Sommer, Sonne, Ferienglück
jefallen? Da war ick ja wohl vom Affen jebissen. Wie sehen Se denn det eijentlich? Der Karl Plaschek macht die Bude dicht, packt Bagage und Klamotten in die Karre, fährt von Mannheim tausend Kilometer oder wat weiß ick, wieviel dat waren, nimmt ja kein Ende so was, fährt übern Brenner, damit er am Ferienziel jesacht bekommt: April, April, Plaschek! Dat mit dem Urlaub war ja nischt als 'n kleener Scherz, wir sin nämlich am Renovieren. Nischt mit Erholung für den streßbeladenen Menschen von heute.«
Plaschek … Plaschek? Der Name kam Theo nun doch irgendwie bekannt vor. Und diese Wendung vom ›streßbeladenen Menschen‹ stand die nicht im Prospekt? Es wurde ihm sonderbar zumute: der Kerl hier, das Gebrüll, die Dame im grünen Flatterhemd, dazu noch ihr Nachwuchs dort drüben – nein, hier handelte es sich nun wirklich nicht um den typischen ›Villa-Caruso‹-Gast, der ihm vorschwebte, aber … Plaschek? War da nicht irgendwas mit Plaschek gewesen? Sollte tatsächlich eine Familie Plaschek gebucht haben?
Herrgott, wo steckte Christa? Und der ganze Papierkram lag oben in seinem Zimmer.
Aber schließlich: Heute war der fünfte und nicht der fünfzehnte!
»Muß ein Mißverständnis sein, Herr Plaschek.«
»Wird ja immer schöner! Na, dann bringen Se dat mal jefälligst meinen Kindern bei, dat mit dem Mißverständnis. Die fallen schier um vor Kohldampf. Die werden sich freun. De janze Nacht durchjefahren, und jetzt kommen Sie mit Mißverständnis.«
»In Collano gibt's einige ausgezeichnete Restaurants, Herr Plaschek.«
»Restaurants? Wir haben Vollpension gebucht! Und essen bei den Itakern hier? – Soll ick Ihnen wat erzählen: Da ham wir 'nen Stop einjelecht, oben in Bolzano oder so wat, war noch nich mal 'n Restaurant, nur 'ne Bar, da ham die uns tatsächlich so 'n paar dreieckige Dinger uff 'n Tisch jeplatscht, Brot, dünn wie Papier, und drin irjendwas Gestrichenes, aber das konnteste mit dem Mikroskop suchen. Un soll ick Ihnen sagen, was die dafür verlangt haben?!«
»Herr Plaschek …«
»Nix, Herr Plaschek! Die Jören brauchen wat zum Futtern. Und dann werden wir ja sehen …«
Was zum Futtern? – So überraschend, so unerwartet sah sich Theo dem Plaschek-Überfall ausgeliefert, daß er alle Grundregeln der Branche vergaß, dabei kannte er sie doch, hatte sie in jeder kniffligen Situation mit lockerer Souveränität befolgt und sich dabei Dutzende Male aus der Tinte gezogen …
Stopf ihnen das Maul!
So lautet eine der wichtigsten der goldenen Regeln. Sein Vater hatte sie ihm bereits genannt: »Stopf ihnen das Maul, irgendwas findet sich schließlich immer. Denn wenn sie am Kauen sind, sind sie erst mal beschäftigt.«
Theo holte Luft: »Richtig, Herr Plaschek. Erst mal die Kleinen, die Armen … Nach einer so langen Fahrt … Wie ist das, haben Sie eine gute Reise gehabt?«
»Also det soll ja nun wirklich nich Ihr Problem sein, Herr …«
»Schmidle. Theo Schmidle.«
Hinter sich das Stapfen der Familie Plaschek, im Kopf noch immer das rasende Karussell verzweifelter Fragen, erreichte Theo über die Treppe die Empfangshalle.
Was jetzt?
Es gab doch irgendwo Brot und Käse und Salami? Die Kleine von dem Bauernhof, vom Borgo di Mirtillo, hatte doch einen ganzen Korb angeschleppt? Und die Butter – nicht in der Küche, in der kennt sich ja kein Schwein aus, aber Moment … stimmt, in der Anrichte, da steht noch ein Eisschrank.
Christa, wie kann dich Christa derartig sitzenlassen?
»Herr Schmidle!«
Theo drehte sich um. Gerade durchquerten sie den goldenen Saal. Hier hatte einst Carusos Flügel gestanden – wer hatte das noch behauptet? Ach ja, dieser Mensch vom Hotelverband. Und deshalb hatte Theo schon daran gedacht, daß man dort in der Ecke, wenn sich schon kein Flügel auftreiben ließ, kosteten ja ein Heidengeld, diese Dinger, vielleicht eine Art Gedenktafel anbringen konnte. Aus Bronze. Oder zumindest ein Hinweisschild … Jetzt allerdings hatte er andere Sorgen.
»He, warten Se doch mal.«
»Ja, bitte?«
»Pfusch.«
»Was Pfusch?«
»Allet!«
Plaschek hatte den Arm erhoben und deutete zur Decke. Gestern hatte dort einer von Marcos Leuten herumgewerkelt, um Platz für das neue Hauptauffangrohr der Badezimmerabflüsse zu schaffen.
»Det jeht schief, Herr Schmidle. Rundrum schief. Da muß 'n neuer Unterzug rein. Der alte is im Eimer. Schwamm drin … Ja, sehen Se das nich, Mann?«
»Nein.«
»Ich aber. Am besten war 'ne Spannbetondecke.«
»Eine
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