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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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aufzog und ihr Nachthemd herausnahm, sagte sie sich, es wäre das Beste, wenn sie sich einfach aus all dem heraushielt, was vor langer Zeit geschehen war - was immer das gewesen sein mochte. Sie hatte ja gesehen, wie Janice heute reagiert hatte, und auch, wie Matts Hand gezittert hatte, als er ihr Fotos von seinem Vater zeigte. Alle würden sich nur noch schlechter fühlen, wenn sie anfing, Fragen über die Vergangenheit zu stellen. »Wer sind diese dicken, mürrischen Teenager, und was hat ihr Foto zwischen Bildern von den Goldenen Sechs zu suchen?«, konnte sie schlecht fragen.
    Wenn sie Janice schon mit einer einzigen Bemerkung auf die Palme bringen konnte, was würde sie dann erst tun, wenn sie Hunderte von Fragen stellte?
    Sie legte ihr Adressbuch wieder in ihre Nachttischschublade und steuerte auf die Dusche zu. Alles in allem wäre es besser, wenn sie sich voll und ganz auf die Firma konzentrierte, die sie mit Patsy und Janice gründen wollte.
    Nachdem sie diese Entscheidung getroffen hatte, fühlte sie sich schon besser. Sie drehte das Wasser auf, dann sah sie, wie Scheinwerferlicht auf die Bäume neben ihrem Badezimmerfenster fiel. Es sah ganz so aus, als hätte Matt beschlossen, allein ins Kino zu gehen.
    Ohne lange darüber nachzudenken, was sie da tat, drehte Bailey das Wasser wieder ab, zog ihren weiten Frotteebademantel über und verließ ihr Schlafzimmer. Im Haus herrschte diese Leere, die immer da war, wenn Matt es nicht mit seiner Gegenwart erfüllte. »Matt?«, rief sie, bekam aber keine Antwort.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie leise den kurzen Flur zu seinem Schlafzimmer hinunterging. Die Tür war nur angelehnt. »Matt?«, rief sie noch einmal, dann legte sie die Hand auf die Klinke. Sollte er auftauchen, werde ich sagen, dass ich ... Sie dachte angestrengt nach, kam aber auf keinen triftigen Grund für ihre Herumschnüffelei, der sie selbst befriedigt hätte, von Matt ganz zu schweigen.
    Auf seinem Bett, das, wie ihr auffiel, ordentlich gemacht war, stand der Schuhkarton mit den Fotos. Bailey dachte gar nicht erst nach; sie setzte sich einfach auf den Bettrand, schaltete die Lampe ein und nahm den Deckel ab.
    Es waren drei Fotos dabei, die Matt ihr nicht ge-zeigt hatte. Auf dem einen waren ein noch sehr junger Matt und sein Bruder Rick, beide in Schlafanzügen, vor einem Weihnachtsbaum zu sehen, umgeben von geöffneten Geschenken. Auf dem Boden saß sein Vater und blickte mit Augen voller Liebe auf seinen ältesten Sohn.
    Bei dem Foto hätte Bailey, die ja wusste, was später geschah, am liebsten geweint.
    Das zweite Bild zeigte einen etwas älteren Matt auf dem Schoß seines Vaters hinter dem Steuer eines Autos. Bailey sah auf der Rückseite nach. Das Foto war auf Juli 1968 datiert. In weniger als zwei Monaten würde dieser Mann für immer seine Familie im Stich lassen.
    Bailey schüttelte den Kopf und legte das Bild wieder weg. Dann nahm sie das mit den beiden Teenagern zur Hand. Sie hielt es gegen das Licht und betrachtete es lange. Es bestand kein Zweifel: Das waren Atlanta und Ray. Und ebenso wenig konnte es einen Zweifel geben, dass es sich bei dem Haus im Hintergrund um dasjenige handelte, das Jimmy ihr hinterlassen hatte.
    Finde die Wahrheit heraus über das, was geschehen ist, ja, Sprösschen?, hatte Jimmy sie gebeten. Die Wahrheit worüber? Über Atlanta und Ray? Standen sie in irgendeiner Beziehung zu den Goldenen Sechs? Lag ihr Bild deswegen zwischen Fotos von Matts Familie? Matt behauptete, er wisse nicht, wer sie seien, oder wie ihr Bild dahin kam. Also war es möglicherweise nur ein Zufall oder ein Versehen. Matts Mutter hatte vielleicht ganz viele Bilder fortgeworfen, aber Matt hatte nur die von seinem Vater gerettet.
    Bailey drehte das Bild um. Auf die Rückseite war schwach mit Bleistift ein Datum geschrieben. Sie drehte das Foto hin und her, doch alles, was sie aus-
    machen konnte, war 196-, Die letzte Ziffer konnte sie nicht erkennen.
    Langsam legte sie die Fotos wieder genau so zurück, wie sie sie vorgefunden hatte, dann stand sie auf und strich die Bettdecke glatt. Sie wollte vermeiden, dass Matt von ihrer Schnüffelei erfuhr.
    Sie ging zurück in ihr eigenes Schlafzimmer und nahm eine Dusche. Während das Wasser auf sie herunterprasselte, entschied sie erneut, dass es das Beste wäre, keine weiteren Fragen zu stellen. Was geschehen war, war lange vorbei, und es war besser, es ruhen zu lassen.

16. KAPITEL
    Nach zwei weiteren Tagen mit Janice und Patsy gab sich

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