Sommer der Liebe
mir viel geholfen, während sie hier war. Und wir haben eine wirklich nette Frau kennengelernt. Fiona Matcham. Kennst du sie? Sie lebt in dem großen Haus am Ende der Straße.«
»Ja, sie ist wirklich fabelhaft. Ich war zusammen mit ihren Söhnen im Internat, doch ich habe sie schon eine Weile nicht mehr gesehen. Es überrascht mich nicht, dass sie dich unter ihre Fittiche genommen hat. So ist sie einfach.« Er zögerte. »Und wie geht’s Rory? Freut er sich auf morgen?«
»Ja. Er hofft, dass es in der Spielgruppe männliche Betreuer gibt.« Im selben Moment wünschte sie sich, sie hätte das nicht gesagt. Richard fand, dass Rory ein männliches Vorbild brauchte und dass er das sein sollte. Sian stimmte ihm da in gewisser Weise zu, aber sie war nicht sicher, ob sie Richard heiraten sollte, nur damit er dieses männliche Vorbild für Rory sein konnte. Sie seufzte und erzählte fröhlich: »Er hat ein kleines Mädchen namens Annabelle getroffen, die auch in die Spielgruppe geht. Und er freut sich darauf, Emily wiederzusehen. Hat sie viele junge Helfer, weißt du das?«
Sie redeten noch weiter über Emilys Projekt und beschlossen dann, dass Richard am nächsten Abend zum Essen kommen sollte. Er würde am Nachmittag aus London herkommen, um kurz zu Hause zu sein, bevor er wieder auf Geschäftsreise gehen musste. Als Sian ins Bett ging, dachte sie an ihn. Er brachte vielleicht kein Feuer in ihr Leben, aber er war nett und fürsorglich, und ein solcher Mann hatte sehr viel für sich. Sian hatte das natürlich nicht immer so gesehen. Einmal war sie ihrem Herzen gefolgt – und ihren Hormonen – und hatte eine kurze, leidenschaftliche Affäre gehabt, aus der Rory hervorgegangen war. Aber jetzt, fast sechs Jahre später, hatte sie das Gefühl, erwachsener zu sein. Sie sehnte sich nicht länger nach Herzklopfen und Leidenschaft, sondern nach Ruhe und Sicherheit. Ihr Kopf war definitiv sicher, dass es das war, was sie brauchte und wollte, sie wünschte nur, sie hätte ihr störrisches Herz auch davon überzeugen können. Aber sie musste praktisch denken. Es war nicht gut, sich für eine der Heldinnen der Liebesromane zu halten, die sie als Teenager verschlungen hatte. Das echte Leben war nicht so, und da sie Rorys Vater niemals wiedersehen würde, musste sie ihn einfach vergessen. Und die Liebe, die man für einen Freund empfand, konnte doch zu einer tiefen Liebe werden, oder nicht? In vielen Artikeln stand, dass Beziehungen, die auf Freundschaft basierten, am längsten hielten. Darüber hinaus hatten arrangierte Ehen angeblich länger Bestand als die, die »aus Liebe« geschlossen worden waren. Rory und sie würden gewiss ein sehr zufriedenes, sicheres Leben führen, wenn sie sich für Richard entschied, so wie er es wollte.
Deshalb brachte Sian nun die nagende kleine Stimme in ihrem Herzen zum Schweigen, die sagte: »Zufriedenheit – ist das wirklich das, was du willst?« Seufzend drehte sie sich um und schlief ein.
Am nächsten Morgen gelang es Sian, Rory dazu zu überreden, ein paar Toaststreifen mit Marmite und Ei zu essen. Er konnte schließlich nicht mit leerem Magen zu der Spielgruppe gehen. Sie selbst trank nur ein paar Schlucke Tee; mehr brachte sie nicht herunter. Offenbar war sie viel nervöser als ihr Sohn.
Als sie die Straße hinuntergingen, redete Rory, der seinen kleinen Rucksack auf dem Rücken trug, aufgeregt und schwang ihren Arm munter hin und her. Sian fand, dass das ein sehr gutes Zeichen war. Er mochte Emily, die geholfen hatte, ihn zu unterrichten, als Sian ihn aus der Vorschule genommen hatte. Dennoch hatte sie nun Bedenken: Als er das letzte Mal in einer Gruppe von Kindern war, hatte er es gehasst. Das war jedoch in einem großen, hässlichen Gebäude in London gewesen, erinnerte Sian sich selbst. Gut, dass er Annabelle schon kannte! Bei diesem Gedanken wurde Sian schuldbewusst klar, wie sehr Rory die Gesellschaft von Kindern in seinem Alter vermisst haben musste.
Sie waren schon tags zuvor an dem Gebäude, in dem die Spielgruppe stattfinden würde, vorbeigegangen, deshalb hatte Rory bereits eine Vorstellung davon. Obwohl das Haus selbst ein bisschen zweckmäßig aussah, lag es wunderschön, weit weg von der Hauptstraße, und bot den Kindern viel Platz zum Toben und Spielen.
Zu Rorys Überraschung gab es einen jungen Mann, der die älteren Kinder betreute. Rory freute sich auch, Emily zu sehen, und nach der Begrüßung und einem kurzen Blick zurück zu seiner Mutter lief er zu den anderen
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