Sommer der Liebe
Party –, ich weiß nicht mehr, ob du das schon wusstest.« Sie zögerte.
»Unwichtig. Sprich weiter.« Fiona wollte sich nicht ablenken lassen.
»Ich ging in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen. Gus war dort – Stört es dich, wenn ich ihn so nenne?«
»Überhaupt nicht. Erzähl weiter!«
Sian schien fast erleichtert zu sein, mit jemandem über jenen Abend reden zu können, selbst wenn dieser Jemand Gus’ Mutter war. Vielleicht hatte sie versucht, alles zu vergessen, was ihr vielleicht genauso wehgetan hatte wie die Erinnerung.
»Ehrlich, Fiona, wir waren wie Magneten. Wir flogen förmlich aufeinander zu. Er gab mir ein Wasser, und das war’s. Wir redeten stundenlang. Dann fragte er mich, ob ich noch mit zu ihm kommen wollte. Und ich bin mitgegangen – obwohl ich wusste, was passieren würde.«
»Ich verstehe das.« Fiona spürte so etwas wie Neid in sich aufsteigen. Eine solche Verbindung hatte etwas Magisches. Sie konnte weder Sian noch Angus einen Vorwurf machen; die beiden waren einfach ihrem Instinkt gefolgt.
»Um ehrlich zu sein, wäre ich sogar mitgegangen, wenn ich gewusst hätte, dass ich schwanger werden würde.« Sian errötete, als hätte sie sich gerade erst daran erinnert, dass sie mit der Mutter ihres ehemaligen Geliebten sprach.
»Das kann ich gut nachvollziehen. Du würdest nicht auf Rory verzichten wollen.«
»Jetzt nicht mehr, aber als ich die Schwangerschaft bemerkte, bekam ich zuerst Panik. Ich konnte das Wort ›schwanger‹ gar nicht aussprechen.«
Fiona trank von ihrem Wein, während die Anspannung, die sie empfunden hatte, langsam abebbte. Dieses Gespräch war nicht so schwierig, wie sie befürchtet hatte. Sian war sehr ehrlich ihr gegenüber und sehr mutig. »Und was hast du deinen Eltern erzählt, wenn du das Wort nicht aussprechen konntest?«
Sian verzog das Gesicht. »Ich sagte, ich hätte einen Test gemacht, und er sei positiv.«
»Und wie haben sie reagiert?«
»Meine Mum nahm mich in die Arme und tat so, als freute sie sich, aber ich wusste, dass sie sich Sorgen machte.«
»Und dein Vater?«
»Ich hatte Angst, es ihm zu sagen. Er sollte nicht erfahren, dass ich mit Männern schlief – was ich ja auch nicht tat, nicht oft jedenfalls. Es waren nicht viele. Und beim eigenen Vater fühlt man sich … Du weißt schon, ich war doch sein kleines Mädchen, keine erwachsene Frau.«
»Aber du hast es ihm erzählt? Oder hat deine Mutter dir das abgenommen?«
»Ich sagte es ihm. Er nahm es gut auf – zumindest wirkte es so. Natürlich machte er sich Sorgen, doch er schimpfte nicht mit mir.«
»Das hätte ja auch nichts genützt.«
»Meine Eltern haben mich immer unterstützt. Dad versteht sich großartig mit Rory.«
»Das tut Angus auch!« Fiona hatte das Gefühl, ihren Sohn verteidigen zu müssen. Sie war nicht sicher, warum.
»Das stimmt. Und das, obwohl er nicht weiß, wer Rory ist.«
»Aber er wird es erfahren müssen, Sian. Mir ist klar, dass es für dich nicht leicht ist, doch du musst es ihm sagen«, erklärte Fiona entschlossen. Sie füllte die Gläser noch einmal auf und wartete auf Sians Reaktion.
»Muss er das?« Ihre Stimme klang flehend. »Ich meine, ich habe Rory ganz allein aufgezogen – mit der Hilfe meiner Eltern und vieler anderer Leute. Ich möchte nicht, dass sich jetzt jemand einmischt und …«
»Angus muss sich nicht einmischen, aber er hat ein Recht, es zu erfahren. Rory ist sein Fleisch und Blut. Außerdem hätte Rory doch gern einen Vater, oder nicht? Alle Jungen brauchen ein männliches Vorbild.«
»Dafür hat er Richard und meinen Dad«, erklärte Sian.
»Das ist nicht das Gleiche.«
Sian trank nachdenklich von ihrem Wein.
»Du wirst es Angus bald sagen müssen«, beharrte Fiona. »Er verdient die Wahrheit. Außerdem hat er Augen im Kopf. Ihm fällt die Ähnlichkeit vielleicht genauso auf wie mir. Wie dir.«
»Unwahrscheinlich«, widersprach Sian schnell, als wollte sie sich selbst damit überzeugen. »Wir haben es nur bemerkt, weil die beiden nebeneinandersaßen. Er wird sich und Rory so nicht sehen.«
Fiona beharrte auf ihrem Standpunkt. »Es gibt Spiegel, alte Fotos. Du kannst dich nicht darauf verlassen, dass Angus seine eigenen Gesichtszüge und seine Verhaltensweisen nicht erkennt. Wenn ich jetzt zurückdenke, dann frage ich mich, ob ich Rory vielleicht so schnell – eigentlich sofort – mochte, weil er etwas Vertrautes an sich hat.«
Sian schüttelte den Kopf und biss sich auf die Lippen. »Ich schätze, das ist
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