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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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Pläne machen. Ihr Kind würde in der salzigen Meeresluft unter einem Dach gedeihen, unter dem drei Generationen seiner Familie ihre schönsten Sommer verbracht hatten.
    Sie blickte auf das Meer hinaus: »Wie ich es hier liebe.«
    »Ich auch«, sagte Pfarrer Donnelly. »Ich weiß wirklich nicht, wie Menschen anderswo leben können.«
    »Sind Sie in Maine aufgewachsen?«, fragte Maggie.
    »Ja, in einem Dorf etwa drei Stunden nördlich von hier in der Nähe von Bangor.«
    »Das klingt schön.«
    »Es war ein einfaches Haus ohne Extras«, sagte er. »Es gab keinen Fernseher oder dergleichen.«
    »Er kommt aus einer Familie von Geistlichen«, sagte Alice. »Sein Onkel war Diakon.«
    Maggie malte sich eine romantische Pfarrerskindheit aus: Ein Blockhaus im Wald, ein kleiner Junge, der am offenen Feuer die Bibel studiert.
    »Meine Brüder und ich waren natürlich ziemliche Rabauken«, sagte er lächelnd. »Wir sind die endlosen Landstraßen runtergedonnert und haben den Leuten die Briefkästen mit Baseballschlägern eingeschlagen.«
    Maggie wollte wissen, wie um Gottes willen er bei dieser Jugend auf den Pfarrdienst gekommen war, aber diese Frage schickte sich wohl nicht.
    »Klingt wie meine drei«, sagte Alice. »Haben die mich vielleicht auf Trab gehalten! Besonders Patrick und Kathleen. Clare war etwas ruhiger. Aber manchmal sind die Stillen innerlich die Wildesten und machen plötzlich Dinge, die man von ihnen nie erwartet hätte. Ich weiß zum Beispiel, dass sie während der High School gequalmt hat wie ein Schlot. Immer schön aus dem Fenster raus. Meine weißen Vorhänge waren vollkommen ruiniert!«
    Maggie kannte die Geschichten von ausufernden Partys im Haus ihrer Großeltern in Canton, wenn diese nicht da waren, und von dem Abend, als die Polizei ein Auto mit Patrick am Steuer und ihrer Mutter auf dem Beifahrersitz angehalten hatte, beide mit einem Bier in der Hand. Dann war da die Geschichte von Daniel, der eines Abends nicht hatte einschlafen können und irgendwann aufgestanden war, um sich bei einem nächtlichen Spaziergang die innere Unruhe auszutreiben. Im Vorgarten hörte er plötzlich ein seltsames Geräusch und beobachtete, wie ein Junge am Spalier zu Kathleens Fenster hinaufkletterte. Sie gab ihm flüsternd Anweisungen, als ob sie die Kletterstrecke gut kennen würde: »Links kannst du den Fuß absetzen, noch ein Stückchen weiter. So, jetzt greif mit der Hand hinter den dicken Ast.« Dann war da die Nacht, in der Onkel Patrick die ganze Strecke von Cape Cod im nagelneuen Cadillac seines Vaters betrunken aber unfallfrei bis nach Canton gefahren war und den Wagen dann gegen die geschlossene Garagentür gesetzt hatte. (Bis heute gab Patrick, wann immer die Sprache auf die Geschichte kam, der fehlenden Einfahrtbeleuchtung die Schuld.) Maggie hatte den Eindruck, dass es früher eher möglich gewesen sei, nach einem großen Fehler wieder auf die Beine zu kommen. Im Gegensatz dazu hatte sie das Gefühl, dass ein falscher Schritt ihrerseits ihr ganzes Leben zerstören könne.
    »Als Kinder foltern wir unsere Eltern«, sagte Pfarrer Donnelly. »Aber dann werden wir älter und klüger und geben ihnen schließlich den Respekt, der ihnen zusteht. So sollte es jedenfalls sein.«
    Alice strahlte: »Wie gern würde ich Ihre Eltern kennenlernen. Sie haben Sie wirklich ganz ausgezeichnet erzogen.«
    Während Alice und der Pfarrer weiterredeten, richtete sich Maggies Aufmerksamkeit auf ein kleines Kind, das mit seinem Vater am Ufer ein Modellsegelboot zu Wasser ließ. Erst als ihr Name fiel, hörte sie wieder hin. Irgendwie waren die beiden auf die Einteilung des Sommerhauses gekommen.
    »Maggies Mutter Kathleen hat den Juni, aber die werden Sie hier nicht sehen. Sie kann mich nicht leiden«, sagte Alice.
    »Das stimmt doch gar nicht, Oma! Sie lebt einfach am anderen Ende des Landes, mehr nicht.«
    Pfarrer Donnelly grinste. »Tja, Maggie, wenn der Juni für Ihre Mutter und die Familie reserviert ist, kann ich wirklich nicht verstehen, weshalb Sie nicht den ganzen Monat bleiben. Gibt es einen besseren Ort, um sich auf Ihre schriftstellerische Arbeit zu konzentrieren?«
    Er flirtete doch nicht etwa mit ihr? Nein, das war ja eine absurde Idee. Wahrscheinlich träumten alle Frauen der Region, jung und alt, davon, heimlich von ihm angehimmelt zu werden. Für manche vereinigte ein Priester einfach alles, was für sie attraktiv war: Er war beständig und liebevoll, freute sich einen zu sehen und hatte immer ein offenes Ohr für

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