Sommer in Maine: Roman (German Edition)
plötzlich wünschte sie sich, dass ihre älteste Tochter bald wieder schwanger wäre, obwohl sie eigentlich wusste, dass sie und Josh nach drei Kindern Schluss machen wollten.
Am darauffolgenden Morgen machte sie Daniel Junior Eierkuchen mit Walnüssen und Schokolade.
»Diesmal rühre ich keinen Finger«, sagte Pat, nachdem ihr Sohn gegangen war.
Ann Marie musste gar nichts sagen. Sie starrte ihn nur ungläubig an, bis Pat schließlich sagte: »Okay. In Ordnung. Aber das ist das letzte Mal.«
Am selben Nachmittag ersteigerte sie auf eBay für fünfhundert Dollar ein sechzig Zentimeter hohes, antikes Garagenhäuschen. Es war von Seidenrosen bedeckt und weinbewachsen und passte farblich zum Puppenhaus. Sie stellte sich vor, sich darin zurückzuziehen, die Nase gegen eines der Echtglasfenster zu drücken und sicher und geborgen den Sturm zu beobachten, der draußen wütete.
Ann Marie hatte ihrem Sohn klargemacht, dass er die Geschichte seiner Kündigung für seine Verlobte abwandeln müsse. Jetzt glaubte Regina, dass sein Job einfach einer radikalen Firmenverkleinerung zum Opfer gefallen war.
Was wirklich passiert war, hatten sie niemandem erzählt, nicht einmal den Mädchen. (Auch von Fiona hatten sie niemandem erzählt, obwohl die gesagt hatte: »Dem Rest der Familie sage ich es dann auch, wenn ich soweit bin.« Ann Marie hoffte, dass sie nie soweit sein würde.)
Wenn Pat mit seiner Mutter oder seiner Schwester Clare telefonierte, brüstete er sich mit Daniel Junior, sprach von dessen sechsstelligem Gehalt und sagte, wie stolz sie auf ihn seien. Sie war ihrem Mann dankbar dafür, dass er die Privatsphäre ihres Sohnes davor bewahrte, in der Gerüchteküche der Kellehers verkocht zu werden. Und obwohl das bedeutete, Alice ins Gesicht lügen zu müssen, beteiligte sie sich daran.
Jetzt zog Pat seine Brieftasche hervor und nahm das Scheckbuch heraus. Er notierte fünftausend Dollar, unterschrieb und riss die Seite heftiger vom Block, als nötig gewesen wäre. Er reichte ihr den Zettel, und Ann Marie steckte ihn sofort in einen vorbereiteten Umschlag und klebte ihn zu.
»So«, sagte sie, »dann machen wir dir mal Frühstück.«
»Nur ein Toast, bitte«, sagte er.
»Ich hab noch was von dem leckeren irischen Soda-Bread von der Freundin meiner Mutter«, sagte sie. »Wär das was?«
Er zuckte mit den Schultern: »Warum nicht.«
»Es soll ein wundervoller Tag werden«, sagte sie. »Am Nachmittag bis zu fünfundzwanzig Grad.«
»Wie schön.«
»Deine Mutter hat gesagt, dass Maggie in den nächsten Tagen nach Maine fährt«, fuhr Ann Marie fort. »Wann genau wollte Kathleen ihr nicht verraten. Typisch. Schade, dass sie nicht selbst nach Maine fahren kann. Aber wir dürfen ja auch nicht vergessen, wie vielbeschäftigt sie auf dem Hof ist.«
Pat kicherte. »Nein, sie kann Bauer Arlo doch nicht mit dem vielen Vieh alleine lassen«, sagte er. »Ohne meine vernünftige Schwester könnte es dort zu einem zweiten Woodstock kommen, wer weiß.«
Ann Marie verdrehte die Augen. »Stimmt. Eine Million Würmer und ein trockener Hippie sind natürlich wichtiger als ihre Mutter und Tochter. Ist ja klar.«
»Ein Freund vom Teufel ist auch ein Freund von Kath.«
Sie runzelte die Stirn: »Wie bitte?«
»Ist aus einem Liedtext. Ach, vergiss es.« Pat hielt inne, dann sagte er: »Die arme Maggie.«
»Das habe ich auch schon gedacht. Aber was ist bloß los mit deiner Schwester? Vermisst sie denn ihre Kinder gar nicht, da draußen in Kalifornien? Der Gedanke tut mir echt weh, Patrick, aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass sie ihr ganz egal sind.«
Pats Beziehung zu seiner ältesten Schwester war nicht besonders eng. Nicht mehr. Als sie jünger waren und Kathleen noch verheiratet, waren sie sich sehr nah gewesen. Sie hatten fast jeden Samstag miteinander verbracht. Es war jetzt zwanzig Jahre her, aber Kathleen hatte Pat noch immer nicht verziehen, dass er die Affäre ihres Exmannes vertuscht hatte. Wenn sie nur wüsste, wie oft Pat sich mit dem Kerl hingesetzt und ihm klar zu machen versucht hatte, dass er die Beziehung mit der anderen beenden müsse, dass er doch an seine Familie denken solle. Pat war davon überzeugt gewesen, Paul zur Vernunft bringen zu können, und vielleicht hätte er es auch irgendwann geschafft. Als sie von Pauls Geldproblemen erfuhren, war es schon zu spät. Aber es war auch nicht Ann Marie und Pats Schuld, dass Kathleen keinen Überblick über ihre Finanzen hatte.
Ann Marie fand, dass Pat
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