Sommerflammen
in der Nacht zuvor zugegangen war wie in einem geschäftigen Bienenstock, umgab nun eine fast heilige Stille. Es schimmerte in den letzten Strahlen der Sonne. Sie verstaute ihre Ausrüstung und holte den Sechserpack Bier und die Cola, die sie von L.B. hatte abwerfen lassen.
Selbst wenn sie die Wahl zwischen dem Lager und einer schicken Champagnerbar in Montana gehabt hätte, würde sie sich für das Bier und die Cola entscheiden, für diesen einsamen Fleck in den Bergen.
Sie ging zurück zu ihrem Rucksack, holte die kleinen Fläschchen mit Duschgel und Shampoo. In der Abendsonne zog sie ihre Stiefel und Socken aus, schälte sich aus ihrer Arbeitskleidung. Der Fluss reichte ihr kaum bis zu den Knien, aber das kühle, fließende Wasser fühlte sich himmlisch an. Sie setzte sich, ließ es über ihre Haut sprudeln, während sie zu den Bäumen, zum Himmel aufsah.
Rowan wusch sich gründlich wie andere Frauen in einem heißen, duftenden Schaumbad, genoss das frische, klare Wasser. Dann zog sie die Knie an, legte die Arme darum und ihre Wange darauf, schloss die Augen.
Als ein Schatten auf sie fiel, öffnete sie sie erneut und lächelte Gull verträumt an. Bis sie die Kamera sah.
»Du hast mich doch hoffentlich nicht so fotografiert. Muss ich das Ding demolieren?«
»Das ist für meine private Fotosammlung. Du bist ein Traum, Rowan. Eine Flussgöttin. Wie ist das Wasser?«
»Kalt.«
Auch er zog seine Stiefel aus. »Ich könnte etwas Kälte vertragen.«
»Du bist spät dran. Es muss fast sieben sein.«
»Ich habe einen kleinen Umweg gemacht.«
»Hast du neue Brandinseln entdeckt?«
»Nein, alles in bester Ordnung. Dafür habe ich die hier entdeckt.« Er nahm eine Wasserflasche, fällte sie mit Wildblumen.
»Du weißt schon, dass man im Nationalpark keine Blumen pflücken darf?« Trotzdem konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen.
»Da wir sie gerettet haben, dachte ich, der Berg kann ein paar davon entbehren. Puh, es ist tatsächlich verdammt kalt«, sagte er, als er ins Wasser ging. »Fühlt sich toll an.«
Sie zog das Duschgel hervor, das sie mit zwei Steinen beschwert hatte, und warf es ihm zu. »Bedien dich. Man könnte meinen, wir wären ganz allein auf der Welt. Lange wäre mir dieser Zustand allerdings nicht recht. Denn wer kocht dann? Aber im Moment ist es perfekt.«
»Ich habe Vögel mitten im Reich der Finsternis gehört. Sie kehren schon wieder zurück - und sei es nur, um nach dem Rechten zu schauen. Und auf der Wiese, wo ich die Blumen gefunden habe, sah ich eine Herde Elche. Wir mögen die einzigen Menschen sein, aber das Leben geht weiter.«
»Ich zieh mich lieber an, bevor ich erfriere.« Sie stand auf, während das Wasser an ihr abperlte und in der Sonne funkelte wie winzige Diamanten.
»Wow«, sagte Gull.
»Dafür und für den Strauß Wildblumen hast du dir ein Bier verdient.« Sie verließ fröstelnd den Fluss und nibbelte sich trocken. »Wir haben Spaghetti mit Hackfleischsoße, Obstsalat, Cracker, Frischkäse und Sandkuchen zum Abendessen.«
»Im Moment könnte ich auch Pappe essen und wäre zufrieden. Aber das klingt fantastisch!«
»Ich entzünde das Lagerfeuer«, sagte sie, während sie sich anzog. »Und du holst das Bier, sobald du fertig bist. Unsere Cocktails und Knabbereien werden wohl aus … Heilige Scheiße!«
»Die würde ich eher ungern essen. Nicht einmal jetzt.«
»Rühr dich nicht von der Stelle. Oder lieber doch, und zwar dalli!«
»Warum?«
»Das Leben geht weiter. Dazu gehört auch dieses Ungetüm von einem Bären am anderen Ufer.«
»Ach du Schande!« Gull drehte sich langsam um und sah, wie ein riesiger Bär auf den Fluss zutrottete.
»Sieht ganz so aus, als würde aus deiner Fantasie Wirklichkeit. Trotzdem solltest du aus dem Wasser kommen.«
»Mist. Wirf etwas nach ihm«, schlug Gull vor, während er gebückt und ganz langsam durchs Wasser watete.
»Was denn bitte schön? Böse Worte? Scheiße, Scheiße, er sieht uns an!«
»Hol eine Pulaski. Ich werde nicht zulassen, dass ich nackt von einem Bären verspeist werde.«
»Für ihn dürfte das angenehmer sein, als wenn du angezogen wärst. Er wird uns nicht fressen. Die fressen Beeren und Fische. Geh aus dem Wasser, damit er dich nicht für einen dicken Fisch hält.«
Gull zog sich an Land, stand tropfend am Ufer, beäugte den Bären und wurde von ihm beäugt. »Tritt langsam den Rückzug an. Wahrscheinlich ärgert er uns nur und wird gleich wieder verschwinden, aber trotzdem. Für alle Fälle«,
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