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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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Eunuchenpriester.
    Ich dachte mir die Eunuchen als eines dieser Völker, die kamen und gingen, über die Steppe brausend, pferdemelkend vielleicht und wild, mit einem seltsam sanften Priester. Dass dieser sanfte Chinese der Kybele zugeordnet wurde, Kybele vielleicht war, die doch mit Löwengespannen über die Berge und durch die Wälder zog, das wollte ich nicht glauben.
    Die Alte Priesterin, sagte der Vater und zeigte auf ein anderes Bild.
    Ich mochte es, wie das Elfenbein schimmerte, die Augen der Priesterin schienen mir nach oben gekehrt, anders als andere sah sie mich nicht an. In breiten, langen Strähnen fiel ihr das Haar über die Schultern, in ihren Händen hielt sie je einen Falken. Auch der Falke, sagte der Vater, gehört zu den heiligen Tieren der Artemis. Der Schmuck der Göttin, sagte er. Goldappliken, siehst du. Kleine goldene Plättchen, wie Sterne, wie Taler, wie Blüten, in deren Mitte vielleicht eine Biene das Süße saugte, Tropfen wie Tränen. Das hölzerne Bild der Göttin, sagte er, das weißt du, das Xoanon, wurde gewaschen, gesalbt, gespeist, bekleidet, wechselnd mit den Abschnitten eines Jahres vielleicht, eines Mondjahres. Was du bei der Schönen Artemis, der Großen Artemis siehst, ist die Nachbildung ihres Gewandes auf der Höhe ihres Ruhms, die Göttin in ihrer vollen Pracht.
    Goldüberstrahlt neigte sich die Göttin in meinen Träumen mir zu. Sie lächelte in ferner Größe, ihr dunkles Lächeln, von dem ich nie wusste, ob es mir galt oder einer anderen, als lächelte sie und lächelte nicht, beides in einem.
    Eine weibliche Goldstatue, sagte der Vater, die Göttin oder eine Priesterin.
    Ihre Brüste waren wie runde Kapseln, Knospen, Knöpfe, Mädchenbrüste fast. Als sich später mein Körper geändert hat, die Brust noch unentschieden sich formend, da habe ich an die Göttin gedacht, unter deren Schutz ich stand. Noch später dachte ich an den Schmerz der Berührung, nach dem ich verlangte.

    Wir saßen unter den Eukalyptusbäumen im Artemision, die anderen waren schon zurück ins Grabungshaus gefahren. Hubert war noch im Peripteros aufund abgegangen. Dann hatte er sich neben mich auf den Boden fallen lassen, ich weiß, dass da noch etwas ist, hatte er gesagt. Er sah müde aus, ein wenig wie erloschen.
    Bist du nicht zufrieden mit dem, was ihr bis jetzt gefunden habt?, fragte ich. Das ist doch sensationell, oder nicht, der Ringhallentempel, der Hortfund, doch, sagte er, natürlich, es ist nicht, dass ich nicht zufrieden wäre, was dann, er zuckte die Schultern.
    Es ist nicht mein Verdienst, sagte er schließlich. Ich habe das Projekt nur übernommen, es ist die Planung deines Vaters gewesen, es ist seine Arbeit, ich schließe sie nur ab, ich bin ausübende Hilfskraft, es ist nicht mein Verdienst.
    Wir sahen auf die Löcher, die in die Erde gerissen waren, das Licht fiel durch die spitzen, länglichen Blätter, eine Schar Gänse watschelte vorbei.
    Warum bist du so eklig gewesen in den ersten Wochen, warum, wenn du mit mir sein wolltest? Und wieso, sagte ich, noch bevor er antworten konnte und weil ich das schnell fragen musste, wieso hast du, du hast doch mit all diesen Frauen geschlafen, oder nicht, mit denen du weggegangen bist, die du in dein Zimmer mitgenommen hast, oder nicht.
    Nein, sagte Hubert, er sah mich nicht an, nicht mit allen.
    Wieso?, habe ich gefragt, wenn du mich gewollt hast.
    Weil ich dich nicht haben konnte, sagte Hubert.
    Das verstehe ich nicht, habe ich gesagt.
    Nein, hat Hubert gesagt. Es gibt da auch nichts zu verstehen.
    Er ist aufgestanden und ist gegangen und er hat nicht gewartet, ob ich ihm nachkomme.
    Am Abend, noch vor dem Abendessen, gab es eine Besprechung der Projektleiter im Büro des Grabungshauses. Du gefährdest, schrie mein Vater und es hallte durch das offene Fenster über den Hof, du gefährdest die Seriosität dieser Ausgrabung. Du gefährdest die Arbeit der anderen Teams, wenn du Arbeiter abziehst, weil du Sondagen machst, aus Jux und Tollerei! Huberts Stimme, leiser, stratigrafische Befunde, schrie der Vater, komm mir nicht mit stratigrafischen Befunden, ich kenne die Befunde. Du gräbst ohne Sinn und Verstand Löcher in den Boden, schrie mein Vater. Siehst du das nicht, Hans? Eine Sondage nach der anderen, aber nicht da, wo er sie machen sollte.
    Lies dir die Berichte durch, sagte Hubert, sehr laut jetzt, es gibt eine ältere Schicht unter dem Peripteros. Wir können ja schlecht den Ringtempel abtragen. Natürlich machen wir Sondagen, wo es

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