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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
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dem Rücken, die Augen geschlossen und die Arme ausgebreitet wie ein Gekreuzigter.
    »Lieber Michele …« Sie flüsterte es, doch was half es? Aber da öffnete er die Augen. Er starrte sie an. Erkannte er sie überhaupt?
    »Ich kann nichts dafür, wirklich nicht, Michele … Ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte. O Gott …«
    Die Lider fielen wieder zu.
    Sie mußte eingreifen, handeln, und zwar sofort. Künstliche Beatmung natürlich, Wiederbelebung durch künstliche Beatmung, ›Mund zu Mund‹ heißt das, zuerst aber …
    Zuerst drückte sie ihm mal kräftig beide Hände auf den Magen.
    Das ließ ihn die Augen wieder aufreißen, weiter, viel weiter als zuvor. Nun beugte sie sich über ihn, preßte die Lippen auf die seinen – im Notfall Kiefer mit Daumen und Zeigefinger spreizen – aber das mußte sie Gott sei Dank nicht, sein Mund öffnete sich, und dann …
    Ja, dann hatte sie seine Hände im Rücken, und die Lippen, diese verdammten Michele-Lippen, wollten mehr als nur atmen, sehr viel mehr wollten sie, und los ließ er sie auch nicht. Die Hände, die sich in ihren Rücken klammerten, hielten sie fest. Da lag sie nun in nassen Jeans und nassem Hemd, flach wie eine Flunder, auf Michele d'Alessio und mußte erkennen, daß sie das Opfer eines Anschlags geworden war, eines ganz miesen, billigen kleinen Tricks: Der hat dich verladen, der blöde Hund, und wie! Und du bist auch noch darauf hereingefallen …
    Schließlich ließ er sie doch los.
    Er atmete nicht nur wieder, er prustete sich halbtot. Und die Augen blitzten von Triumph.
    »Du hältst das alles wohl für furchtbar komisch, was?«
    »Wieso denn? Küssen halte ich nie für komisch.«
    »Und du nennst das küssen?«
    »Ja nun, der Kuß des Jahrhunderts war's noch nicht, aber, den Umständen entsprechend, besser als gar nichts.« Er richtete sich auf und fiepte: »Lieber Michele … mein lieber Michele …«
    »Du bist ja so gemein!«
    »Wieso? Ich zitiere nur. Wer hat das denn gesagt? Du doch!«
    Sie hätte ihm eine runterhauen mögen. Aber sie tat's dann doch nicht. Sie stand auf.
    »Christa!«
    »Ja?«
    »Wir können's doch noch mal probieren …«
    »Das würde dir so passen!«
    »Christa, zieh dir jetzt wenigstens endlich den Bikini an. Klatschnaß bist du.«
    Gut, was blieb ihr schon übrig, als in den Bikini von Tante Fiorella zu steigen?
    Der war ja nun wirklich ein Ding: schimmerte wie das pure Gold, paßte und war, dazu noch für eine Tante, und das mußte ja wohl eine ›ältere Dame‹ heißen, geradezu verwegen frech geschnitten.
    Das fand auch Michele: »Che meraviglia! Du siehst ja unglaublich aus! Komm, setz dich. Ich hol' uns noch mal einen Pinot grigio …«
    Das tat er, sie tranken, und sosehr sie sich auch wehrte, gegen sein Kichern half nichts, war ja auch zu komisch, so kicherte sie mit.
    »Einmal noch, Christina. – Freiwillig …«
    Er blickte zu ihr auf, blickte aus träumerischem Blau, durch wölkt von Zärtlichkeit.
    Und da tat sie es, freiwillig und kurz, war nun mal zu süß, wie er sie so anstierte.
    »Noch mal.«
    Christa schüttelte entschlossen die schwarze Mähne.
    »Du weinst ja?«
    »Ich weine nicht, Himmelherrgott, das sind meine …« Die Kontaktlinsen verschwieg sie, so eitel war sie nun doch.
    »Christa …«
    »Ja?«
    Fingergekrabbel, gut, die Hand konnte er haben. »Christa, warum bist du bloß so schwierig?«
    Sie nickte mit jener Bestimmtheit, die Grenzen zog, und die mußten nun gezogen werden. Lange Diskussionen haßte sie sowieso.
    »Es gibt ein ›Warum‹, Michele, wenn's dir darum geht. Bei uns in Deutschland sagt man, ein gebranntes Kind scheut das Feuer. Ich hab' gerade eine Ehe hinter mir und nicht die geringste Lust, gleich auf den nächsten Typ hereinzufallen, auch wenn er so nett sein kann wie ein Michele d'Alessio.«
    »Immerhin: nett …«, grinste er. »Vorhin hast du sogar ›lieber Michele‹ gesagt. Du machst Fortschritte, Christa.«
    »Du arrogantes Biest!«
    Sie zerrte ihn an den Haaren und küßte ihn nun doch noch mal – aber nur auf die Stirn …
    ***
    Die einen sagen ›Brille‹, die anderen reden von Gesichtswinkel, Perspektive, Standpunkt. Fest steht: Man kann Menschen, die in eine gemeinsame Situation verwickelt sind, auf die verschiedenste Weise betrachten.
    Zum Beispiel Karl Plaschek. Mit der ganzen Familie war er in eine Lage geraten, die man zu Recht als ›stressig‹ bezeichnen könnte …
    Karl Plascheks Standpunkt war schlicht. Er sah sich im

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