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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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Kathleen. »Ich fühle mich so alt. Als ich wegzog, war er gerade mal in der dritten Klasse.«
    »Wem sagst du das. Für mich ist es ein Albtraum. Wie hast du es nur überlebt, als deine sich das erste Mal ans Steuer gesetzt haben? Ich habe solche Angst, dass er betrunken fährt oder bei jemandem einsteigt, der getrunken hat.«
    Sie waren alle mal betrunken gefahren, manche mehr, andere weniger oft. Es war vergleichsweise unwahrscheinlich, dass ihre Kinder es taten, und Ryan erst recht nicht.
    »Wenn ich mir Chris draußen auf der Straße vorstelle, wird mir bis heute schlecht, und er fährt seit zwölf Jahren«, sagte Kathleen. »Maggie hat aus irgendeinem Grund nie den Führerschein gemacht.«
    »Ah, okay«, sagte Clare. »Könnte das etwas damit zu tun haben, was sie von dem Unfall weiß? Ich erinnere mich, dass ich damals lange nicht ins Auto steigen wollte.«
    Wenn sie den Zwischenfall erwähnten, dann unter diesem Titel, und jeder wusste sofort, wovon die Rede war: Der Unfall . Patrick und Alice sprachen nicht darüber, aber wenn man es wusste, konnte man die blasse Narbe noch auf Alices Gesicht erkennen.
    Es war im Winter gewesen. Kathleen war elf, Clare neun und Patrick erst sieben.
    Es schneite schon seit Tagen immer wieder und im Haus hörte man nichts als das Knirschen der Schneeketten auf der vereisten Fahrbahn. Alice verabscheute das Geräusch. Sie sagte, dass ihr davon die Zähne wehtaten. Sie konnte es auch nicht ertragen, die drei den ganzen Tag um sich zu haben, aber um draußen zu spielen war es zu kalt.
    »Könnt ihr mich nicht mal eine Minute in Ruhe lassen?«, sagte sie, wenn einer von ihnen etwas brauchte.
    Beim Zubettgehen bat Kathleen ihren Vater im Flüsterton, sie nicht mit Alice alleine zu lassen, aber er sagte nur: »Wenn ich nicht da bin, musst du hier das Ruder übernehmen, in Ordnung? Und vergiss nicht, dass deine Mutter dich sehr lieb hat.«
    Alice war nicht immer so. Wenn Daniel und sie ausgehen wollten, gab es Eis vor dem Abendessen mit der Großmutter, und sie erlaubte Kathleen ihr seidenes, dunkles Haar zu bürsten. Wenn sie eine Party gaben, bekamen Kathleen und Clare einen Dollar für jeden Mantel, den sie nach oben ins Schlafzimmer ihrer Eltern beförderten, und sie durften bis zehn Uhr aufbleiben und den Gästen von der Bar oder aus der Küche Cocktails und Canadian Club Whisky bringen.
    An diesen Abenden hörten sie das seltene Lachen ihrer Mutter.
    Wirklich glücklich war Alice nur im Sommer in Maine, wenn das Haus von Kathleens Cousins und Cousinen, Onkeln und Tanten bevölkert war. Dann rannte sie im Badeanzug am Strand entlang, und ihre langen Beine glänzten in der Sonne. Manchmal setzte sie sich im Sommerhaus sogar zu ihnen auf den Fußboden und spielte mit ihnen mit den Puppen oder nahm an einem Tetriswettbewerb Teil.
    Aber manchmal wurde Alice plötzlich eiskalt und gemein. Kathleen hatte sich vor den unvorhersehbaren Wutausbrüchen und der scheinbar grundlosen Reizbarkeit ihrer Mutter gefürchtet.
    An jenem Nachmittag waren sie in der Küche. Kathleen machte ihre Hausaufgaben am Küchentisch, und Clare rannte schreiend um sie herum.
    Alice befahl ihr, damit aufzuhören.
    Sie habe Kopfschmerzten, hatte sie zuvor gesagt, als sie sich nach oben in ihr Schlafzimmer zurückgezogen hatte, um sich etwas hinzulegen. Das tat sie meistens, bevor der Vater von der Arbeit kam. Manchmal trank sie auch Whiskey. Sie meinte, es würde sie beruhigen, aber in Wirklichkeit wurde sie davon traurig und aggressiv. Kathleen roch den Alkohol dann schon, wenn Alice sie von der Schule abholte. Aber sie wusste, dass sie es nicht erwähnen durfte.
    Es war drei Uhr nachmittags, und Alice lud gerade die Einkäufe aus dem Wagen. Sie hatte sie den ganzen Morgen über im Auto liegenlassen. Von den Milchflaschen tropfe das Kondenswasser, und der Salat ließ die Blätter hängen.
    Clare rannte weiter, denn ihr Ein-Mann-Cowboy-und-Indianerspiel war längst noch nicht entschieden. Zwischendurch schlug sie sich mit der Hand auf den ununterbrochen schreienden Mund.
    Alice fuhr sie an. Sie solle jetzt damit aufhören, sonst … Alice hatte diesen wilden Blick, und Kathleen bekam Angst. Wenn ihre Schwester nur aufhören würde. Nach einer weiteren Minute sagte Kathleen mit rasenden Herzen: »Komm mal her, Clare, setz dich zu mir.«
    Aber Clare grölte weiter.
    »Sei endlich still, verdammt nochmal!«, brüllte Alice, und Clare fing zu weinen an.
    Um sie zu trösten, lief Patrick mit ausgebreiteten Armen auf

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