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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
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sie weiterführen sollte, was änderte es schon? Eines Tages würde sie wie Phönix aus der Asche zu neuem Leben erwachen. Bene. Aber ausgerechnet einer von jenseits der Berge, zu allem auch noch ein ›tedesco‹, sollte das bewirken? Das mochte, das konnte in Collano keiner auch nur im Traum annehmen …
    ***
    Die schwere, vornehm-anthrazitgraue Mercedeslimousine schien es auf dieser Reise nicht eilig zu haben. Auf der Autobahn, dann während der Auffahrt zum Brenner, wurden ihr noch hundert Stundenkilometer gegönnt, nun, kaum über dem Paß, rollte sie nur noch gemächlich im Schneckentempo.
    »Nun gucken Sie sich das an«, sagte die alte Dame auf dem rechten der beiden Vordersitze. Sie trug ein schokoladenfarbenes Seidentuch, eine bequeme, gleichfalls braune Jacke und einen noch bequemeren kakaofarbenen Rock. Bei all den Fältchen, den lustigen um die Augen, den energischen an Kinn und Mund, war sie nun wirklich eine alte Dame, aber als sie sich aus ihrem Sitz nach vorne beugte, war der Blick so aufmerksam wie der eines ganz jungen Menschen.
    »Ist das was oder ist das nichts, Hans?«
    Der Mann am Steuer nickte.
    Und dann sagte er: »Wow!«
    »Wie bitte?«
    »Oh, nichts, Frau Pauli. Halt auch so ein Ausdruck …«
    Aber es war ›wow‹!
    Wenigstens für den Dr. Hans-Dieter Schürmann.
    In seiner Studentenzeit, als er noch in Göttingen studierte, hatte ihm sein Vater eine Reise nach Norwegen bezahlt, und dieses sonderbare Italien, das sich ihm bot, erschien ihm wie Norwegen, ein norwegischer Fjord unter italienischer Sonne: schwarzblaue Abgründe, glatte, schwarze, abweisende Bergwände, die von den Gipfelhöhen senkrecht abwärts fielen – wohin? Zu einem gewaltigen See. Es war nicht die Größe, es war nicht die Form, es war die Farbe des Wassers, ein fast unerträgliches, tiefes, sattes Schwarz-Blau.
    Hier aber wuchs Wein, sah man bereits Zitronen, Kakibäume und sogar Palmen und dann, an den Hängen, dort wo sie sanft wurden, schön von Mäuerchen eingefaßt, Weinberge. Die Ortsnamen, die sie lasen, klangen wie Musik: Arco und Cascate, Limone und Lignale …
    Ab Lignale wichen die Berge zurück, Feigenbäume erhoben sich über Fischerhäuschen, und man konnte schon das eine oder andere Segelboot und viele, viele weiße Motorflitzer ausmachen. Ihre Heckwellen zogen weiße Striche und Bögen in das Blau.
    »Hans, haben Sie eigentlich einen Smoking bei sich?«
    »Einen Smoking?«
    Dr. Schürmann hatte sich an sonderbare Fragen gewöhnt, schließlich war er Arzt, und was den besonderen Patienten – Hedwig Pauli – anging, mußte er Fragen ohnehin ertragen: Schließlich betreute er als Betriebsarzt die Pauli-Verwaltung und die Belegschaft des Stammwerkes, so wußte er aus Erfahrung, daß sich hinter ihrer Neugier meist ein Pferdefuß verbarg.
    »Braucht man aber, einen Smoking.«
    »Gibt's in Collano ein Kasino? Und außerdem, selbst ins Kasino kann man heute im dunklen Anzug. Oder ist das Hotel derartig vornehm?«
    »Früher schon. Aber nicht gerade smokingmäßig. Aber man kann ja nie wissen, nicht wahr? Ich jedenfalls habe mein Abendkleid eingepackt.«
    »Da wären wir aber ein hübsches Paar …«
    Er hupte, und das ziemlich energisch, denn das Rudel popfarbener Radfahrer versperrte ihm schon seit einem Kilometer die Straße.
    »Sind Sie nervös, Hans?«
    »Ich? Wieso?«
    »Ich aber.«
    Und das war Hedwig Pauli wirklich. Sie spürte so ein Zittern, mal am Rücken, mal im Magen, mal am Hals, eine Art Wanderzittern.
    »Ist das schön …«
    So weit sie die Augen auch öffnete, sooft sie den Kopf drehte, soviel sie auch an Landschaft einströmen ließ, es war einfach nicht zu bewältigen. Und immer noch ging es abwärts. In Serpentinen …
    »Hören Sie mal, Hans, bei der nächsten Raststätte halten Sie an.«
    Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie diesen langen, dunkelblonden, netten jungen Herrn ›Herr Doktor‹ titulierte und er strikt bei ›gnädige Frau‹ blieb. Über den ›Zucker‹ kam man sich schließlich näher, den Vorteil hat es, wenn einer ständig Blut abzapft und neue Spritzen setzt, um wieder irgendwas reinzupumpen. Sehr sonderbar – manchmal spielte dieser junge, nette Lümmel bei ihr den Papa und dann sie wiederum bei ihm die Mama, je nach Situation.
    Jetzt zum Beispiel war er Papa. – Die Sache mit dem Smoking ließ ihn nicht ruhen.
    »Ja, wieso denn Smoking und Abendkleid? Bekommen Sie denn das Bundesverdienstkreuz nachgeschickt?«
    »Hab' ich doch schon.«
    »Na gut,

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