Sommer unter dem Maulbeerbaum
erst gestern kennen gelernt, und heute Nachmittag war er schon in ihr Haus gezogen.
Doch selbst das war seiner Schwägerin noch nicht schnell genug gewesen. »Sie wird hier nicht alt«, hatte Patsy am Mittag gesagt, als sie mithalf, Matts Sachen in Kisten zu werfen. »Sie wird nicht lange in Calburn bleiben. Es wird ihr langweilig werden und sie wird wegziehen. Du musst jetzt tun, was du kannst.«
»Wenn ich einmal aus deinem Haus bin, was kümmert es dich da noch, mit wem ich mich einlasse?«, hatte Matt sie angefaucht.
Bei diesen Worten hatte Patsy die Hände hochgeworfen, als wollte sie sagen, dass sie noch nie im Leben einen begriffsstutzigeren Mann getroffen hätte. »Sag du’s ihm, Rick. Ich kann mit ihm nicht reden.«
Rick sagte: »Ja nun, eh, Patsy findet, ich meine, wir finden alle, dass ...» Er brach ab und wandte sich an seine Frau. »Du bist so viel besser darin, die Dinge zu erklären als ich, Liebling.« Hinter ihrem Rücken sah er seinen Bruder an und zuckte die Achseln. Er hatte keine Ahnung, warum sie Matt so sehr drängte.
Patsy nahm einen Tonfall an, der ihre Ungläubigkeit darüber zum Ausdruck brachte, dass Matt das Offensichtliche nicht sah. »Weil, Matt, geliebter Schwager, die, mit der du dich >einlässt<, wie du es nennst, ein Teil unser Familie wird. Wir verbringen Weihnachten und Thanksgiving miteinander. Hochzeiten. Beerdigungen.« Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Denk dran, was du das letzte Mal angestellt hast.«
»Ach so«, erwiderte Matt. »Ich verstehe, was du meinst.« Seine Exfrau hatte an Familienangelegenheiten keinen Anteil genommen. Die meiste Zeit während seiner Ehe hatte er mit der Familie seines Bruders keinen Kontakt gehabt. Wenn er sie überhaupt besucht hatte, dann allein. Die eine Begegnung zwischen Patsy und Cassandra hatte beiden Frauen gereicht.
»Die hier ist wirklich nett «, sagte Patsy und ließ ihn damit ein weiteres Mal wissen, was sie von seiner Exfrau hielt. »Opal findet sie toll. Sie hat sogar Opal und ihrem komischen Fräulein Tochter ein Glas Marmelade geschenkt. Die solltest du mal probieren!«
»Kochen kann sie«, stimmte Matt zu, und in seiner Stimme schwang ehrfürchtige Bewunderung mit. »Kochen kann sie.«
Später, als Matt und Rick die Kisten in Matts Lieferwagen trugen, flüsterte Rick: »Die Witwe ist bei Patsy und Janice nicht gleich durchgedreht.«
Matt nickte. Nach dem ersten und einzigen Zusammentreffen mit seiner Schwägerin hatte Cassandra ge-sagt: »Erwartest du von mir, dass ich so tue, als sei nur eine Person im Raum, wenn es in Wirklichkeit zwei sind? Das ist doch absurd. Ich werde deine Verwandten nicht mehr besuchen.« Und damit war der Fall erledigt. Nichts, was Matt noch sagte, hatte sie erweichen können.
Als Matt aus dem Auto stieg und auf Baileys Haus zuging, war er überrascht, wie enttäuscht er war, dass sie nicht zu seiner Begrüßung nach draußen kam. »Hallo? Jemand zu Hause?«, rief er, da es ihm ein wenig seltsam vorkam, ohne anzuklopfen einzutreten. Als sie am Nachmittag Matts paar Habseligkeiten ins Haus gebracht hatten, hatte er gewusst, dass sie nicht da sein würde. Patsy und ihr Informantennetz hatte ihn den ganzen Tag lang über Baileys Verbleib auf dem Laufenden gehalten.
Das Haus roch wundervoll und war vom Kochen ganz warm. Doch als er in die Küche kam, war sie nicht da. Am Kühlschrank klebte eine Nachricht: »Abendessen steht im Ofen.«
Es war das erste Mal, dass er ihre Handschrift sah, und sie gefiel ihm. Leicht zu entziffern, nicht besonders groß, sauber und ordentlich. Genau wie sie, dachte er lächelnd.
»Bailey?«, rief er, doch dann überlegte er: Vielleicht wäre es ihr ja lieber, wenn ich sie anders nenne. Er ging in den Flur, und als er sah, dass ihre Schlafzimmertür nur angelehnt war, stieß er sie weiter auf. »Bailey?«, sagte er leise. Keine Antwort, und die offene Tür zum Bad ließ erkennen, dass auch dieser Raum leer war.
Ob sie wohl ausgegangen war? Hatte sie ihm, ihrer Abmachung entsprechend, Abendessen gemacht und ließ es ihn dann allein essen?
Matt beschloss, Patsy den Hals umzudrehen, wenn er sie das nächste Mal sah. Sie wollte ihn glauben machen, zwischen ihm und -der Witwe« spiele sich etwas ab, was gar nicht da war, und er müsse auf der Stelle etwas unternehmen, wenn sich je etwas abspielen sollte.
Matt schüttelte den Kopf, um ihn freizubekommen, dann ging er in die Küche zurück und öffnete die Backofentür. Darin standen ein großer Teller
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