Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
war ich viel zu sehr mit meinem eigenen Leben beschäftigt, um etwas anderes zu tun, als >Bastard' zu brummen und die Kiste in das oberste Fach meines Kleiderschranks zu schieben. Später, als bei der Scheidung alles aufgeteilt wurde, fand ich sie dann wieder und warf sie in meinen Koffer.«
    »Einen Koffer, den du gepackt hattest, um heim nach Calburn zu fahren.«
    »Ja. Ich glaube, ich hatte im Sinn, dass ich irgendwie herausfinden musste, wie es weitergehen sollte. Calburn, mein Zuhause, war der Ort, an dem ich das tun musste.«
    »Und hast du schon etwas herausgefunden?«, erkundigte sich Bailey leise.
    »Die Wahrheit ist, dass ich gerne wissen würde, was mit meinem Vater passiert ist. Ich bin aufgewachsen mit einem tiefen Hass auf ihn und mit der Gewissheit, dass ich nie getan hätte, was er getan hat. Doch jetzt bin ich älter geworden und habe eingesehen, dass der Mensch nicht nur von seinem Verstand gesteuert wird.«
    »Genau», pflichtete Bailey ihm bei. »Der Mensch wird von seinen Gefühlen gesteuert. Seine Gefühle können ihn zu den erstaunlichsten Dingen veranlassen.«
    »Sprichst du aus Erfahrung?«, wollte Matt wissen, und seine Augen funkelten. Offensichtlich war er bemüht, die Stimmung zu heben. »Was hältst du davon, wenn wir jetzt ins Kino gehen? Wie wär’s, wenn wir zur Abwechslungen einmal etwas ganz Normales tun?«
    »Das klingt gut«, erwiderte Bailey und sah zu, wie Matt die Fotos wieder in den Karton legte. Als er die Zwischenblätter herausnahm, um sie glatt zu streichen, fiel eins von ihnen auf den Boden, und Bailey bückte sich, um es aufzuheben. Er hatte ihr nicht alle Fotos in dem Karton gezeigt, und sie fragte sich, warum wohl. Hatte er auch Geheimnisse, genau wie sie?
    Das Foto, das sie aufhob, zeigte zwei Teenager, einen Jungen und ein Mädchen. Beide waren pummelig und blickten verdrießlich drein. Sie trugen schlecht sitzende Kleidung und hatten eine ungesunde Gesichtsfarbe. »Freunde von deinem Dad?», fragte Bailey und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der gepflegte Klassensprecher Kyle Longacre mit diesen beiden befreundet gewesen sein sollte.
    »Nein, das sind ...«, begann Matt, brach dann aber ab, als Bailey das Foto nicht wieder hergeben wollte.
    Ganz langsam und mit einem Gesicht so weiß wie Wand hinter ihr, hielt sie das Bild näher ans Licht. »Wer sind diese beiden?«, fragte sie, und ihre Stimme war nur ein heiseres Flüstern.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Matt. »Das Foto lag bei denen, die ich im Müll gefunden habe. Weißt du, wer das ist?«
    »Nein«, erwiderte Bailey und dann vehementer: »Nein, natürlich nicht. Wie sollte ich jemanden auf deinen Fotos kennen?« Doch die Art, wie Matt sie ansah, gab ihr zu verstehen, dass er ihr nicht glaubte. Bailey stieß ein Lachen aus, von dem sie hoffte, dass es unbekümmert und heiter klang. »Sie haben mich nur an ein Paar wahrhaft grässlicher Leute erinnert, die ich einmal gekannt habe«, sagte sie. »Für einen Moment hat das bei mir eine Gänsehaut ausgelöst.«
    »Möchtest du mir von ihnen erzählen?«, erkundigte sich Matt sanft.
    »Sie sind nicht von Interesse«, gab sie hastig zur Antwort, dann erhob sie sich. »Weißt du was, ich werde bei diesem Film wohl lieber passen, wenn’s dir nichts ausmacht. Ich glaube, ich bin zu müde; ich würde jetzt gern ins Bett gehen und noch eine Weile lesen. Also dann, gute Nacht«, fügte sie hinzu, bevor er noch etwas erwidern konnte. Dann flüchtete sie in die Abgeschiedenheit ihres Schlafzimmers. Dort schloss sie die Tür und lehnte sich dagegen.
    Die Teenager auf dem Foto waren Atlanta und Ray, und sie standen vor dem Haus, das Jimmy ihr vermacht hatte, dem Haus, in dem sie sich gerade befand.

15. KAPITEL
    Sobald sie in ihrem Schlafzimmer war, nahm Bailey ihr Adressbuch zur Hand und suchte Phillips Nummern heraus. Vielleicht sollte sie ihn anrufen und ihm sagen, was sie soeben gesehen hatte. Vielleicht war es ja von besonderer Bedeutung, dass sie ein Foto von Jimmys Geschwistern vor dem Haus zu Gesicht bekommen hatte, das Jimmy ihr hinterlassen hatte.
    Doch Bailey legte das Adressbuch wieder hin. Sie hatte doch die ganze Zeit über gewusst, dass dieses Haus Jimmy gehörte, oder nicht? Und wenn er hier aufgewachsen war, dann auch seine Geschwister. Und schließlich war ja auch nichts Ungewöhnliches daran, dass jemand in einer Kleinstadt Fotos von anderen Bürgern dieser Stadt besaß.
    Während sie ihre Kommode

Weitere Kostenlose Bücher