Sommer unter dem Maulbeerbaum
Cassandra aus einem niederen Motiv den Hof gemacht
- Geldgier. Wenn ich so zurückblicke, glaube ich, dass ich durchaus bereit war, den beleidigten Helden zu spielen und zu behaupten, ich liebte seine Tochter und nicht sein Geld. Aber ich malte mir außerdem noch aus, wie ich am Ende, sagen wir mal, ein Haus - natürlich nach meinen Entwürfen - und ein paar gepflegte Hektar von ihrem Vater als Hochzeitsgeschenk akzeptieren würde. Und er würde zu seinen reichen Freunden sagen: -Lasst doch meinen Schwiegersohn euer Haus auf Barbados entwerfen. Er gehört zwar zur Familie, doch er ist der Beste in seinem Fach.- Aber ...«, Matt lächelte, »... aber er war ein hinterlistiger alter Mann, und alles, was ich von ihm bekam, war ein Händedruck. Nicht mal einen Toaster.«
Matt musste lachen. Jetzt, wo er Bailey alles gebeichtet hatte, schien er wieder entspannter.
»Ehrlich gesagt glaube ich, Cassandras Eltern brann-ten darauf, sie loszuwerden. Sie hatten ihr alles gegeben, was sie sich je erträumt hatte, und am Ende hatten sie ein wunderschönes Monster erschaffen. Sie schien Liebe mit Geld zu verwechseln. Ich glaube, ihre Eltern hatten ihr an Stelle von Zeit und Aufmerksamkeit immer nur irgendwelche Geschenke gemacht. Also erwartete sie, als ich sie heiratete, dass ich ihr auch alles kaufte. Das sollte ich tun, wenn ich sie wirklich liebte, verlangte sie immer. Und ich konnte ihr noch so oft meine Kontoauszüge zeigen, sie begriff es nicht.«
»Warum hast du dich dann nicht gleich von ihr scheiden lassen?«
»Stolz«, erwiderte Matt. »Ich hatte vor allen Männern, die ich kannte, damit angegeben, dass ich sie kriegen würde. Und ich werde noch bis zu meinem Tod das schadenfrohe Grinsen auf dem Gesicht ihres Vaters vor mir sehen, als Cassandra ihm sagte, wir seien verheiratet. Dieser Blick veranlasste mich, mir den Erfolg um jeden Preis zu erkämpfen, immer mehr Geld zu verdienen, denn nur mit Geld konnte ich mich neben meinem glanzvollen Schwiegervater behaupten.«
Matt hielt kurz inne. »Ich hatte es mir nie bewusst gemacht, aber die ganze Zeit über, als ich Cassandra den Hof machte, hatte ich mich neben ihr am Tisch ihres Vaters sitzen sehen. Verstehst du ...» Matt sah Bailey an und lächelte voller Ironie. »Auf Grund der Vergangenheit meiner Mutter kannte ich mich mit gewissen Dingen aus, zum Beispiel welche Gabel man für Austern nimmt und welches Messer für Fisch, solche Sachen. Mir ging dieses Hirngespinst nicht aus dem Kopf, dass ihr Vater sagen würde ...« Matt lächelte wieder. »Ich weiß nicht, wie ich nur so naiv sein konnte, aber ich stellte mir vor, ihr Vater würde etwas sagen wie: >Ich hatte geglaubt, meine Tochter hätte unter ihrem Stand geheiratet, aber jetzt erkenne ich, dass du einer von uns bist.'«
Bailey war sich bewusst, dass er erwartete, sie jetzt lächeln zu sehen, doch sie konnte nicht. Zu oft war sie diejenige gewesen, die man brüskiert hatte. Jimmy hatte Müllmänner und Könige alle gleich behandelt - und weil sie hinter seinem Geld her waren, hatten sie es nicht gewagt, ihn zu brüskieren. Doch Bailey hatte sie oft dabei ertappt, wie sie verächtlich auf sie herabgeblickt hatten. Warum hatte ein Mann wie Jimmy Manville nur so eine pummelige, kleine Frau wie Lillian geheiratet?
»Aber weißt du, was passiert ist?«, fragte Matt. »An dem Abend, als wir zu ihrem Haus gingen, um ihnen mitzuteilen, dass wir heimlich geheiratet hatten, saßen sie gerade beim Essen - das hatte ich nicht dem Zufall überlassen. Ich schaute an dem alten Mann vorbei und sah Carter mit am Tisch sitzen. Er gehörte dazu und ich nicht. Nichts hatte sich geändert.«
»Aber waren sie denn gar nicht aufgebracht, dass ihr einziges Kind heimlich geheiratet hatte?«
Matt zuckte die Achseln. »Davon habe ich nichts bemerkt. Wenn ich so zurückschaue, glaube ich, sie nahmen an, wir würden sowieso in ein paar Wochen wieder geschieden sein, und dann konnten alle so tun, als wäre es nie passiert. Für sie war ich so vergänglich wie ein Schatten.«
»Aber du wolltest sie eines Besseren belehren«, sagte Bailey.
»Mehr oder weniger. Ich glaube, ich wollte mir selbst beweisen, dass ich nicht ein völliger Idiot gewesen war. Und wenn ich es schon nicht auf gesellschaftlichem Gebiet mit ihnen aufnehmen konnte, wollte ich es mit Arbeit schaffen. Ich rief Firmen an, bei denen ich einen Job abgelehnt hatte, und bewarb mich erneut. Und wenn das nichts brachte, bettelte ich.«
Er berichtete weiter, wie er
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