Sommer der Nacht
bißchen schlechter warf als Sandy Whittacker-, aber heute wurde er niedergebrüllt. Zuerst war Mike Captain, als sie für das vierte Spiel wählten, und Castanatti - ein vierschrötiger, stiller Junge, der den besten Schläger in der Stadt hatte (er war ein guter Schläger, aber zuallererst besaß er den besten Schläger, einen wunderschönen Louisville Slugger aus Weißesche, den sein Vater von einem Freund in der Mannschaft der Chicagoer White Sox bekommten hatte) - durfte als zweiter wählen.
Mike wählte als erste Donna Lou, was niemanden störte. Sie war die beste Werferin der Stadt, soweit sich jeder erinnern konnte, und wenn die Jugendliga Mädchen zugelassen hätte, hätten die meisten Jungs in der Mannschaft - zumindest die Jungs, die keine Angst vor Chuck Sperlings Vater hatten - sich dafür ausgesprochen, sie werfen zu lassen, damit sie wenigstens ein paar Spiele gewinnen konnten.
Die Mannschaftsauswahl lief mehr oder weniger darauf hinaus, daß das Nordende der Stadt - Dales Ende, das ärmere Ende - gegen das Südende spielte, und obwohl der Bekleidungscodex derselbe war, Jeans und weiße T-Shirts, konnte man den Unterschied an den Handschuhen erkennen: Sperling und die anderen vom Südende spielten mit neuen, relativ großen und steifen Baseballhandschuhen, während Mike und die anderen sich mit gebrauchten Handschuhen begnügen mußten, die schon ihre Väter benutzt hatten. Die alten Handschuhe hatten keine Taschen als solche - sie sahen mehr wie gewöhnliche Handschuhe aus, nicht wie die verstärkten, gepolsterten Lederwunder, die Sperling und die anderen trugen, und es tat weh, mit ihnen ein Fastball zu fangen, aber das störte die Jungs nicht. Das gehörte zum Spiel, ebenso die Kratzer und Blutergüsse, die ein Tag auf dem Spielfeld mit sich brachte. Keiner der Jungs spielte je Softball, es sei denn, Mrs. Doubbet oder eine andere alte Schachtel in der Schule bestand darauf, und dann wechselten sie auf die verbotene Hardball-Spielweise um, sobald die Lehrerin sich verzogen hatte.
Momentan dachten sie als allerletztes an Lehrerinnen, als Mrs. Stewart mit einem Tablett Mettwurst- und Erdnußbutter-mitGelee-Brötchen und einem Krug Orangenbrause herauskam; die Jungs beraumten eine kurze Siebte-Runde-Pause an, obwohl sie erst in der zweiten Runde waren, und dann machten sie sich wieder ans Werk. Der Himmel blieb grau, aber die Hitze war unvermindert, sie war auf über dreißig Grad gestiegen und zu einer soliden Mauer schwülen Unbehagens geworden. Die Kinder achteten nicht darauf. Sie brüllten und spielten, schlugen und fingen, rannten zu den Bänken und wieder aufs Spielfeld, stritten darum, wer mit Aussetzen dran war oder wer welche Position zu lange innegehabt hatte, aber im großen und ganzen kamen sie besser miteinander aus als die meisten Jugendligamannschaften. Es kam zu gutmütigem Gespött - besonders als Sperling darauf bestand, zu werfen, und fünf Läufe in der vierten Runde vermasselte - und eine Menge Witzeleien, aber weitgehend nahmen die Jungs und zwei Mädchen das Baseballspiel ernst und gingen ihm mit wortloser Konzentration und der Perfektion eines Zen-Gedichtes nach.
Das reiche Südviertel spielte gegen das Nordviertel der unteren Mittelschicht - auch wenn keines der Kinder daran dachte -, und das Nordviertel verteilte Arschtritte. Castanatti schlug ausgezeichnet und machte vier der sechs Läufe seiner Mannschaft im ersten Spiel, aber Donna Lou zeigte es fast allen anderen Schlägern, und Mike, Dale und Gerry Daysinger hatten einen guten Tag und konnten jeder mindestens vier Läufe verbuchen. Am Ende ihres zweiten Spiels zu neun Runden hatte Mikes Mannschaft 15:6 und 21:6 gewonnen. Sie verteilten die Spieler neu und begannen das dritte Spiel.
Dazu wäre es wahrscheinlich nicht gekommen, wenn Digger Taylor, McKown und ein paar andere diesmal nicht in der Mannschaft von Donna Lou gespielt hätten. Es war in der dritten Runde, sie hatte einundzwanzig Schläge in einer Reihe hingelegt, und ihr Arm war kräftig wie immer, als sie Chuck Sperling schätzungsweise zum millionstenmal abschlug und Mikes Mannschaft zur Bank schlurfte. Lawrence war als erster an der Reihe, daher lehnten sich die anderen an den Draht des Schutzzauns und streckten die Beine von sich: zehn Klone in verblaßten Jeans und weißen T-Shirts. Sandy war müde geworden und gegangen, als Becky Cramer und ein paar ihrer Freundinnen vorbeigekommen waren: Donna Lou war das einzige Mädchen.
»Zu schade, daß wir die
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