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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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Juni aus dem Konzept gebracht und sie hatte vergessen, Pat daran zu erinnern. Er war bestens organisiert und hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis: Er konnte einem sagen, was es an seinem ersten Kindergartentag zum Mittagessen gegeben hatte. Aber den Scheck vergaß er jedes Mal. Vielleicht war es ein Verdrängungsmechanismus. Vielleicht wollte er nicht öfter als einen kurzen Moment im Monat daran denken müssen, wenn er den Scheck unterschrieb und ihn ihr für die Post gab.
    Sie konnte verstehen, dass Pat enttäuscht war. Ann Marie sagte, er solle beten und nicht den Glauben daran verlieren, dass sich alles zum Guten wenden würde. Es machte ihn wütend, dass er sich die Ausbildung ihres Sohnes über zweihunderttausend Dollar hatte kosten lassen und ihm noch immer Geld schicken musste. Ann Marie sah das ein bisschen anders: Im Club kannte sie Frauen, die ihren Kindern ganze Häuser kauften. Aber Pat meinte, dass ihn auch keiner verwöhnt habe. Er habe sich seinen Weg selbst bahnen müssen und dasselbe erwarte er von seinen Kindern.
    Sie musste sich zusammenreißen, um dazu nichts zu sagen. Als sie jung war, hatte Ann Marie ihre Wochenenden und Sommerferien bei Angelo’s an der Kasse verbracht. Aber hatte einer der Kellehers auch nur mal einen Nachmittagsjob gehabt? Wie oft hatte sie sich von Kathleen anhören müssen, dass ihre Eltern nur Pats Ausbildung ernst genommen hätten. Damit meinte sie, dass Alice und Daniel sein Studium finanziert hatten. Aber Kathleen war nicht auf die Idee gekommen, dass man sich seine Ausbildung selber finanzieren könnte. Ann Marie hatte immer neben dem Studium gekellnert.
    Sie hatte Pat davor gewarnt, die Kinder mit Geschenken und Bargeld zu überhäufen, aber er hatte das ignoriert. Jetzt, da Daniel Junior das Geld wirklich brauchte, war kaum der richtige Zeitpunkt, ihm Grenzen zu setzen.
    Trotz Pats Widerspruch schickten sie seit fünf Monaten Schecks, seit Daniel Junior bei seinem letzten Job rausgeflogen war. Es war nicht das erste Mal, dass sie ihm unter die Arme griffen. Aber er war nie zuvor aus einem so scheußlichen Grund entlassen worden. Beim Gedanken daran und an die Zukunft ihres Sohnes fühlte Ann Marie eine große Erschöpfung.
    Der Zeitpunkt war auch nicht ideal gewesen, denn es war nur wenige Wochen nach dem Gespräch mit Fiona passiert. Warum musste auf eine schlechte Neuigkeit immer gleich die nächste folgen? Die beiden Ereignisse führten dazu, dass Ann Marie etwas in Frage stellte, dessen sie sich zuvor immer sicher gewesen war: Dass sie eine gute Mutter war und dass ihre Familie nach traditionellen Werten lebte.
    Daniel Junior hatte an der Business School den besten Abschluss seines Jahrgangs gemacht. Er war begabt und charmant, nur mit der Arbeit hatte er Pech gehabt. Sein erster Chef bei einer kleinen Investmentgesellschaft hatte es auf ihn abgesehen: Er hatte sich doch tatsächlich erlaubt, Daniel arrogant zu nennen, weil er ihm angeblich nicht genug Respekt zollte. Dabei waren die beiden doch gleich alt.
    Bei der nächsten Anstellung, diesmal bei einer großen Firma in der Bostoner Innenstadt, war er einfach unterfordert. Sie gaben ihm unbedeutende Aufgaben, und so wurde es ihm natürlich langweilig. Also verlängerten sich seine Mittagspausen immer mehr (später sagte er, dass die Geschäftsleitung es genauso handhabte), und er kam zu spät zur Arbeit. Beim Evaluationsgespräch nach einem Jahr sagten sie ihm dann, dass es einfach nicht ausreiche.
    »Was ist denn los mit ihm?«, hatte Pat damals gesagt. Ann Marie gefiel der kritische Ton nicht.
    »Gar nichts! Er ist eben überdurchschnittlich intelligent, genau wie du. Er war einfach zu gut für diesen Job.«
    Pat nutzte seine Kontakte und besorgte seinem Sohn über Ronald Allan aus dem Club eine hochbezahlte Stelle bei einer anderen großen Firma. Diesmal schien er sich wirklich reinzuhängen, aber dann kündigten sie ihm aus heiterem Himmel und verlangten, dass er seinen Schreibtisch innerhalb von vierzehn Tagen räumte.
    »Das kann doch wohl nicht wahr sein!« Pat hatte sich uncharakteristisch aufgeregt. »Diesem Ron werde ich was erzählen. Das wird noch Folgen haben.«
    Dann stampfte er ins Arbeitszimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Zwanzig Minuten später trat er mit blassem Gesicht wieder heraus.
    »Und?«, fragte Ann Marie.
    »Anscheinend haben sie ihm mit dem Rausschmiss noch einen Gefallen getan.«
    »Was soll das heißen?«
    »Es hat Beschwerden gegeben. Er soll einige der Sekretärinnen

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