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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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eingestehen und dich entschuldigen, damit wir es hinter uns lassen können?«
    »Ich habe nichts einzugestehen«, sagte Alice. »Und du bist ja wohl diejenige, die sich entschuldigen müsste, Kathleen. Du solltest mir dankbar sein, anstatt mir die Schuld für deine Probleme zu geben.«
    Sie hatte ihre Töchter mit strenger Hand erzogen, aber hatte es denn eine Alternative gegeben? Man sehe sich nur an, was für Mütter Kathleen und Clare in dem Versuch geworden waren, sanft zu sein und ihre Kinder in allem zu unterstützen. Und, in Kathleens Fall, die beste Freundin der eigenen Tochter zu sein. Sie machten sich doch lächerlich.
    Das Problem mit ihren Kindern und Enkeln war einfach, dass sie alle unbedingt glücklich sein wollten. Sie waren ständig auf der Suche nach dem Glück und mühten sich ab, um sich und ihre Lebenssituation zu verbessern und Schmerz zu vermeiden. Sie glaubten wirklich, dass alle Probleme dieser Welt durch Selbstkenntnis gelöst werden konnten.
    Alice wusste genau, woher das kam. Sie hatte als Mutter in einem Punkt versagt: Ihre Kinder, Enkel und vermutlich auch zukünftige Großenkel waren gottlos. Patrick und Ann Marie waren die einzigen, die zumindest zur Messe gingen. Daniel Junior war Ministrant gewesen und seine Schwestern hatten im Kirchenchor gesungen, aber jetzt schien keiner von ihnen noch irgendetwas mit der Kirche zu tun zu haben. Clare sagte, dass sie sich noch immer als Katholikin fühle, Joe angeblich ebenfalls. Aber nach dem, was in den vergangenen Jahren in Boston passiert sei, wollten sie die Kirche nicht mehr unterstützen und ihr nicht länger angehören. Für Alice war das eine faule Ausrede, um sonntagmorgens ausschlafen zu können. Außerdem verkauften sie weiterhin Devotionalien. Wie ernst konnte es ihnen also mit der Kritik sein? In dem »Priesterskandal«, wie Clare diese Sache unbedingt nennen wollte, handelte es sich um Ausnahmefälle. Das war doch allgemein bekannt.
    »Wie kannst du in dieser grausamen Welt an Gott glauben?«, hatte Kathleen sie einst gefragt, und in diesem Augenblick hatte Alice begriffen, dass es ihr misslungen war, ihren Kindern die wahre Bedeutung des Glaubens zu vermitteln.
    Ihrer Meinung nach hatte die Kirche mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den Sechzigern einen großen Fehler begangen. Sie hatten Religion attraktiver machen wollen und Latein als Liturgiesprache, die Pflicht zur Kopfbedeckung und das Fleischverbot am Freitag abgeschafft. Ihre Enkel redeten Priester wie die Kellner im Café beim Vornamen an: Pfarrer Jim, Pfarrer Bob und so weiter. Ihr drehte sich dabei der Magen um. Die Kirche hatte Schrecken und Ehrfurcht einfach gestrichen. Und wenn ihre Kinder und Enkel und mit ihnen Millionen andere sich sonntagmorgens zum Brunch trafen, anstatt zur Kirche zu gehen, hatte keiner von ihnen auch nur eine Spur schlechten Gewissens.
    Kathleen betrachtete sich als spirituell. Wieder einer dieser New-Age-Begriffe, die Alice nicht ernst nehmen konnte. Ihre Tochter hatte diese Idee zusammen mit einem Haufen anderer ärgerlicher und lächerlicher Überzeugungen nach ihrer Scheidung in den späten Achtzigern bei den Anonymen Alkoholikern aufgeschnappt.
    Daniel hatte Kathleen die Scheidung viel zu leicht gemacht. Als Kathleen ihnen von Pauls Affäre erzählte, riet Daniel ihr sofort zur Trennung. Er überwies ihr achttausend Dollar und sagte, sie könne mit den Kindern zu ihnen ziehen. Als sie das Angebot ablehnte, hatte er die Idee, sie solange sie wolle mietfrei im Sommerhaus wohnen zu lassen. Dass Alice die Reparatur der abgetretenen Fußböden für jenen Frühling schon in Auftrag gegeben hatte, war ja egal. Und gefragt hatte er sie auch nicht. Sie hätte natürlich darauf bestanden, dass Kathleen sich zusammenriss und sich einen Job suchte. Es konnte nicht gut sein, sich monatelang mit den Kindern und ihren tristen Gedanken im Haus zu verschanzen.
    Wenn Daniel sich nicht eingemischt hätte, hätte Kathleen Paul vielleicht doch verziehen und die Ehe nicht beendet. Paul Doyle war der perfekte Schwiegersohn: Er verehrte Alice. Das hatte Kathleen vielleicht am meisten an ihm gestört. Er war ein passabler Vater und versorgte seine Familie gut. Und er war unvergleichlich unterhaltsamer als die Typen von den Anonymen Alkoholikern, mit denen Kathleen später auftauchte.
    Der absurdeste Vorwurf von allen, die Kathleen ihr im Lauf der Jahre gemacht hatte, war ihre Idee, dass Alice auch an ihrer Trunksucht schuld sei. Kathleen sei Alkoholikerin

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