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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Daysinger und Dale waren als erste gekippt und zehn Meter bröckelnden Hang hinuntergerollt. Kevin rappelte sich als erster auf und rannte zur Munition am Hang, aber McKown bombardierte ihn mit Klumpen, bis Mike den kleineren Jungen von hinten packte und die beiden an der Reihe waren, den Hügel hinunterzupurzeln und eine Staubwolke aufzuwirbeln.
    Fünfzehn Minuten lang hieß es König der Berge, wobei die Verteidiger des höher gelegenen Geländes den Berg hinabgezwungen wurden und sich dann bemühten, ihn zurückzuerobern, normalerweise im Hagel von Dreckklumpen.
    Nachdem sie hinabgerungen worden waren, wichen Daysinger und McKown zum Rand des Steinbruchsees zurück und warfen aus sicherer Entfernung, aber das König-der-Berge-Fieber führte dazu, daß unter Mikes Truppe eine Meuterei ausbrach, wodurch es bald jeder gegen jeden hieß.
    Dale bekam einen Klumpen in den Solarplexus, worauf er drei Minuten am Boden saß und nach Luft rang, das Treiben ringsum aber ohne Rücksicht auf Verluste weiterging. Dann stürzte Mike, als er den Hügel hinunterpurzelte, über einen halbvergrabenen Stein und holte sich eine Schnittwunde über der Braue; der Schnitt war nicht tief, aber die Menge Blut beeindruckend. Daysinger hob den Kopf gerade so lange über die Kuppe, daß er einen Klumpen aus kurzer Entfernung voll in den Mund bekam. Er zog sich laut fluchend zum Fuß des Hügels zurück und ging ein paar Minuten lang mit beiden Händen vor dem Mund herum, bis er sicher war, daß er keine Zähne verloren hatte. Dann wischte er sich den Sand von der geplatzten Unterlippe und setzte mit blut- und sandverklebtem Kinn erneut zum Angriff an. Kevin befand sich noch unmittelbar hinter seinem ehemaligen Anführer, als Mike ausholte, um einen Klumpen zu werfen, und Kev bekam seine Faust direkt an die Stirn. Das Geschehen kam einen Moment zum Erliegen, während die anderen Jungs auf dem Berg neugierig beobachteten, aber Grumbacher nutzte den Vorfall zu einer komischen Einlage, verdrehte die Augen, taumelte in immer kleineren Kreisen, bis seine Beine nachgaben und er mit steifen Beinen wie eine Leiche den Hügel hinunterrutschte. Die anderen Jungs lachten und spendeten Beifall, indem sie Dreckklumpen auf ihn niederregnen ließen.
    Lawrence destillierte die Essenz aus dem Spiel.
    Eine strahlende, glorreiche Minute war er als einziger auf dem Gipfel, als die rangelnden älteren Jungs allesamt hinunterrutschten. Lawrence stand mit hoch über dem Kopf ausgebreiteten Armen auf der Gipfelkuppe und rief: »Ich bin der König!«
    Es folgte ein Augenblick respektvollen Schweigens, dann drei Salven Dreckklumpen. Mindestens sechs oder sieben trafen. Lawrence hatte im letzten Augenblick das Gesicht abgewendet, aber aus seinen verdreckten Kleidungsstücken stob tatsächlich Staub, als er getroffen wurde, die Aufschläge zogen sich über seinen Rücken und die Beine wie Maschinengewehrfeuer und rissen ihm die Baseballmütze vom Kopf.
    »He!« rief Dale und bat die anderen winkend um einen Waffenstillstand. Lawrence war in der Haltung erstarrt, in der er getroffen worden war, und Dale wußte, wenn er anfing zu weinen, tat es ihm wirklich weh.
    Lawrence machte eine langsame, anmutige Pirouette, wobei immer noch Staub der Treffer ringsherum von ihm aufwirbelte, und fiel nach vorne.
    Eigentlich fiel er nicht nach vorne; er warf sich mit der >Ster-bender-Schwan<-Grazie eines sterbenden Cowboy-Stuntman nach vorne, machte einen vollen Salto in der Luft, bevor er wieder auf dem Boden landete, und schnellte dann in einem neuerlichen To-deszucken empor. Er hatte die Gliedmaßen weit, schlaff und sterbend von sich gestreckt. Die anderen Jungs wichen zurück, als der fliegende, zuckende Körper an ihnen vorbeihüpfte, auf dem flachen Gelände am Teichufer ausrollte und mit einem über das Wasser ausgestreckten Arm liegenblieb.
    »Mann«, sagte Kevin. Die anderen drückten johlend Begeisterung aus.
    Lawrence stand auf, strich sich den Staub von Kleidung und Bürstenschnitt und verbeugte sich knapp.
    Von nun an, die nächsten paar Stunden, bis sich der Nachmittag im Wald zum Abend schwächte, starben die Jungs. Sie stellten sich abwechselnd auf den Gipfel, während die anderen Dreckklumpen warfen. Wenn sie getroffen wurden, ging das Sterben los.
    Kevins Sterben war unbeschreiblich komisch, wenn auch steif. Er war wie ein altersschwacher Schauspieler, der sich hinlegen mußte, nachdem er erschossen worden war. Normalerweise hielt er die Mütze beim Runterrutschen

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