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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
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gehört zu haben.
    Stille. – Na, da hatte er sich wohl doch getäuscht?
    Doch nun öffnete sich die Tür. Theo drehte sich im Stuhl. Er versuchte auch aufzustehen, da allerdings, gab's gewisse Schwierigkeiten, irgendwo in den Knien, vielleicht auch beim Gleichgewichtssinn.
    Den Vecchia auf leeren Magen – dachte er noch und: Vielleicht hättest du doch vorher eine Wurstsemmel essen sollen?
    Christa.
    Und da stand sie nun.
    Theo schob die Brille höher.
    »Was machst du denn hier?«
    »Und du?«
    Christa blickte streng.
    Christa, in diesen hautengen Beinkleidern, in denen die Mädchen heutzutage herumrennen – wie heißen die noch?
    Ist ja egal.
    Dazu noch, als ob die langen Beine in den engen Dingern nicht reichten, eine Christa auf hohen Absätzen. Die waren grün, und Theo haßte sie, weil sie seine Tochter zu einer Art blau und grün leuchtender Säule werden ließen, an der Theo hochblicken mußte. Dies tat er auch und blickte in ein Paar gleichfalls grüne Augen, die bereits wieder verdächtig schwammen.
    ***
    Zwischen den schönen Brauen kräuselte sich ihr Nasenrücken. »Säufst du dir einen an, Papi? Am hellen Nachmittag?«
    »Ich saufe mir keinen an«, erwiderte er mit Würde. »Ich arbeite.«
    »Aha – und was?«
    »Ich entwerfe den Prospekt für die Villa.«
    Wortlos ging sie an ihm vorüber, beugte sich über den Tisch, schob mit den rotlackierten Nägeln seine Blätter, Aufschriften und Unterlagen durcheinander, immer noch schweigend, ohne Kommentar, so daß Theo sich vernachlässigt fühlte.
    »Hör mal, Christa. Was soll die Frage? Schließlich habe ich dir heute morgen beizubringen versucht, um was es geht.«
    Darauf reagierte sie nicht, schob weiter. Wahrscheinlich hatte sie gar nicht zugehört.
    Theos Beklommenheit wuchs.
    »Exklusive Stille«, sagte sie plötzlich in einem hohen, gequetschten, spöttischen Ton: »Was soll denn das?«
    »Na, lies doch, Sakrament!«
    »Aber wem willst du denn mit exklusiver Stille kommen? Glaubst du, es gibt heutzutage noch jemanden, der so was sucht?«
    »Es gibt immer mehr davon.«
    Sie nahm den Kugelschreiber und kritzelte etwas auf seinen Block.
    Dann kam sie vom Schreibtisch zurück, schob die Zeitungen und Magazine, die auf dem Sofa lagen, zur Seite und ließ sich nieder. Sie sah ihn nicht an. Sie sah ins Unbestimmte.
    »Wahnsinn, Theo!«
    »Was?«
    »Alles. Auch was du da willst. Also wenn man das nur ein bißchen überdenkt und der Grips noch funktioniert, also ins Blaue gesprochen bleibt's der pure Wahnsinn. Aber wieso eigentlich nicht? Vielleicht läßt sich doch was machen …«
    Sie sah weiter in die Ferne, lächelte, und die Augen tränten.
    »Nimm doch deine Dinger raus.«
    »Hab' ich schon. Soll ich sie dir zeigen? Sind in meiner Handtasche. Theo, diesmal heul' ich wirklich.«
    Theo kniff die Augen zusammen, um diese sonderbare, fremde und offensichtlich etwas verwirrte Tochter besser mustern zu können.
    »Und wieso?«
    »Wenn ich es wüßte …«
    Ganz unversehens sprang sie auf, legte ihre Hände auf seine Schultern, und dann kam von oben, von irgendwo ihre erstickte Stimme: »Theo, vielleicht spinn' ich. Wie soll ich das auch nicht bei einem solchen Vater? Theo, zehn Punkte für dich. Du, ich hab gekündigt. Fristlos … Ich komm' gerade vom Kündigen.«
    Theo, vor sich die flauschige, cremefarbene, angenehm duftende Wolle ihres Pullovers, versuchte zu verstehen, er konnte es nicht glauben, dann jedoch wurde er plötzlich, wie getragen von einer Woge überwältigenden Glücks, ganz andächtig: Christa, seine Christi …
    Er hatte ihr die Latte gelegt, sie war gesprungen – ach, Christi, sein Fleisch und Blut!
    Er spähte zum Schreibtisch. Was stand denn da, auf kariertem DIN-A-4, in Christas schwungvoller Schrift?
    »Sommer, Sonne, Ferienglück«, las Theo Schmidle.
    ***
    »Doa gugsch«, sagte der Haberer Paul.
    Theo schwieg beklommen. Das einzige, das ihn in der Druckerei Haberer an vergangene Zeiten erinnerte, war gnadenloses Neonlicht. Aber nicht einmal die Leuchtstäbe waren die alten geblieben. Die waren jetzt gestylt.
    Ach, früher … Wie hatte er den alten Fabrikbau hinter dem Markt geliebt, die mit Kalkfarbe weißgestrichenen Backsteinmauern, die ja nicht weiß bleiben konnten bei so viel Druckerschwärze. Und die Arbeiter, Metteure hießen die ja wohl, in ihren blauen oder grauen Mänteln, da standen sie dann vor braunen Holzkästen und schoben Bleibuchstaben hin und her. Ja, und all diese Maschinen, schweres, glänzendes

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