Sommer-Sahne. Zwölf schwule Erotikgeschichten. (German Edition)
Sehnsüchtig bewunderte Randy die unzähligen, weißen Segelboote, die an den Stegen vertäut lagen. Es gab sie in allen Größen und Preisklassen. Sie schaukelten auf den kleinen Wellen wie schlafende Seeschwalben. Ihre Namen ließen ihn von der großen, weiten Welt träumen: »Schöne von Rio« hieß ein Boot, ein anderes »Kleine Seejungfrau«. Die »Acapulco« lag neben der »Windsbraut« und die »Perle des Meeres« neben der »Diamantsonne«.
Randy setzte sich auf die knisternd heißen Bohlen eines Steges und baumelte mit den schlanken Beinen. Er saß eine ganze Weile dort und träumte vor sich hin. Obwohl er sehr helle Haut hatte, bekam er nie Sonnenbrand, sondern bräunte langsam, aber gleichmäßig. Die spanische Sonne hatte ganze Arbeit geleistet. Nur Po und Schwanz waren weiß geblieben, denn die Spanier mochten kein FKK.
Ein Schatten fiel auf sein Gesicht. Er sah auf.
Ein Typ stand vor ihm, vielleicht dreißig, vielleicht fünfunddreißig. Er war groß und schlank, hatte dunkles, schick geschnittenes Haar und eine Sonnenbrille auf. Er trug eine weiße, sehr gut sitzende Leinenhose und ein lässiges, halb offenes, weißes Leinenhemd. Fasziniert starrte Randy auf die haarfreie Brust, die aus dem Hemd kaffeebraun hervorleuchtete. Der Mann war wirklich gut gebräunt, er schien sich ständig im Freien aufzuhalten.
»Hallo, junger Mann!«, sagte der Fremde. »Kennen wir uns nicht?«
Randy musterte ihn noch einmal von unten herauf. »Nicht dass ich wüsste.« Jetzt fielen ihm die Hände auf, die schlank, aber kräftig wirkten.
»Ich dachte, ich hätte dich neulich in der Neptun-Bar gesehen.« Der Unbekannte lächelte. Dabei nahm er die Sonnenbrille ab. Seine dunklen Augen waren groß und schön, an den äußeren Winkeln leicht abwärts geschwungen. Randy ertappte sich dabei, dass er sich in die Augen verliebte. Aber nur in die Augen! In so einen alten Kerl würde er sich doch nie und nimmer verlieben!
»Neptun-Bar … ja, da bin ich manchmal«, schwindelte Randy schnell. Natürlich kannte er überhaupt keine Bar, weder hier noch zu Hause. Das Ganze war doch bloß eine uralte Anmache.
Der Typ ließ sich mit seiner weißen Hose neben ihm auf den harzigen Bohlen nieder.
»Ich bin Damian«, sagte er. »Wie heißt du?«
»Randy«, gab er einsilbig zurück.
»Bist du in Urlaub hier?«
Randy nickte. Damian sah eher aus wie ein typischer Südspanier, aber er sprach ganz normales Deutsch.
»Ich auch. Mit meinem Boot.« Damian machte eine unbestimmte Bewegung zum Wasser hin.
»Wie heißt denn dein Boot?«, fragte Randy. Er duzte den Typen auch. Der sollte sich mal nichts einbilden auf sein Alter und seine teuren Klamotten.
Damian lachte leicht. »Es heißt Paradisia, ein bisschen albern, aber ich war zu faul, es umzutaufen.«
»Paradisia! Warum haben Schiffe meistens Frauennamen?«
Damian zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich, weil viele Seeleute früher wenigstens eine Frau an Bord haben wollten.«
»Blöd!«, meinte Randy.
»Finde ich auch«, sagte Damian ruhig.
Randy kniff die Augen zusammen und musterte Damian noch einmal genau. Der steinalte Typ!, dachte er. Der kann sich mal die Zähne an mir ausbeißen! Dann fiel ihm die Nase von Damian auf, eine große, aber irgendwie toll wirkende Nase. Und die Lippen … auch groß, scharf geschnitten.
»Willst du dir mein Boot mal ansehen?«, erkundigte sich Damian.
Jetzt will er mit seinem alten Kahn angeben!, dachte Randy. Okay, wenn ihm dann wohler ist …
Sie gingen gemeinsam über den Steg zum Ufer zurück und immer an der Mole entlang, Richtung offenes Meer.
»Hier sind doch gar keine Boote mehr!« Randy wunderte sich.
Damian wies lässig auf eine große, luxuriöse, schneeweiße Segelyacht, die ein Stück weiter in tieferem Wasser am Kai vertäut lag. »Paradisia«, las Randy am Heck. Die Segel waren gerefft, die blanken Messingbeschläge schimmerten in der Sonne. Das war nicht eins von diesen sportlichen Booten, deren Rumpf wie eine weiße Schildkröte wirkt. Das war ein klassisches, nostalgisches Segelschiff.
»Ganz netter Kahn«, bemerkte Randy. Er wollte sich seine Bewunderung auf keinen Fall anmerken lassen.
Damian lotste ihn über ein schmales Fallreep an Deck. Die Planken waren aus dunklem Mahagoniholz, und die Masten wirkten auch irgendwie besonders elegant.
»Segelst du die ganz alleine?«, fragte Randy. Das Schiff hatte bestimmt mindestens zwanzig Meter Länge.
Damian schüttelte den Kopf. »Aber nein. Die Leute sind nur unter
Weitere Kostenlose Bücher