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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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Gesicht in tiefen Schatten.
    Endlich verkündete er: »Ich habe eine Leiter.« Und dann verschwand er wieder.
    »Und … etwas zu trinken?«, rief Rebecca ihm hinterher. Sie war sich nicht sicher, ob er sie gehört hatte, denn sie erhielt keine Antwort.
    Doch er hatte sie gehört und schimpfte mit sich, weil er nicht selbst daran gedacht hatte. Er hätte wissen sollen, dass sie durstig war. Er hätte an eine Wasserflasche denken können. Ein entlaufenes Haustier hatte Durst, wenn es nach Hause kam.
    Innerhalb von Minuten war er wieder am neuen Haus. Er stellte das Rad in die Garage und schloss die Tür. Dann nahm er die Leiter. Er hielt sie in der Mitte fest und ging so auf die Zufahrt zu. Zehn bis fünfzehn Minuten hatte er zu laufen, die Leiter so zu tragen würde schnell mühsam werden. Deshalb hob er sie kurz etwas höher und steckte den Kopf in der Mitte zwischen den Sprossen durch. Nun lag sie bequemer auf seinen Schultern auf.
    Rebecca wartete ungeduldig darauf, endlich befreit zu werden. Hoffentlich kam er überhaupt wieder. Sie kontrollierte, ob sie alles wieder in den Rucksack gepackt hatte. Ihr Kopf juckte, und Rebecca wurde bewusst, wie furchtbar sie aussehen musste. Ihr Retter würde bestimmt tausend Fragen haben. Was tat sie hier? Warum hatte sie zu große Kleidung an? Was hatte sie überhaupt abends hier im Wald zu suchen gehabt?
    Unter der Öffnung drehte sie ihre Kreise und überlegte sich, wie weit sie einem Fremden ihre Lage anvertrauen könnte, selbst wenn dieser ihr half. Den Rucksack an die Brust gepresst lauschte sie auf Geräusche, die ihr seine Rückkehr ankündigten.
    Edward hatte Probleme, die Leiter durch das Dickicht zu tragen. Er hatte sie inzwischen wieder von den Schultern genommen und blieb trotzdem dauernd an Ästen hängen. Endlich hatte er es geschafft und stand auf der sonnigen Lichtung. Die langen Gräser schienen ihm zu winken, und er stellte sich vor, dass der Platz demjenigen, der hier einst gebaut hatte, ebenso einladend erschienen sein musste. Zu schade, dass das alte Haus längst zerstört war, aber immerhin wusste er jetzt von dem Keller. Edward liebte solche geheimen Orte.
    Rebecca warf sich den Rucksack über die rechte Schulter und griff nach dem Ende der Leiter, als diese zu ihr heruntergelassen wurde. Sie wartete kaum, bis das Holz den Boden berührte, da begann sie auch schon, raufzuklettern. Als sie die vierte Sprosse erreichte, schwankte die Leiter unter ihrem Gewicht plötzlich nach rechts. Der Rucksack rutschte ihr von der Schulter. Sie versuchte noch, sich mit einer Hand an den Brettern über ihr festzuhalten, doch es gelang ihr nicht. Mit ihrem schon verletzten Handgelenk schrammte sie über den zersplitterten Rand und schrie erschrocken auf, während sie nach hinten zu fallen drohte. Der Rucksack fiel zu Boden, sich selbst schaffte sie gerade noch so mit ihrer rechten Hand zu halten.
    »Warte«, sagte Edward von oben. »Lass sie mich anders hinstellen.«
    Rebecca stieg wieder nach unten. Edward zog währenddessen die Leiter noch einmal ganz heraus und legte sie quer über die Öffnung. Es schmerzte an den Knien, als er nun über die Leiter kroch, um mit einem Fuß gegen die morschen Bretter zu treten, während er sich an seinem behelfsmäßigen Gerüst festklammerte. Es gelang ihm, die Öffnung bis hin zur Mauer zu vergrößern. Anschließend kroch er zurück, bis er wieder sicheren Halt hatte. Jetzt konnte er die Leiter an der Mauerseite entlang hinunterlassen. Im Gras sitzend sicherte er das obere Ende.
    »Und jetzt?«, rief Rebecca hinauf.
    »Geht«, antwortete er.
    Langsam und mit kontrollierten Bewegungen kletterte Rebecca dieses Mal bis ganz nach oben und aus dem Loch heraus.
    Sie seufzte erleichtert. »Ich danke dir, vielen Dank. Ich dachte schon, hier würde mich nie jemand finden.«
    Edward wartete darauf, dass sie ihm um den Hals fiel, doch sie stand nur da und sah ihn an.
    Erkannte sie ihn nicht?
    Er stieg nun seinerseits auf die Leiter und begann, hinabzuklettern, um sich in dem Keller umzuschauen.
    Rebecca runzelte die Stirn und wartete mit wachsender Ungeduld. Sie blickte sich auf der Lichtung um und versuchte, sich zu orientieren. Grenzte der Wald auf der anderen Seite an die Holzhütte? War ihr Verfolger in Hörweite? Sie wünschte sich verzweifelt, endlich von hier wegzukommen. Wie konnte sie ihren Retter bloß dazu bringen, sich zu beeilen?
    »Falls du deinen Hund suchst, da unten ist er nicht«, sagte sie in der Hoffnung, das würde seine

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