Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens
ein Dutzend Jahre vergangen war, konnte er sich immer noch daran erinnern, wie es sich anfühlte, schnell wie der Wind zu laufen und jeden Sport zu meistern, den er anging.
All das war jedoch Vergangenheit. George versuchte, es keine Rolle mehr spielen zu lassen. Doch wenn er sich einer körperlichen Herausforderung gegenübersah, wurde er unweigerlich von Bedauern übermannt. Er zog sich von allem zurück, das der Welt seine Schwäche offenbaren könnte. Die Schwimmtherapie und die Übungen, die ihn aus dem Rollstuhl hinausbekommen hatten, konnten auch keine endlosen Wunder vollbringen. Er war dankbar, dass er die Fähigkeit wiedererlangt hatte, gehen zu können. Er wünschte nur, er könnte aufhören, sich nach mehr zu sehnen.
Natürlich war es nicht gerade hilfreich, einen Bruder zu haben, der ein Naturtalent und in jedem Sport erfolgreich war, den er anging. Charles gab niemals mit seinem Können an, aber er versteckte es auch nicht. Er liebte Sport und Herausforderungenviel zu sehr, um vorzugeben, nicht gut in ihnen zu sein.
Am Ende des Matches hob Charles einfach die Siegerfaust und schüttelte danach seinem Gegner die Hand. Sie bemerkten George, der an der Seitenlinie stand, und Charles winkte ihn herüber.
„Hey, großer Bruder! Ich habe gerade ein Spiel beendet. Du hättest sehen sollen, wie ich diesem Kerl eine Lektion erteilt habe.“
„Nächstes Mal krieg ich dich“, schwor Samuel. „Ich muss los, treffe mich mit meiner Verlobten zum Dinner. Gwen mag es nicht, wenn ich zu spät bin.“
George spürte Samuels Stolz auf seinen neuen Status als zukünftiger Bräutigam. Er hatte seiner Liebsten vor einigen Wochen einen Antrag gemacht und schwebte seitdem wie auf Wolken.
Charles schlang sich ein Handtuch um den Hals und setzte sich in den Schatten. Er trank einen Schluck aus seiner Feldflasche und bot sie dann George an, der dankend ablehnte.
„Hey, Sam hat mich gebeten, sein Trauzeuge zu sein. Wie findest du das?“, fragte Charles.
„Großartig. Scheint, als ob die Jungs jetzt reihenweise heiraten.“
„Ja, scheint so.“ Charles drehte seinen Schläger in den Händen.
„Ich schätze, wir Bellamys sind Spätzünder, was Mädchen anbelangt“, sagte George. „Oder gibt es etwas, das du mir nicht erzählst?“ Er wollte den Klatsch nicht wiederholen, musste aber herausfinden, ob an den Gerüchten etwas Wahres dran war.
„Tja, wo du es gerade ansprichst.“ Charles schaute ein wenig verlegen. „Da gibt es etwas, das ich dir erzählen wollte. Ich wollte, dass du es als Erster erfährst.“
George wusste es bereits. In einem Teil seines Kopfes hatte sich die Neuigkeit schon eingenistet. Nach einer offiziellenBestätigung zu fragen war nur eine Formalität. Er saß ganz steif da und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Immer raus damit!“
„Ich habe ein Mädchen.“ Charles lächelte. „Das wundervollste Mädchen der Welt, und ich werde sie bitten, meine Frau zu werden.“
Nein, dachte George. Sag das nicht.
„Es ist Jane Gordon.“ Charles wurde rot und grinste.
Georges Herz schlug auf dem Asphalt auf. Seine Handflächen wurden feucht und sein Mund total trocken.
Charles schien es jedoch nicht zu bemerken. „Weißt du noch, letzten Sommer im Camp Kioga habe ich angefangen, mich in sie zu verlieben. Sie lebt jetzt in New Haven.“
Das wusste George. „Ich habe gehört, sie geht irgendeiner häuslichen Arbeit nach“, sagte er stumpf.
„Sie ist Haushälterin beim Hochschulleiter. Ich kann es gar nicht erwarten, dass du sie neu kennenlernst, jetzt, wo wir alle erwachsen sind. Sie ist fabelhaft, so wie sie es seit unserer Kindheit schon immer war. Es ist nur natürlich, dass wir uns ineinander verliebt haben.“
George schüttelte den Kopf. Das klang wie eine Katastrophe mit Ansage. „Das wird nicht funktionieren, Charles. Ich weiß, sie ist …“ Ein Engel, dachte er. Ein Traum aus Fleisch und Blut. „… ein nettes Mädchen. Aber es wird niemals gut gehen.“
Es gab ein leichtes Zögern, nur einen Herzschlag lang, aber doch lang genug für George, um zu erkennen, dass Charles nicht so naiv war, wie er gedacht hatte. „Wir werden dafür sorgen, dass es gut geht.“
„Mutter und Vater werden niemals damit einverstanden sein.“
„Sie werden sich an die Vorstellung gewöhnen. Ich schwöre, sie müssen sie nur richtig kennenlernen, dann werden sie sie genauso sehr lieben wie ich.“
„Du machst dir was vor! Wir sprechen hier über unsere Eltern.Eher enterben
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