Sommer unter dem Maulbeerbaum
Bailey geschlagen. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie alle drei das Zeug dazu hatten, die Firma zu führen, wenn sie erst einmal gegründet war, doch sie auf die Beine zu stellen, das war eine Nummer zu groß für sie. Zum einen konnten sie sich nicht einmal auf einen Namen einigen. Und wo sollten sie genügend Geld herbekommen, wenn sie erst so weit waren?
Bailey machte sich eine Tasse Tee, nahm Papier und Bleistift mit nach draußen und versuchte, sich ein paar Ideen für einen Namen und ein Firmenlogo einfallen zu lassen. Doch sie war irgendwie matt gesetzt. Nach einer Stunde ging sie ins Haus zurück, und aus einem Impuls heraus griff sie nach dem schnurlosen Telefon und ihrem Adressbuch. Sie nahm beides mit hinaus und gab eine Nummer ein.
Carol Waterman ging gleich beim ersten Läuten an den Apparat. Bailey brauchte bloß ihren Namen zu nennen, und die Worte sprudelten nur so aus Carols Mund. -Ich dachte, Sie wären vielleicht Phillip. Er ist jetzt kaum noch zu Hause - die Kinder und ich haben ihn seit einem Monat schon nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er möchte nicht mehr für die beiden arbeiten und das hat er ihnen auch schon zweimal gesagt. Aber als Antwort haben sie ihm nur
noch mehr Geld gegeben - so viel Geld, dass Phillip jedes Mal einwilligt, noch etwas zu bleiben. Phillip will mir nicht verraten, was die beiden im Schilde führen, aber nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, ist es nichts Gutes.«
Während Bailey zuhörte, kritzelte sie auf ihrem Block herum. Vor ihr stand der Maulbeerbaum und gedankenverloren zeichnete sie die Zweige des alten Giganten nach. Sie konnte beim besten Willen kein Mitgefühl für Carol aufbringen. Was hatten die beiden denn erwartet, als Phillip einen Job bei Atlanta und Ray annahm? Dass ein Milliardenerbe aus ihnen nette Menschen machen würde?
»Was Sie im Grunde sagen, ist doch, dass Sie viel freie Zeit haben und Zugang zu jeder Menge Geld.«
Carol zögerte. »Ich schätze, so ist es«, sagte sie vorsichtig. »Was haben Sie denn im Sinn?«
»Ich habe mir überlegt, ob Sie Interesse hätten, sich an einer Firma zu beteiligen, die ich zusammen mit ein paar Freundinnen aufziehe.«
»Was für eine Art von Firma?«, wollte Carol wissen.
»Es ist ...« Bailey sah auf die Skizze auf ihrem Block. »Zurzeit arbeiten wir am Vorher und Nachher. Es ist ein Zweig der ... der Maulbeerbaum Gourmet-Küche.«
»Ich werde doch nichts kochen müssen, oder?«
»Nein, das ist meine Aufgabe.«
»Ich verstehe«, entgegnete Carol mit eisiger Stimme. »Was wollen Sie also sonst noch von mir, außer, dass ich Ihnen und Ihren Freunden Geld gebe?«
Bailey wusste nur zu gut, wie Carol sich jetzt fühlte. Als sie anfangs mit Jimmy verheiratet gewesen war, hatten ihr alle möglichen Leute alles Mögliche angeboten, doch schon bald fand sie heraus, dass sie nur auf sein Geld aus waren. »Wie wär’s mit Marketing?«, schlug Bailey spontan vor. »Werbung. Glauben Sie, Sie könnten auf diesem Gebiet etwas zu Wege bringen?« Sie, Patsy und Janice konnten es weiß Gott nicht!
Carol schwieg so lange, dass Bailey schon dachte, sie würde jeden Augenblick auflegen. »Bevor ich Phillip geheiratet habe, habe ich eine Ausbildung als Schauspielerin gemacht.«
Bailey hätte fast gesagt: Was soll uns das denn nützen?, tat es dann aber doch nicht. Sie konnte es sich nicht leisten, Carol zu verprellen, eine Frau mit Zugriff auf Geld. »Vielleicht könnten Sie ja ... Sie könnten ... die Hauptdarstellerin in unserer Fernsehwerbung werden. «
>>Großartig! Wie ist die Handlung?«
»Wir arbeiten noch daran und natürlich könnten wir Ihre Ideen gut gebrauchen.«
»Sie haben überhaupt noch nichts geschrieben, richtig?«
Bailey musste lachen und dabei schwand die Anspannung aus ihrem Körper. »Kein einziges Wort. Ich kann kochen, Patsy kann eine Fabrik führen und Janice ist der Finanzverwalter. Aber wir drei sind aufgeschmissen, wenn es darum geht, die Menschheit wissen zu lassen, dass wir einen Haufen Marmeladen und Gelees anzubieten haben. Meinen Sie, Sie könnten uns da behilflich sein?«
»Vielleicht«, sagte Carol langsam. »Wenn ich zwischen zwei Frisör- und Manikürterminen die Zeit dafür finde. Sie wissen ja, wie das ist.«
»Nur zu gut«, bestätigte Bailey und bemühte sich, die Begeisterung aus ihrer Stimme zu halten. Sie hatte Carol in der Hoffnung angerufen, Geld von ihr zu bekommen, doch schauspielerische Begabung war noch besser. »Vielleicht könnten Sie ...«
«...
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