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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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dann musst du das machen. Für die Türken bist du der Chef. Und es ist wahr, ich kenne das Theater besser als er. Dazu kommt, dass Hans die Leitung das erste Jahr macht und ich will ihn selbstverständlich unterstützen, wo ich nur kann. Wenn sich die Türken querstellen, ist unsere Arbeit hier insgesamt gefährdet, das ist ja immer auch eine Sache der Diplomatie. Also habe ich das Theater übernommen, auch wenn das Artemision, der Vater stieß die Luft aus. Ich habe es übergeben, sagte er, jedenfalls für die Dauer der Kampagne, und nächstes Jahr bin ich nicht mehr dabei. Das ist einmal so, man macht seine Arbeit da, wo man gebraucht wird, das kann man sich nicht immer aussuchen.
    Aber du hast es nicht gerne getan, sagte ich leise.
    Nein, sagte er, ich habe es nicht gerne getan. Wir stiegen in den Bus ein, das Stadion, siehst du, sagte der Vater, als wir Richtung Selçuk fuhren, das Vediusgymnasium, hoch wölbten sich die Tore.
    Wer hat das Projekt übernommen?, fragte ich den Vater, und weil er mich nicht zu hören schien, fragte ich noch einmal, wer leitet jetzt dein Projekt?
    Seine Handbewegung und wie er den Atem durch die Nase stieß, sag deinem Vater, hatte Hubert gesagt, er braucht mir keine Spione zu schicken, wenn er etwas wissen will, dann soll er zu mir kommen. Hubert, sagte ich, Hubert hat dein Projekt übernommen.
    Der Vater starrte in die Landschaft, die golden in der Abendsonne glänzte. Nach vierzig Jahren, sagte er, seine Stimme klang gepresst, muss man seine Dinge wohl einmal abgeben, das ist zu lernen.
    Darauf wusste ich nichts zu sagen, wir fuhren schweigend bis zur Endstation. Beim Busbahnhof stiegen wir aus. Erst als wir an der Ampel warteten, wandte sich der Vater mir wieder zu. Und du, sagte er, was ist dir das Liebste hier?

    Erzähl mir was von dir, sagt Friedrich manchmal.
    Was willst du wissen? Ich frag dich ja auch nicht.
    Nein, das tust du nicht. Wenn du es tätest, ich würde dir was erzählen. Aber du fragst ja nicht, du hast noch nie gefragt.
    Ich weiß genug, sage ich. Du hast zwei Brüder, du kommst aus dem Salzkammergut, du hast Meeresbiologie studiert, du hattest eine Blinddarmoperation, ich nicht, falls es das ist, was du wissen willst. Du fährst Schi, ich nicht, du kannst nicht wirklich gut kochen, ich auch nicht. Was noch?, sage ich, und weil ich es hasse, wenn er das zu mir sagt, füge ich noch hinzu, du fickst ganz okay.
    Ich sehe ihn an, als ich das sage, weil ich wissen will, wie es ihn trifft. Seine Augen verdunkeln sich, da ist etwas, was zurückgeht, das andere sinkt tief und dann legt er etwas darüber, was ist das. Ich muss seinem Blick ausweichen.
    Jetzt, sagt er, kristallene Schärfe, jetzt erzähl mir von dir.
    Warum, sage ich, warum soll es irgendjemanden interessieren, nicht irgendjemanden, sagt er, mich, also dich interessieren, dass ich, was willst du wissen?, in einer Villa aufgewachsen bin, mit hohen Räumen und schwingenden Lustern, mit Parkettböden und einer Haushälterin, die hieß Vroni. Im Alkoven unter dem Dach gab es buntes Glas in den Fenstern, ich habe zugesehen, stundenlang, wie die Farben über den Boden und die Wände gewandert sind. Keine Geschwister, ich habe keine gebraucht. Der Vater war immer da, nein, das stimmt nicht, aber auch wenn er weg war, war er bei mir. Ich bin in einem Haus aufgewachsen mit Büchern und Bildern, im Park waren Bäume, mehr habe ich nicht gebraucht. Reicht dir das?
    Wie hat dein Zimmer ausgesehen?
    Warum willst du das wissen?
    Ich will es mir vorstellen können, sagt er.
    Schräge Wände, weil unter dem Dach, sage ich, ein Tisch, ein weißes Bett, ein Schrank mit Schnörkeln, lindgrün. Der Tisch war noch von meiner Großmutter, ein weißer Mädchentisch mit schlanken gebogenen Beinen, und Laden, in denen man kaum etwas unterbrachte. Rosenfarbene Röschen an der Wand, keine Kuscheltiere, außer einem Hund mit Schlabberohren, die habe ich ihm angeknabbert. Ist es das, was du wissen willst?
    Zum Beispiel, sagt Friedrich.
    Vom Zimmer hat man auf den Park gesehen, das war kein Garten, das war ein Park, verstehst du. Auf den Teich, auf die Buchen und Linden, die Ahornallee.
    Ich sehe, wie der Vater über die Auffahrt kommt. Und Hubert, beide gehen sie, mit großen Bewegungen, durch den Park. Und ich weiß, dass die Eltern, ganz früher, manchmal die Allee entlang gegangen sind, und der Vater hat die Mutter geküsst, als versänken sie in einem tiefen, tiefen Wasser, das muss ich von oben gesehen haben.
    Ein Park, sagt

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