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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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fünf Jahren bin ich magersüchtig geworden.«
    Es war ein gemeiner Witz, aber Maggie musste trotzdem lachen.
    »Wo ist denn deine Freundin?«, fragte Alice.
    »Wieder auf dem Weg nach New York.«
    »Ach ja, ich habe heute früh das Auto gehört. Habt ihr euch gestritten?«
    »Wieso? Nein.« Woher wusste sie das?
    »Sie ist über Nacht geblieben. Ich hab ihr Auto gesehen«, sagte Alice.
    »Ja, es ist spät geworden.«
    Alice nickte. »Und, wie war es am Strand?«
    »Wundervoll. Eiskalt, aber wundervoll.«
    »Schön«, sagte Alice. »Bist du auf dem Rückweg Pfarrer Donnelly begegnet?«
    »Pfarrer Donnelly?«
    »Mein Priester. Ein toller Mann«, sagte Alice. »Er hilft mir mit dem Haus und führt mich zum Essen aus.«
    Maggie hatte kein Kollar gesehen. Mussten sie das nicht immer tragen?
    Es gab bis heute Leute, die bereit waren, einem Priester nur auf Basis seines Berufes absolutes Vertrauen zu schenken. Und dann gab es solche, die einem Pfarrer aufgrund derselben Tatsache sofort misstrauten. Maggie gehörte zur letzteren Gruppe. Seit wann machten Priester Hausbesuche bei einem wackelnden Verandageländer? Einen Augenblick lang sah sie den Pfarrer und Alice in einer generationenübergreifenden Liebesaffäre verstrickt, aber sie verjagte die Vorstellung schnell.
    »Wir fahren gegen eins zu einem neuen Restaurant in Kittery. Möchtest du mitkommen?«, fragte Alice lächelnd. Sie hatte gute Laune.
    Maggie entspannte sich ein bisschen. »Ja, gerne.«
    »Gut. Bis dahin ist noch genug Zeit, dich umzuziehen und diese alten Sachen abzuwerfen.«
    Maggie sah keinen Grund, sich für ein Mittagessen mit ihrer Großmutter und einem Priester umzuziehen, aber sie kommentierte das nicht weiter.
    Stattdessen sagte sie: »Das mit gestern tut mir leid. Ich hätte klarer sagen sollen, dass Gabe nicht kommt und ich stattdessen Rhiannon mitbringe.«
    Alice machte eine wegwerfende Geste: »Schnee von gestern.«
    Um Punkt eins machten die drei sich auf den Weg nach Kittery Point. Maggie saß auf dem Rücksitz und genoss das Gefühl, wieder ein kleines Mädchen zu sein. Während Pfarrer Donnelly und Alice sich über die Frauen in Alices Gebetskreis und deren Leiden austauschten, sah Maggie draußen die weiß, blau und hellgelben Häuser vorbeiziehen, vor denen die amerikanische Flagge wehte.
    Das Hummerrestaurant lag direkt am Strand, und draußen standen rosafarbene Picknickbänke. Sie bestellten Hummerbrötchen und Fischsuppe, dazu Eistee. Die Kellnerinnen trugen leuchtend weiße kurze Hosen und rosa Polohemden. Statt HERREN und DAMEN stand KAPITÄNE und MEERJUNGFRAUEN über den Toilettentüren.
    Sie setzten sich an einen Tisch am Wasser.
    Maggie dachte, dass sie sich in einem der schlechten Witze ihres Großvaters befanden: Eine alte Schachtel, eine unverheiratete werdende Mutter und ein Pfarrer gehen in ein Hummerrestaurant …
    Als der Wind kräftiger wurde und die Servietten wegzublasen drohte, stellte der Pfarrer den gläsernen Salzstreuer darauf. Da erinnerte Maggie sich daran, dass sie als Kind ihre Mutter gefragt hatte, warum Reis im Salz sei. Der Reis nähme die Feuchtigkeit auf, hatte Kathleen ihr erklärt, damit das Salz trocken bliebe. ( Aber warum? , fragte Maggie sich jetzt. Und woher sollte sie derartiges elterliches Wissen nehmen? Wie machten Mütter das nur?)
    Als Pfarrer Donnelly (»Nennen Sie mich doch Connor«) aufstand, um mehr Brot für Alices Fischsuppe zu bestellen, legte Alice mit dem neuesten Familienklatsch los. Daniel Junior wolle jetzt diese Regina heiraten, von der alle ganz begeistert seien. Dabei kam es Maggie so vor, als hätte Daniel sie gerade erst kennengelernt.
    Als sie das sagte, lächelte Alice kühl und antwortete: »Naja, Daniel Junior weiß einfach, was er will. Beruflich hat er sich etabliert. Jetzt ist es Zeit für den nächsten Schritt!«
    Ganz im Gegensatz zu mir, meinst du wohl , dachte Maggie. Aber dann rief sie sich in Erinnerung, dass in Alices Augen alles, was mit den drei Kindern von Ann Marie und Patrick zu tun hatte, ausnahmslos toll war und sprach weiter: »Und wie geht’s Tante Clare und Onkel Joe?«
    »Woher soll ich das wissen?«, sagte Alice. »Die rufen mich ja nie an. Sie haben unsere Gesellschaft ja schon immer gemieden, aber in letzter Zeit ist es noch schlimmer geworden. Ann Marie hat sie im letzten Monat zweimal zum Essen eingeladen, aber die beiden rufen nicht einmal zurück. Wirklich unerhört!«
    Maggie nickte. »Aber sie kommen doch nach Maine?«
    »Mir sagt ja keiner

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