Sommerflammen
und beugte sich langsam vor, um sie überraschend sanft zu küssen. »Ich habe dich mitten in der Wildnis gefunden, Rowan. Und das ist wirklich etwas Besonderes.«
Sie lächelte verunsichert. »Ich hatte mich nicht gerade darin in verirrt.«
»Ich auch nicht. Aber auch ich wurde gefunden, genau wie du.«
Auf dem kurzen Weg zum Zelt begegneten sie Libby.
»Wie geht es dir, Gull?«
»Gianz gut. Erst recht, seit ich weiß, dass ich um die
Nachlöscharbeiten herumkomme. Hast du Dobie gesehen?«
»Ja, er ist vorhin eingetroffen. Er fühlt sich … na ja, du weißt, wovon ich rede. Matt und ich sind eine Weile mit ihm wach geblieben. Es geht ihm gut.«
»Du hast heute so richtig was geleistet, Barbie«, sagte Rowan lobend.
»Etwas anderes hatte ich auch nicht vor. Gute Nacht.«
Rowan ging gähnend zum Zelt. Sie spürte ihren Körper kaum noch, als sie sich aus den Stiefeln schälte. »Bitte nicht wecken, außer ein Bär greift uns an. Ach Quatsch, auch dann nicht.« Sie zog sich bis auf die Unterwäsche aus. Während sie in ihren Schlafsack kroch, dachte Gull nach.
»Weißt du was? Es ist noch keine Minute her, da war ich sogar zu müde, um mich am Hintern zu kratzen. Doch jetzt fühle ich mich auf einmal wieder richtig energiegeladen.«
Sie öffnete ein Auge und schloss es wieder. »Tu, was du nicht lassen kannst. Hauptsache, du weckst mich nicht.«
Er kroch neben ihr in den Schlafsack, lächelte und zog ihren schlaftrunkenen Körper an sich. Als er die Augen schloss, dachte er nur an sie und dämmerte langsam weg.
Gull wurde davon wach, dass sich ihr Knie fest in seinen Schritt bohrte. Als er sich zurücklehnte, ließ das Pochen in seinen Hoden etwas nach. Hatte sie gezielt? Oder war das Zufall gewesen? Sie hatte jedenfalls mitten ins Schwarze getroffen.
Rowan rührte sich nicht, als er aus dem Schlafsack kroch, um seine Hose, frische Strümpfe und seine Stiefel anzuziehen. Er ließ Hose und Stiefel offen und kroch hinaus ins Dämmerlicht.
Nichts rührte sich. Aber soweit er informiert war, schlief in den anderen Zelten immer nur eine Person. Bis auf ihn hatte keiner einen Tritt in die Eier bekommen.
Er stand auf, sah nach, ob noch alles dran war, und verließ das Zeltlager, um seine Blase zu entleeren. Als Nächstes standen Kaffee und eine Mahlzeit ganz oben auf seiner Liste. Wer als Erster wach wurde, hatte die größte Auswahl an Einmannrationen. Er würde sich unten an den Bach setzen, Rowan schlafen lassen und seine einsame, wenig schmackhafte Mahlzeit einnehmen.
Auf einmal blieb Gull stehen und staunte. Vor ihm lag eine Wiese voller wilder königsblauer Lupinen. Bodennebel ließ sie wie auf einem schmalen, weißen Fluss dahintreiben, während Dutzende dunkelblaue Schmetterlinge über ihren Blüten tanzten.
Wie unberührt sie aussehen, dachte er. Das Feuer hatte sie verschont. Weil sie es aufgehalten hatten. Und nun blühten die Wildblumen, und Schmetterlinge tanzten im Morgennebel.
Was für ein Anblick! Ein Kunstwerk, dachte er. Er hatte dazu beigetragen, es zu retten, genauso wie die Bäume dahinter und alles, was sie umgab.
Inmitten von Rauch und glutroter Hitze hatte er gekämpft. Er war durch das Reich der Finsternis gewandert, das Reich des Todes. Und jetzt stand er mitten im blühenden Leben.
Dieser Anblick beantwortete alle Fragen nach dem Sinn seiner Arbeit.
Gull brachte Rowan zu den Lupinen, bevor sie zusammenpackten, er musste sie regelrecht vom Zeltlager wegschleifen.
»Wir müssen los«, protestierte sie. »Wenn wir es bis runter zum Besucherzentrum schaffen, können wir mit dem Bus zum Fliegerhorst fahren. Eine Dusche und saubere Klamotten warten auf uns. Wenn du wüsstest, wie ich mich nach einer kalten Erfrischung sehne.«
»Das ist besser als jedes Erfrischungsgetränk.«
»Nichts ist besser als eine kalte Cola auf nüchternen Magen. Ihr Kaffeesüchtigen kapiert rein gar nichts.«
»Schau nur.« Er zeigte mit dem Finger auf die Wiese. »Das ist das Beste überhaupt.«
Sie hatte in ihrem Leben genügend Wiesen mit wilden Lupinen und Schmetterlingen gesehen. Sie wollte gerade eine entsprechende Bemerkung machen, als sie merkte, wie überwältigt er aussah.
Und sie verstand. Natürlich verstand sie. Wer sonst konnte ihn in diesem Moment verstehen?
Trotzdem musste sie ihm einen Stoß zwischen die Rippen verpassen. »Da kommt wieder der Romantiker zum Vorschein.«
»Rühr dich nicht von der Stelle. Ich werde ein Foto machen.«
»Vergiss es! Meine Güte, Gull, sieh mich
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