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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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uns sinnvoll erscheint.
    Sinnvoll, schrie der Vater, aus Jux und Tollerei gräbst du Löcher in den Boden. Wie der erstbeste Schatzgräber! Wir graben da, sagte Hubert, wo ich vermute, weiter kam er nicht, was vermutest du?, schrie der Vater, wieso gräbst du in diesem Eck? Du müsstest hier und hier graben, jeder Anfänger könnte dir das sagen. Du vergeudest Zeit und Geld und menschliche Ressourcen, damit muss ein Ende sein, das sag ich dir. Hör auf mit dieser sinnlosen Löchergraberei.
    Du hast mir aber nichts zu sagen, sagte Hubert, seine Stimme war eisig. Ich mache das in meiner Verantwortung, sagte er, und du, du bist nicht mein Zurseitensteher, hast du das nicht so gesagt? Du bist nicht mein Zurseitensteher, also misch dich nicht ein, solange ich die Ausgrabung leite.
    Der Vater schrie auf, etwas polterte, Richard, sagte der Grabungsleiter, es ist genug, Richard. Als hätte ich hören können, wie der Vater die Luft einsog, so still war es dann. Hubert hat, sagte Hans, seit er die Leitung übernommen hat, sein Vorgehen immer wieder mit mir besprochen. Wir haben Möglichkeiten diskutiert, die Entscheidungen habe ich guten Gewissens ihm überlassen. Er weiß, was er tut, und ich sehe keinen Grund, seine Entscheidungen plötzlich anzuzweifeln. Du, Richard, hast ihm die Diskussion verweigert. Wenn also hier jemand unprofessionell war, Richard, es tut mir leid, das sagen zu müssen, dann warst das du.
    Wieder eine schrecklich laute Stille, dann setzte ein allgemeines Murmeln ein, der Vater lachte höhnisch, die Versammlung schien sich aufzulösen. Der Vater kam als Erster aus dem Büro. In Huberts Augen war ein Glimmen, als er später den Speisesaal betrat, das mir unerträglich war.
    Dieser Mensch, sagte der Vater beim Essen, als könnte er mit seinen Worten Hubert aufspießen, dieser Mensch. Lächerlich, sagte der Vater, etwas verzog sein Gesicht. Auch schon die Grabungsleitung eingewickelt, Betrüger, schnaufte der Vater, Blender. Wo ist denn sein Eigenes? Löcher graben ohne Sinn und Verstand, wer ist hier unprofessionell? Ich hätte es wissen müssen, ganz am Anfang hätte ich es wissen müssen. Stattdessen habe ich ihn in mein Haus gelassen, über Leichen, hörst du, was ich sage, das sagte er zu Ilse oder zu mir, er geht über Leichen, um sich zu profilieren.
    Sein Messer blitzte. Ich sah Hubert, wie er sehr aufrecht saß, ein Glimmen in den Augen und ein Lächeln, das ihn nicht schön machte.
    Dieser Mensch, schnaufte der Vater, so kommt er mir nicht durch.
    Hör jetzt auf damit, sagte ich. Das Besteck klirrte, als ich es hart auf den Teller legte. Noch einmal, leiser, zum Teller hin, sagte ich, hör jetzt auf damit, bitte, als presste jemand mit beiden Händen meine Schläfen zusammen und drückte mir, schwer, das Genick hinunter. Was mich in der Kehle würgte, schluckte ich hinunter, dann aß ich, als hätte ich nichts gesagt, was auf dem Teller war, und dann stand ich auf und ging hinaus.
    Auf dem Weg ins Hotel holte mich Hubert ein. Ana, sagte er, hör zu.
    Lass mich in Ruhe, sagte ich, lass mich einfach in Ruh, ich ertrage euch alle zwei nicht.
    Am nächsten Tag, das war ein Dienstag, habe ich im Hotel gefrühstückt. Niemanden sehen müssen, nicht den Vater, nicht Hubert, nicht Ilse, die abwechselnd den Vater und mich besorgt angesehen hätte, keinen von den andern, denen ich an der Stirn ablesen konnte, was sie dachten: Hat sie oder hat sie nicht etwas mit Hubert laufen und weiß es ihr Vater oder weiß er es nicht und wer wird es ihm schließlich sagen, das Glitzern in den Augen der anderen. Also fuhr ich an den Strand, schließlich hatte ich Ferien. Das Meer warf sich ans Land und ich lag unter Palmen. Weil ich es nicht ertrug, bin ich dann doch in die Stadt gefahren, ich bin mit den Touristenströmen über den Staatsmarkt gegangen, durch die Kuretenstraße, die Sonne stach und der Stein blendete mich. Ich wusste nicht, wie ich zum Vater gehen konnte und was ich ihm sagen sollte. Dann stand er vor mir, vielleicht hatte er mich von oben gesehen oder er war zufällig vorbeigekommen.
    Anastasía, sagte er, es klang streng. Er hob mir das Kinn, also musste ich ihn ansehen, geht’s dir nicht gut?
    Nein, sagte ich, nicht so gut.
    Er ließ mein Kinn fallen, es tut mir leid, sagte er, dass ich mich so vergessen habe gestern, dass es mir so entglitten ist.
    Dann standen wir noch eine Weile so, bis er sagte, ich muss wieder hinauf. Fährst du mit uns zurück? Ich nickte und setzte mich in einen Schatten.

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