, dass ihre Hochzeit auf unbestimmte Zeit verschoben würde.
    Helen hatte gewusst, dass sie in der ersten Zeit ihrer Ehe getrennt leben würden. Fate musste zunächst seine Karriere bei der Navy beginnen, bevor sie zusammenleben konnten. Sie hatte dafür Verständnis, und auf der anderen Seite hatte sie hier ja auch Verpflichtungen, denen sie nachkommen musste. Aber sie hatte sich immer vorgestellt, dass Delilah dabei seinwürde, wenn der Pastor ihr und Fate seinen Segen gab. Helen war sich ebenso sicher, dass auch Delilah dabei sein wollte. Aber da nun Delilahs gesundheitlicher Zustand von Tag zu Tag schlechter wurde, schien es, als solle ihr Wunsch nicht in Erfüllung gehen.
    Am Abend wartete Cuddy, bis alle mit dem Essen fertig waren, bevor er sich an Helen wandte. „Heute Morgen hat mich sehr früh jemand im Laden angerufen, Lenny Lou.“
    Damals gab es noch keine Telefone auf der Fitch Crossing Road. Und auch wenn es sie gegeben hätte, hätten die Stoneburners ohne eigenen Anschluss auskommen

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