Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
niemand etwas Böses vermutet. Aber die verstümmelten Katzen brachten die kleine Stadt auf wie nichts in den zurückliegenden Monaten.
    Darüber schüttelte Mike den Kopf. Duane McBride war tot, ebenso Duanes Onkel, aber die Leute akzeptierten den Unfalltod -selbst den schrecklichen Tod eines Jungen-, wohingegen die Verstümmelung der Katzen sie furchtbar erregte und für Monate Gesprächsstoff liefern würde. Für Mike war der Tod von Mrs. Moon bereits in weite Ferne gerückt; er war nur ein Bestandteil der schrecklichen Dunkelheit, die schon den ganzen Sommer über Memo und ihm und den anderen Kindern hing, lediglich eine weitere Gewitterwolke am finsteren Himmel.
    »Kommt mit!« sagte er zu Dale und Lawrence und zog sie zu ihren Fahrrädern. »Wir holen Kev und Harlen und ziehen uns an einen echt abgeschiedenen Ort zurück. Ich möchte mit euch über etwas reden.«
    Mike konnte nicht anders, er mußte Old Central betrachten, als sie nach Westen in Richtung Harlens Haus fuhren. Die Schule wirkte größer und häßlicher denn je, ihre Geheimnisse im Inneren verborgen, vernagelt, einem Inneren, wo es immer dunkel war, wie hell die Sonne hier draußen in der Welt auch scheinen mochte.
    Und Mike wußte, das verdammte Gebäude wartete auf ihn.

27 
    Sie fuhren zum Baseballfeld und beratschlagten. Mike redete etwa zehn Minuten lang, die anderen starrten ihn nur an. Sie stellten keine Fragen, als er Mrs. Moons Leichnam beschrieb. Sie widersprachen nicht, als er sagte, sie selbst würden bald so tot daliegen, wenn sie nicht schleunigst etwas unternahmen. Sie sagten kein Wort, als er ausführte, was sie tun mußten.
    »Schaffen wir das alles bis Sonntagmorgen?« fragte Dale schließlich. Ihre Fahrräder lagen um den flachen Werferhügel herum. Im Umkreis von fünfhundert Metern war niemand zu sehen. Die Sonne brannte auf ihre Bürstenschnitte und bloßen Arme herunter und gleißte auf dem Chrom und dem alten Lack ihrer Räder, so daß sie die Augen zukneifen mußten.
    »Ja«, sagte Mike. »Ich glaube schon.«
    »Das Camping können wir nicht am Donnerstagabend machen«, sagte Harlen.
    Die anderen sahen ihn an. Es war Dienstagvormittag; warum machte er sich Gedanken wegen Donnerstagabend? »Warum nicht?« fragte Kevin.
    »Weil ich an dem Abend zu Michelle Staffneys Geburtstagsparty eingeladen bin«, sagte Harlen. »Und ich gehe hin.«
    Lawrence sah ihn voller Widerwillen an. Die drei anderen Jungs atmeten fast gleichzeitig aus. »Herrje«, sagte Dale, »wir sind alle eingeladen. Die Hälfte aller Kinder in dieser verdammten Stadt sind eingeladen, wie jeden 14. Juli. Wo liegt das Problem?«
    Es stimmte. Michelles Geburtstagsparty war zu einer Art Som-mersonnwendabend für die Kinder von Elm Ha-ven geworden. Die Party fand immer abends statt, immer waren das Haus und der riesige Garten von Staffneys voller Kinder, und immer ging das Fest um zehn Uhr mit einem Feuerwerk zu Ende. Dr. Staffney verkündete jedesmal, daß sie nicht nur Michelles Geburtstag feierten, sondern auch den Tag des Sturms auf die Bastille. Aber wen interessierte das schon, solange Kuchen und Punsch und das Feuerwerk nicht ausgingen?
    »Kein Problem«, sagte Harlen verschmitzt, als würde er ein tolles Geheimnis hüten, »aber ich gehe hin.«
    Dale wollte widersprechen, aber Mike sagte: »Okay, keine Panik. Wir machen das Camping morgen. Mittwoch. So bringen wir es hinter uns. Dann ist alles klar für die Gratisvorstellung am Samstag.«
    Lawrence sah zweifelnd drein. Seine Stupsnase war rot und schälte sich. »Woher wollt ihr wissen, daß am Samstag überhaupt eine Gratisvorstellung stattfindet?«
    Mike seufzte und ging beim Werfergummi in die Hocke. Die anderen hockten sich ebenfalls hin und schlössen die Unterhaltung in der Mauer ihrer Rücken ein. Mike malte müßig mit den Fingern im Sand, als würde er ein Spiel umreißen - aber er kritzelte nur. »Wir sorgen dafür, daß es eine gibt, wenn jemand zu Mr. Ashley-Montague geht. Wenn wir morgen campen gehen, wird das fast den ganzen Mittwoch und Donnerstag Vormittag kosten, und wir müssen bis Samstagabend für den Sonntagmorgen gerüstet sein, was bedeutet, wir müssen heute oder am Donnerstagnachmittag zu Mr. Ashley-Montague.« Er sah Harlen an und verzog das Gesicht. »Und am Donnerstag ist ja Michelles Party.«
    Dale zog die Baseballmütze aus der Gesäßtasche und setzte sie auf. Der Schatten über der oberen Hälfte seines Gesichts glich einem dunklen Visier. »Warum so schnell?« sagte er. Mike

Weitere Kostenlose Bücher