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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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hörte sich an, als wäre er ein Wunderdoktor, der einen Weg gefunden hatte, die Toten auferstehen zu lassen. »Na klar«, erwiderte er, bemüht so zu klingen, als sei es das Einfachste von der Welt. Er würde nichts über mögliche Strukturschäden oder verfaulte Dachbalken sagen. Auch Termiten und
    Holzschwamm wollte er nicht erwähnen. Und im Augenblick hielt er es auch für besser, ihr nichts von dem Summen zu erzählen, das er aus dem Kamin vernahm.
    Eifrig bemüht, nur keine Panik erkennen zu lassen, nahm er das Stück Täfelung wieder in die Hand und hielt es gegen die Bolzen, die man vor dem Kamin angebracht hatte. Dann nagelte er die Bretter so schnell er konnte wieder an ihren Platz. Unter seinen Händen konnte er wütende Bienen oder Wespen spüren, die gegen die Störung ihrer Nestruhe protestierten.
    »Die Küche«, sagte er laut und schob sie von dem Kamin fort. »Ich fand schon immer, man sollte diese Wand hier rausreißen, um aus Küche und Wohnzimmer einen großen Raum zu machen. Hier könnten Sie eine Kochinsel hinstellen. Bevorzugen Sie Arbeitsflächen aus Marmor oder aus Granit?«
    »Marmor?«, flüsterte sie. »Granit?«
    Wieder musste sich Matt abwenden, um ein Lächeln zu verbergen. Dann führte er sie weiter zu den Schlafzimmern und erklärte ihr, dass er Sanitärausstattungen über den Großhandel beziehen könne.
    »Sie machen auch Klempnerarbeiten?«, fragte sie überrascht.
    »Nein, aber ein Schulfreund von mir ist Klempner, das kann ich ihn alles machen lassen.« Die Möbel, mit denen sie ihr Schlafzimmer ausgestattet hatte, gefielen ihm. Sie strahlten eine gemütliche Atmosphäre aus, die ihn ansprach. Patsy mochte am liebsten Möbel, die so glänzend waren, dass man sich darin spiegeln konnte, und seine Exfrau hatte Antiquitäten bevorzugt, und zwar von der Sorte, die so teuer waren, dass man Angst hatte, sie zu benutzen.
    Er brachte es fertig, die ganze Zeit über zu reden, während er sich die anderen beiden Schlafzimmer und das Bad ansah. Es schien ihr nicht aufzufallen, dass er sich in diesen Räumen etwas länger aufhielt, oder dass er sich genauestens ansah, wie die Badezimmerwand mit einem der Schlafzimmer verbunden war. Ja, er könnte eine Tür durch die Wand schlagen und so einen separaten Zugang zum Bad schaffen. Bei Patsy musste er sich ein Badezimmer mit ihren beiden Söhnen teilen - und die waren Ferkel. Jeden Morgen riskierte Matt Leib und Leben, wenn er über nasse Handtücher und Unterwäsche stieg, die die Jungen auf dem Boden liegen gelassen hatten. Patsy war der Ansicht, es sei ja schließlich nicht ihr Bad und sie benutze es nie, daher weigerte sie sich, es sauber zu machen. In den letzten sechs Monaten hatte Matt jeden Samstagmorgen damit zugebracht, es zu schrubben.
    »Was?«, fragte er Bailey, während er noch immer sehnsüchtig auf das Badezimmer starrte. Es war zwar hässlich, aber es wurde nicht von Teenagern benutzt.
    »Was ist mit dem Dachboden?«, fragte sie gerade.
    »Ah ja«, erwiderte er und ging voran die Treppe hinauf. Auf der dritten Stufe verlagerte er sein Gewicht. Das gefiel ihm nicht; die Treppe machte keinen stabilen Eindruck. »Muss auch repariert werden«, sagte er über die Schulter hinweg.
    Am Ende der Treppe hielt er inne und musste einmal tief Luft holen, bevor er weitergehen konnte. Er hatte seinem kleinen Bruder immer erzählt, auf dem Speicher in dem alten Haus spuke es. In Wirklichkeit wollte er das oberste Stockwerk nur für sich allein haben. Der Dachboden im alten Hanley-Haus war Matts Zufluchtstätte gewesen, als er noch ein Junge war. Es war für ihn ein Ort, an den er flüchten konnte, wenn sein wirkliches Leben ihm zu viel wurde.
    »Sind Sie okay?«, erkundigte sich Bailey und sah ihn aufmerksam an.
    »Sicher«, antwortete er munter. »Ich habe nur gerade versucht, mich zu erinnern, was ich über den Speicher herausgefunden habe, als ich hier war. Ich glaube, der Fußboden auf der anderen Seite dieser Balustrade ist erst kürzlich gelegt worden. Früher war der Dachboden, glaube ich, nach unten hin offen, aber jemand hat die Öffnung zugemacht, eine Lücke in die Balustrade geschnitten und ein neues Zimmer geschaffen. Wahrscheinlich ...«
    »Nein!«, schrie Bailey und brachte Matt so abrupt zum Stillstand. »Treten Sie nicht auf diesen Boden.«
    Als er sie ansah, konnte er erkennen, dass es ihr peinlich war.
    »Tut mir Leid. Sie denken jetzt bestimmt, ich wäre verrückt, aber ich habe so ein komisches Gefühl dabei. Ich habe

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