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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
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Tränen in die Augen. Auch das noch! Aber in diesem Gelände würde sie sich die Knöchel nicht verdrehen, und da weiter hochgehen, auf dieser graugrünen, moosbewachsenen Treppe, über die das Wasser herabschoß, nein, kam nicht in Frage.
    So blieb sie erst mal stehen, zog den rechten Absatz aus dem Kies, zerrte am linken.
    Gott sei Dank stand sie unter einer Buche, so daß der Regen sie nicht sofort bis auf die Haut durchnässen konnte. Sie stand und wartete, bis dieser Angeber von Avvocato heranstürzte, um sie zu stützen.
    Mit seiner Hilfe hatte sie schließlich zwei Sandaletten in der Hand. Und war somit auch erheblich kleiner geworden. – Na und?
    »Andiamo!« lachte er. »Auf!«
    Sie spurteten los, diese Wahnsinnstreppe hoch, die zu allem auch noch zwei Steinfiguren bewachten, Frauen, irgend so was Griechisches, zwei Damen jedenfalls, denen der Regen und das ganze grauenhafte Geplansche, das da von überall herunterkam, nun wirklich nichts ausmachte. Und weiter. Barfuß und naß rannte sie hinter ihm her.
    Ein Vordach wenigstens gab es. Gott sei Dank. Die Tür hatte er auch aufgebracht, und da grinste er sie nun aus einer düsteren Halle an, seine schöne Rohseidenjacke nichts als ein nasser Lumpen, die Krawatte hatte er auch heruntergezerrt, und aus den Haaren tropfte es ihm aufs Kinn.
    Sie selbst sah sicher nicht viel besser aus …
    Aber wo befanden sie sich? Groß und quadratisch war hier alles. Und duster, duster, sehr dunkel.
    Was über ihrem Kopf schimmerte, war wohl ein Kristall-Kronleuchter. Und das dunkle Gurgeln da draußen eine kaputte Regenrinne.
    Christas Füße wurden eiskalt. Sicher stand sie schon wieder auf Marmor.
    »Porco cane«, grummelte Michele d'Alessio.
    ›Porco cane‹ heißt auf deutsch soviel wie Schweinehund. Aber damit meinte er ja nicht sie, die Italiener verwenden ihr ›porco cane‹ nicht als Beleidigung, sondern als Fluch, so wie die Deutschen ›verdammt‹ oder ›elender Mist‹. Und da kam's auch schon: »So ein Scheißwetter!«
    Aus dem Dunkel zerrte er irgend etwas heran. »Da! Setz dich doch.«
    Ganz vorsichtig ließ sie sich nieder. Wie kalt und naß war doch die Rückseite ihrer Jeans.
    D'Alessio klapperte inzwischen irgendwo an der Wand, stieß Fensterläden auf, und nun, mit dem grauen, wäßrigen Licht, das in den Raum strömte, konnte Christa endlich Einzelheiten erkennen: Sie saß beziehungsweise klebte tatsächlich im Empfangsraum der Villa. Dunkle Eiche gab's, hinter dem Tresen die Postfächer, selbst die waren geschnitzt, die Decke gleichfalls Kassettenholz, der Boden wiederum wirkte wie ein Schachspiel, mal schwarz, mal weiß, alles kariert.
    Und dann die Möbel!
    Von Sesseln und Sofas war nichts zu sehen, die Sessel und Sofas steckten in weißen Schutzbezügen. Das machte den Eindruck, als würden sie Totenhemden tragen. Die Tische hatten Messingplatten. Und die Messingplatten waren grün, so hatte ihnen der Grünspan zugesetzt. Nach Grünspan roch's hier auch, es roch zumindest ziemlich mufflig.
    Christa hatte den Geruch vorausgerochen, damals schon, als ihr Vater ihr die ersten Fotos zeigte. Allerdings hatte sie einen Mottenkugelgeruch in der Nase und nicht dieses undefinierbare Gemisch von nasser Erde, altem Bohnerwachs, Moder und Vergänglichkeit …
    Der nasse D'Alessio raubte einem der Hallensessel das Leichenhemd und warf es ihr zu: »Wickel dich drin ein, Christina. So bist du wenigstens ein bißchen trocken.«
    Das Leichenhemd roch nach Staub.
    Auch er nahm sich so ein Ding und hing es sich um die nassen Schultern. Sie waren nun beide selbst zu Gespenstern geworden.
    Doch Michele streckte wie ein alter Römer den rechten Arm hoch und verkündete: »Die Saison ist eröffnet, Madame!«
    Sie fand das nicht so witzig, aber wie er so dastand, konnte sie einfach nichts anderes als lachen. Und er lachte mit.
    »Moment, da wäre noch etwas zu erledigen …«
    Er verschwand, und als er zurückkam, trug er ein Tablett, auf dem standen eine Flasche und zwei Gläser.
    Es war Cognac. Und unter allen Cognacsorten, die möglich waren, auch noch der ›Vecchia Romagna‹. Doch er wärmte ihren Magen.
    »Salute!« Michele hob das Glas. »Was man alles so erleben kann, nicht wahr? Willst du immer noch in der Villa übernachten? Kerzen finden sich sicher im Keller.«
    Christa biß die Zähne zusammen. Er fing schon wieder an. Er konnte es nicht lassen.
    »Was betrachten wir uns denn als erstes, Christina? Den Swimmingpool?«
    »Das Telefon. Und wenn's

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