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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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blieb einen Moment lang ratlos stehen und überlegte, was ein vernünftiger Mensch, der sich nichts hatte zuschulden kommen lassen, nun tun würde. Als Erstes zog er alle Rollos und Vorhänge auf. Dann ging er schnurstracks zum Kühlschrank und spülte den Rest der pulverisierten Schlaftabletten den Abfluss hinunter. Er füllte das Fläschchen anschließend mit Putzmittel, schüttelte es gründlich und wusch es schließlich noch einmal mit Seifenwasser aus.
    Beim gelben Schlafzimmer blieb er jetzt in der Tür stehen und starrte hinein. Die Polizei würde auch hier hineingucken wollen. Was würden sie sehen? Oh, den Orangensaft. Das Glas stand noch auf dem Nachttisch, darunter ein Fleck auf dem Boden. Ein vernünftig denkender Unschuldiger würde den Fleck sauber reiben und das Glas abwaschen.
    Und sonst? Das Zimmer aufräumen? Klar, warum nicht?
    Und die Perücke? Sie lag mit der Innenseite nach außen vor dem Kleiderschrank. Also, wenigstens aufheben und auf die Kommode legen, sagte er zu sich selbst.
    Er brauchte keine zehn Minuten zum Aufräumen und Saubermachen. Anschließend nahm er sich eine Mülltüte und schlich durch den Wald zur Hütte hinüber. Die Polizei war dort offenbar schon gewesen, doch jetzt lag sie wieder verlassen da. Überall waren Spuren und Fußabdrücke, sein Wagen stand noch immer in der Zufahrt. Er öffnete den Kofferraum und stopfte alle irgendwie verdächtigen Sachen in den Müllsack. Sollte er in die Hütte reingehen? Nein, wozu? Er wusste schließlich, was dort drin war und was nicht. Aber er musste sofort einen weiteren Diebstahl melden: Die Pistole lag nicht mehr in dem Fach im Kleiderschrank. Sie hatte seinem Vater gehört. Ein Andenken sozusagen. Hätte er dafür einen Waffenschein gebraucht? Nein, auch in diesem Punkt war er sicher unschuldig. Er nickte sich selbst zu, ja, er würde in das weiße Haus zurückkehren und wieder eines der Telefone anschließen. Es war besser, wenn er die gestohlene Waffe meldete, bevor es jemand anderer tat. Und dann hatte er Dinge einzupacken. Zwei Leute brauchten eine Menge.

    Dr. Darr bezog Rebecca aktiv in die Erarbeitung des Schuld-Themas mit ein. Rebecca war von all dem, was nach und nach ans Licht gekommen war, so verwirrt gewesen, dass sie ihren eigenen Gefühlen nicht mehr trauen konnte. Doch langsam kam sie über die Schuld hinweg, daher wollte die Therapeutin sich nun noch einmal Ed zuwenden.
    »Nur zu. Was wollten Sie mir vorlesen?« Sie legte ihren Stift beiseite und war bereit, sich einen Auszug aus Rebeccas Aufzeichnungen anzuhören.
    Doch Rebecca schlug stattdessen Eds Tagebuch auf und blätterte zu einer Seite am Ende, die sie sich markiert hatte. »Das ist das Traurigste, was ich je gelesen habe«, kommentierte Rebecca vorab die Stelle. »Ich werde versuchen, nicht zu weinen, aber es geht mir wirklich sehr zu Herzen. Also:
    ›Ich habe alles. Ich habe nichts. Geld, Grundbesitz, Häuser, Autos, ich kann mir kaufen, was ich will. Aber alles, was ich will, kann man nicht kaufen. Ich habe keinen Vater, keine Brüder, keine Schwester, niemand, der mich liebt, außer meiner Mutter, aber wie soll sie mich lieben können, wo sie mich doch für schuldig am Tod meines Vaters hält. Ich habe niemanden.‹
    Rebecca holte zitternd Luft und sah ihre Therapeutin an.
    »Warum wolltest du, dass ich das höre?«
    »Ich mochte irgendwie diesen Jungen, der mich aus diesem Loch mitten im Nirgendwo gerettet hat. Er war für mich da, als ich Hilfe brauchte. Ich weiß heute, dass nicht Mike Sylver mich entführt hat, aber ich glaube auch nicht, dass Ed es war. Jemand anderer muss dafür verantwortlich sein und ihm das angehängt haben. Jemand, der wusste, dass Ed in mich verliebt war, aber ich komme nicht dahinter, wer das sein könnte, wenn doch klar ist, dass er keine Freunde hatte, niemand, dem er sich anvertrauen konnte. Keine Menschenseele.« Rebecca senkte den Blick. »Ich kann das einfach nicht glauben. Ich wünschte, ich wäre in der Schule freundlicher zu ihm gewesen. Vielleicht hätte das alles geändert. Wissen Sie, ich habe ihn nie richtig wahrgenommen, trotzdem hat er mir das Leben gerettet … Einfach ein Junge. Verstehen Sie? Ein schüchterner, missverstandener Junge.«

    Nur Minuten nachdem Josh das Zimmer verlassen hatte, begann Rebecca etwas zu murmeln. »Genug, genug«, wiederholte sie. Ihre Stimme war schwach und leise, und es war niemand da, der sie hörte. Sie bemühte sich, aufzuwachen, und schließlich gelang es ihr, den rechten Arm

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