Sommer der Sehnsucht
T-Shirt, das sie getragen hatte.
Sie errötete, was Jesse wiederum völlig entzückte. Doch schon eine Sekunde darauf hatte Bella sich gefasst und warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. „Es geht dich eigentlich nichts an, aber ich mag eben Kleidung, die aus natürlichen Materialien hergestellt wird.“
Dabei hätte er es belassen können. Was er nicht tat. „Natürliche Materialien sind gut und schön. Aber …“ Schließlich ließ er das Thema doch auf sich beruhen und schüttelte bloß den Kopf.
Als der Aufzug endlich hielt, ging die Tür auf und Bella trat ein. Sie drehte sich aufgebracht zu Jesse um. „Vor genau drei Jahren habe ich aufgehört, figurbetonte Kleidung zu tragen, wen du es genau wissen willst. Denn da habe ich begriffen, worum es Männern geht. Sie interessieren sich vielleicht für den Körper einer Frau, für ihren Charakter und alles, was sie auszeichnet, allerdings nicht.“
Im hellen Licht in der Aufzugskabine wirkte Bella ungezähmt und stolz. Fast wie eine Amazone, dachte Jesse. Und in dem gleichen Maße, in dem er sie bewunderte, schämte er sich nun auch. Er war schuld daran, dass sie diese Lumpen trug? Sie versteckte ihren traumhaften Körper in diesen Klamotten, weil sie mit ihm geschlafen hatte und er aus ihrem Leben verschwunden war?
Schuldbewusst senkte er den Blick und drückte den Knopf für die Etage, in er sein Büro lag. Bisher hatte Jesse sich nie den Kopf darüber zerbrochen, was eine Frau von ihm hielt, wenn die Affäre vorbei war. Er hatte genossen, geschwiegen und darauf geachtet, dass die Lady seiner Wahl ebenfalls nicht zu kurz kam.
Jetzt fühlte er sich nicht allzu wohl in seiner Haut. Denn zum ersten Mal fragte er sich, wie viele Frauen er noch unglücklich gemacht haben mochte. Er, ein Herzensbrecher? Nie! Oder doch? Verdammt, aber er mochte Frauen, er wollte ihnen nicht wehtun.
Er musste schnell irgendetwas sagen, also dachte er nicht lange nach. „Ich glaube nicht, dass das sinnvoll ist.“
„Tatsächlich?“, entgegnete sie schnippisch. „Bis jetzt konnte ich ganz gut damit leben, dass mich kein Mann mehr ansieht.“
Das konnte Jesse kaum glauben. „Dann haben die Männer in dieser Stadt keine Augen im Kopf. Sei froh, dass du dich nicht mit ihnen abgeben musst.“
„Meinst du das ernst?“, fragte sie und sah ihn mit ihren wunderschönen Augen an.
„Verdammt ernst“, beteuerte er und erwiderte ihren Blick. Na, schön. Er hatte es damals gründlich vermasselt. Aber auch wenn er keinen Hehl daraus machte, wie scheußlich er ihre Kleidung fand, musste sie ihm doch wenigstens anrechnen, dass sie bei ihm auf der Liste ganz weit oben stand.
„Wie gesagt, die Sachen, die du trägst, sind alles andere als anziehend. Aber bei deinen Augen und deinem Mund muss ein Mann einfach hingucken.“ Er hob eine Hand und strich mit dem Daumen sanft über ihre Unterlippe. Bella wich schnell zurück, woraufhin er lächelnd den Kopf schüttelte. „Sogar wenn du vor drei Jahren so etwas angehabt hättest, wärst du mir aufgefallen.“
Als sie ihn überrascht anblinzelte, kam Jesse sich wie ein Idiot vor. Zum ersten Mal im Leben stand er einer Frau Auge in Auge gegenüber, die er benutzt und stehen gelassen hatte. Und er bereute, was er getan hatte. Das war eine völlig neue Erfahrung für ihn. Allerdings nicht die Angenehmste.
Plötzlich hielt der Lift, die Tür ging auf, und die Arbeitsgeräusche auf der Etage drangen zu ihnen. Er lächelte. Er war vielleicht kein geborener Geschäftsmann, aber der Klang des Erfolgs machte ihn immer wieder zufrieden. Jesse wusste nur zu gut, dass sein Geschäft gut lief und sie sogar noch rosigeren Zeiten entgegenblicken konnten. Es erfüllte ihn mit Stolz, zu sehen, was er in nur wenigen Jahren auf die Beine gestellt hatte.
„Los geht’s, Bella“, sagte er und streckte die Hand aus. „Wir betreten jetzt feindliches Gebiet.“
Bella ließ den Blick durch das Büro schweifen. Dann sah sie Jesse an, gab ihm zögernd ihre Hand und folgte ihm durch das organisierte Chaos. Überall klingelten Telefone, zahlreiche Dokumente wurden ausgedruckt. Über dem Ganzen lag das leise Gemurmel der Mitarbeiter, die miteinander sprachen oder telefonierten.
Jesse zeigte ihr King Beach , wie ein Herrscher sein Königreich zeigen würde, und achtete darauf, dass ihr nichts entging. Nicht die die neuesten Technologien oder die tüchtigen Mitarbeiter aus den Bereichen Vertrieb, Verkauf und Pressearbeit, die sehr beschäftigt waren. Siegessicher
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