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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Sheriff über Cong-den erzählt hatte.
    Der Alte wandte sich ab, aber zuvor hörte Duane noch ein gemurmeltes: »Verdammter diebischer kapitalistischer Hurensohn.«
    Old Central lag im Schatten, als sie auf der Second Avenue daran vorbeifuhren und in die Depot Street einbogen. Duane sah Dale Stewarts Eltern auf der Veranda sitzen und bemerkte, wie sich ihre Haltung veränderte, als sie ihn erkannten. Sie fuhren weiter nach Westen auf der Depot und kreuzten die Broad Avenue.
    Congdens schwarzer Chevy stand nicht im Hof oder parkte auf den schlammigen Fahrspuren neben dem Haus, die als Einfahrt gelten mochte. Der Alte hämmerte gegen die Tür, bekam aber keine Antwort, außer dem wütenden Bellen eines, wie es sich anhörte, sehr großen Hundes. Duane folgte dem Alten nach hinten über einen Hof voll Sprungfedern, Bierdosen, einer alten Waschmaschine und einer Ansammlung rostiger Sachen hinter einem kleinen Schuppen.
    Acht Autos standen dort. Zwei standen auf Klötzen und sahen aus, als könnten sie eines Tages repariert werden; die anderen lagen wie metallene Leichen im hohen Gras. Onkel Arts Cadillac stand am dichtesten bei dem Schuppen.
    »Geh nicht rein«, sagte er. Seine Stimme hatte einen seltsamen Klang. »Wenn du das Buch siehst, hole ich es heraus.«
    Da der Cadillac wieder auf den Reifen stand, waren die Schäden um so deutlicher zu erkennen. Das Dach war fast bis auf die Höhe der Türen eingedrückt. Schon von der Beifahrerseite, wo sie standen, konnte man erkennen, daß der Rahmen durch die Kollision mit der Brücke völlig verzogen war. Die Haube war fort, und Congden oder sonst jemand hatte schon angefangen, Teile im Gras auszubreiten. Duane ging zur Fahrerseite.
    »Dad.«
    Der Alte kam herüber und half Duane beim Inspizieren. Die Fahrertür und die linke hintere Tür waren nicht mehr da.
    »Sie waren noch da, als sie das Auto hochgezogen haben«, sagte Duane. »Ich habe dem Sheriff die rote Farbe in der Delle gezeigt.«
    »Weiß ich noch.« Der Alte nahm eine Kupplungsstange und stocherte damit im Gras, als könnte er die Türen dort finden. Duane duckte sich und sah hinein, dann ging er nach hinten und sah durch das Loch, wo die Heckscheibe gewesen war. Er zog die hintere Tür der rechten Seite auf und beugte sich über die Reste der Rückbank.
    Verbogenes Metall. Zerrissene Polster. Sprungfedern. Bespannung und Isolierung des Dachs hingen wie Stalaktiten herunter. Ein Geruch nach Blut, Benzin und Getriebeöl. Kein Buch.
    Der Alte kam durch das hüfthohe Gras zurück. »Keine Spur der Türen. Hast du gefunden, was du gesucht hast?«
    Duane schüttelte den Kopf. »Wir müssen zur Unfallstelle zurück.«
    »Nein.« Duane hörte in der Stimme seines Vaters den Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Nicht heute abend.«
    Duane drehte sich um und spürte, wie sich eine tiefe Depression auf seine Schultern senkte, noch schwerer als der bittere Kummer, den er zuvor empfunden hatte. Er ging um den Schuppen herum und dachte an den bevorstehenden Abend mit dem Alten und einer Flasche. Das Opfer war vergebens gewesen.
    Er hatte die Hände in den Taschen, als er um die Ecke des Schuppens ging. Der Hund war über ihm, bevor er die Hände herausziehen konnte.
    Zuerst wußte Duane gar nicht, daß es ein Hund war. Es war nur etwas Riesiges und Schwarzes, das auf eine Art und Weise knurrte, die Duane noch nie gehört hatte. Dann sprang das Ding, Zähne glänzten in Augenhöhe, und Duane fiel rückwärts auf Sprungfedern und Glasscherben; die Masse des Hundes warf sich über ihn, wand sich, knurrte und versuchte, an ihn ranzukommen.
    Als er in diesem Augenblick auf dem abfallübersäten Boden lag, die Hände inzwischen frei, aber leer und hilflos, erfuhr Duane wieder, wie es war, dem Tod gegenüberzustehen. Die Zeit schien zu erstarren, und er war darin erstarrt. Nur der riesige Hund konnte sich bewegen - so schnell bewegen, daß er kaum mehr als ein schwarzer Schemen war -, und er bewegte sich auf Duane zu, überragte ihn und schien nur aus Zähnen und fliegendem Speichel zu bestehen, als er das riesige Maul aufriß, um Duane McBrides Hals zu zerfleischen.
    Der Alte trat zwischen den Hund und seinen gestürzten Sohn und holte aus. Die Kupplungsstange traf den Dobermann in den Rippen und schleuderte ihn drei Meter in Richtung Haus. Das Tier stieß ein Winseln aus, das sich wie festgefahrene Zahnräder anhörte.
    »Steh auf!« keuchte der Alte, der zwischen Duane und dem Hund kauerte, der sich bereits wieder

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