Sommer in Maine: Roman (German Edition)
Erzählungen vergangener Zeiten verbunden, Maggie eingeschlossen. Früher hatte ihre Mutter es auch so empfunden, aber jetzt machte sie sich deshalb über die anderen lustig.
Die ganze Familie trug statt der gewöhnlichen Eheringe irische Claddagh-Ringe. In den Kopfteil von Ann Marie und Pats Bett waren da, wo die jeweilige Person sich bettete, die Worte SIE und ER geschnitzt, dazwischen ein Kleeblatt.
Ihre Cousinen Fiona und Patty hatten als Kinder Stepptanzunterricht nehmen müssen und jeden Sommer am Stepptanzwettbewerb beim Stonehill Irish Festival teilgenommen. In Maine trug Patty ihre Tanzschuhe, wie es sich gehört, bis zur Wadenmitte hochgeschnürt. Besonders in Kombination mit einem Badeanzug sah das ziemlich albern aus, und trotzdem war Maggie damals vor Neid erblasst.
Maggie war in der Bostoner Vorstadt aufgewachsen, also waren die Freunde ihrer Kindheit auch alle irischer Abstammung. Deshalb begriff sie erst im ersten Collegejahr, dass am St. Patrick’s Day nicht jeder ganz in grün herumlief und Pökelfleisch und Kohl aß.
Pat, Ann Marie und ihre Kinder reisten regelmäßig nach Irland. Patty schickte Maggie Aero Schokoriegel und andere irische Süßigkeiten, die natürlich, bis sie in Massachusetts ankamen, zu einer klebrigen Masse verschmolzen waren. Onkel Pat hatte bei diesen Reisen in County Kerry ein paar entfernte Cousins aufgestöbert. Er lud sie nach Boston ein, wo sie im Gästezimmer wohnten, führte sie stolz in der Stadt herum und schickte sie schließlich mit Red-Sox-Trikots und mehreren Pfund Dunkin’ Donuts-Kaffee, von dem sie anscheinend nicht genug bekommen konnten, nach Hause zurück.
Maggie erzählte Rhiannon davon, und die lachte.
»Und, wie viele Cousins und Cousinen gibt es denn? Siebenundachtzig auf jeder Seite?«
»Meine Mutter hat um die vierzig. In meiner Generation sind es viel weniger. Väterlicherseits zehn«, sagte Maggie. »Aber wir hatten als Kinder wenig miteinander zu tun. Wir haben uns nur bei Taufen und zu Ostern und so gesehen. Mit der Familie meiner Mutter haben wir engeren Kontakt. Schwierigen, aber engen.«
»Und wie viele Cousins und Cousinen hast du mütterlicherseits?«, fragte Rhiannon.
»Nur vier«, sagte Maggie. »Obwohl es mir wie mehr vorkommt. Es hat sich immer wie eine riesige Familie angefühlt.«
Sie sah sie noch als Kinder vor sich: Ann Marie und Patricks Drei, Patty, Fiona und Daniel Junior (Maggies Mutter hatte zu den Namen nur gesagt, dass sie auf ewig dazu verdammt waren, wie ein Trio irischer Bauerntölpel zu klingen), und Clare und Joes Sohn Ryan. Er war nach irgendjemandem benannt, aber Maggie wusste nicht mehr, nach wem.
Daniel Junior war schon als Kind sehr hübsch gewesen und hatte jeden um den Finger gewickelt. Maggie hatte ihn immer schon für grundlos eingebildet gehalten. Wenn die Erwachsenen nicht da waren, war er grausam zu seinen jüngeren Cousins. Er war im Studium sehr erfolgreich gewesen und arbeitete jetzt im Finanzwesen oder handelte mit Immobilien oder etwas ähnlich Rätselhaftes. Er hatte Maggie zu Thanksgiving seine Visitenkarte gegeben, aber daraus war sie auch nicht schlau geworden. Maggie konnte sich nur diejenigen Berufe vorstellen, die man in einem Wort beschreiben konnte: Schriftsteller , Arzt und Lehrer waren ihr klar. Executive Vice President und Chief Operating Officer nicht.
Fiona, Daniel Juniors Schwester, war jungenhaft, still und unscheinbar und schon auf der High School in allen möglichen sozialen Hilfsprojekten engagiert. Maggie fragte sich manchmal, ob Fiona wirklich zufrieden damit war, mit dreißig noch mit dem Friedencorps unterwegs zu sein. Kathleen meinte, dass Fiona vielleicht lesbisch sei und auf der anderen Seite der Welt lebte, um das für sich behalten zu können und ihre Sexualität nicht dem Urteil der Familie auszusetzen. Wenn es so wäre, würde Maggie Fiona gerne einen Brief schreiben: Du bist meine Cousine und ich hab dich lieb. Wenn du lesbisch bist, dann ist das so. Niemand wird dich deshalb weniger schätzen.
Aber Fionas Eltern würden davon nichts wissen wollen. Herrgott, sie glaubten wahrscheinlich bis heute, dass Kathleen wegen der Scheidung in die Hölle käme.
Die Dritte im Bunde, Patty, war vier Monate älter als Maggie. Die beiden waren sich so ähnlich, dass sie als Kinder verkündeten, sie seien die wirklichen Schwestern. ( Arme Fiona , dachte Maggie, aber jetzt war es zu spät.) Patty und Maggie waren sommersprossig und ihr Haar hatte den gleichen Braunton. Beide
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