Sommer der Liebe
Außerdem würde sie sich mit dieser Lösung nicht wirklich wohlfühlen.
Plötzlich erinnerte Sian sich daran, dass Richard mal erwähnt hatte, wie gern er noch einmal den Karamellkuchen essen würde, den es in seiner Schule immer gegeben hatte. Sian hatte zwar kein Rezept dafür, aber ein kurzer Blick in die Speisekammer überzeugte sie davon, dass sie alle Zutaten im Haus hatte und ihr ohne große Schwierigkeiten einer gelingen würde. Und Rory würde die Reste morgen sicher gern verputzen.
»Hallo Richard!« Sian ließ sich von ihm fest umarmen. Sie mochte seine Umarmungen. Sie waren so stark und verlässlich wie er selbst. Sie drückte ihn genauso fest an sich.
»Sian, mein Mädchen«, sagte er. »Du siehst so toll aus wie immer. Niemand würde glauben, dass du gerade erst einen anstrengenden Umzug hinter dir hast.« Er reichte ihr die Flasche Wein, die er mitgebracht hatte.
»Das Haus sieht aus, als wäre ich erst vor ein paar Stunden eingezogen. Ich habe immer noch nicht alles ausgepackt. Komm doch rein! Möchtest du mir in der Küche dabei zusehen, wie ich den Salat anrichte, oder willst du dich schon mal ins Wohnzimmer setzen?«
»Du kennst die Antwort«, sagte er und sah sie mit einem warmen Ausdruck in den Augen an, bei dem sie ein schlechtes Gewissen bekam.
»Ich laufe nur schnell nach oben und bringe Rory ins Bett.«
»Das kann ich doch erledigen. Ich würde gern wissen, wie der kleine Kerl mit meiner Schwester zurechtgekommen ist.«
»Heute war sein erster Tag in der Spielgruppe, aber es hat ihm gut gefallen! Es gibt einen ›Jungen‹ als Betreuer, das gefällt ihm natürlich. Geh ruhig zu ihm!«
Richard kam etwas später wieder runter. »Obwohl ich offensichtlich ein Junge bin, will er, dass du noch mal nach ihm siehst. Ich habe ihm eine Geschichte vorgelesen, doch ich glaube, ich habe die Stimmen nicht ganz richtig nachgemacht.«
Noch mehr Schuldgefühle bestürmten Sian. Richard war so nett! Warum wollte sich Rory dann nicht von ihm ins Bett bringen lassen? Sian schenkte Richard ein Glas Wein ein und lief dann die Treppe hinauf.
Als sie wieder hinunterkam, hatte Richard den Salat angerichtet, die Küche aufgeräumt und den Tisch gedeckt.
»Du bist so ein Schatz!«, bemerkte sie und lächelte ihn über den Rand ihres Weinglases hinweg an.
»Bedeutet das, du hast deine Meinung geändert und heiratest mich?« Er lächelte. »Jetzt sieh mich nicht so erschrocken an! Ich kenne deine Antwort. Ich hoffe nur, dass du eines Tages anders darüber denkst.«
Sian stieß mit ihm an. Das hoffte sie selbst, sprach es aber nicht laut aus.
4
Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance , hatte Luella am Morgen in ihrer E-Mail geschrieben.
Fiona, die eine mit Sorgfalt ausgewählte weite Leinenhose, eine längere Jacke in einer dunklen Farbe (um den problematischen Oberschenkelbereich abzudecken) und viel Schmuck trug, fühlte sich zwar nicht umwerfend, war aber mit sich zufrieden.
Sian, die die Nervosität ihrer neuen Freundin verstehen konnte und nach einem panischen Anruf zu ihr gekommen war, um ihr bei der Wahl der Garderobe zu helfen, hatte irgendwann gesagt: »Ich glaube, ich bin neidisch! Das ist alles so aufregend!«
»Zu aufregend«, hatte Fiona trocken entgegnet, doch als sie gefahren war, war ihr klar geworden, dass sie das Gefühl im Grunde genoss. Ihr Leben war in Ordnung, aber in letzter Zeit hatte sie hin und wieder das Gefühl, dass ein Teil von ihr verkümmerte. Fiona erinnerte sich noch gut an die Zeit, als sie so wie Sian war, doch sosehr sie dieses Leben auch genossen hatte, es war dennoch gut, von der Verantwortung befreit zu sein, selbst wenn sie sich um ihre »Jungs« immer noch sorgte. Vielleicht wurde es Zeit, ein bisschen über die Stränge zu schlagen. Fiona fand eine Lücke auf dem größten Parkplatz der Stadt und überprüfte noch mal die Adresse des Buchladens, die sie sich notiert hatte. Wenn sie auf dem Weg zu ihrem Treffen auf der Antiquitätenmesse noch etwas erledigte, dann hatte sie wegen des Internet-Datings nicht mehr so ein schlechtes Gewissen. Obwohl es keinen einzigen Grund gab, warum sie sich nicht mit einem Mann treffen sollte, den sie auf einer Internet-Partnervermittlungsseite kennengelernt hatte, kam es ihr doch irgendwie falsch vor. Jetzt nahm Fiona die Kiste mit den Büchern, die sie am Vorabend aussortiert hatte, und machte sich auf den Weg zu dem Buchladen.
Das Schild des Geschäfts fiel ihr sofort ins Auge, als sie in die
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