Sommerflammen
wie sehr du dieses Kind liebst. Gibt es irgendetwas, das ich für dich tun kann? Egal was?«
»Du sagst nicht, dass es die falsche Entscheidung ist, dass es egoistisch oder schwach von mir ist. Allein das ist mir eine große Hilfe.« Irene atmete tief durch und trank noch einen Schluck Tee. »Ich glaube, das sind nette Leute. Sie heißt Kate, und sie hat gesagt, dass sie ein paar Tage in Missoula bleiben wollen, damit Shiloh sich an sie gewöhnen kann. Dass wir zusammenhalten werden, damit Shiloh uns als Bezugspersonen behält. Ich habe gesagt, dass sie ihr ganzes Spielzeug, ihre Wiege und so mitnehmen können. Aber sie meinte, ich solle das doch behalten, damit Shiloh, wenn sie mich später besuchen kommt, alles wieder genauso vorfindet.«
Ella drückte Irenes Hand, während Tränen in den Tee fielen. »Das scheinen wirklich nette Leute zu sein. Trotzdem ist in mir etwas innerlich abgestorben. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.«
Das Gespräch mit Marge hatte Rowan zum Umdenken bewegt. Es wurde höchste Zeit, dass sie ein ernstes Wort mit ihrem Vater redete. Da sie das nicht auf dem Fliegerhorst tun wollte, ging sie zu L. B.s Büro.
Sie sah Matt herauskommen. »Hallo, ist er da?«
»Ja, ich habe ihn gerade gebeten, mir gegen Ende der Woche ein paar Tage freizugeben.« Er strahlte, so wie er seit Jims Unfall nicht mehr gestrahlt hatte.
»Meine Eltern kommen mich besuchen.«
»Das ist toll. Dann sehen sie auch Jims Baby.«
»Es kommt noch besser: Sie nehmen Shiloh mit nach Hause.«
»Haben sie das Sorgerecht bekommen? Das ging aber schnell. Ich hätte nicht gedacht, dass das so flott entschieden wird.«
»Sie brauchten sich gar keinen Anwalt zu nehmen. Mrs. Brakeman hat meine Ma heute Morgen angerufen und ihr gesagt, sie wolle ihnen das Kind übergeben.«
»Oh.« Das war viel zu schnell gegangen, dachte Ro-wan. Irene tat ihr leid. »Das ist natürlich toll für deine Familie, Matt, ehrlich. Aber für Mrs. Brakeman muss es unglaublich brutal sein.«
»Ja, und es tut mir auch leid für sie. Sie ist eine gute Frau. Das hat sie allein schon dadurch bewiesen, dass sie zuerst an Shiloh denkt. Sie werden einige Tage zusammen verbringen, damit sie sich aneinander gewöhnen können und so. Ich dachte, ich helfe ihnen dabei. Shiloh kennt mich, und das macht es leichter. Ich springe gewissermaßen für Jim ein.«
»Ja. Das ist ganz schön heftig. Für alle Betroffenen.«
»Nachdem Brakeman einfach abgehauen ist?« Seine Miene verdüsterte sich schlagartig. »Der Kerl ist ein Feigling. Er verdient es nicht, das Kind jemals wiederzusehen. Mrs. Brakeman wird seinetwegen höchstwahrscheinlich ihr Zuhause verlieren.«
»Das ist einfach nicht fair«, stimmte Rowan zu. »Dass ein einzelner Mensch so viel ertragen muss.«
»Sie könnte nach Nebraska ziehen, dann wäre sie näher bei Shiloh. Ich hoffe, dass sie das tut. Hier hat sie ohnehin nichts mehr verloren. Sie sollte nach vorn schauen und nach Nebraska gehen, dann hat das Baby beide Großmütter um sich. Aber wie dem auch sei, ich muss meiner Familie Bescheid sagen, dass ich Urlaub bekommen habe.«
Das Unglück der einen Familie ist das Glück der anderen, dachte Rowan, während Matt davonsauste. Wie brutal das Leben doch sein konnte. Sie klopfte an L.B.s Tür und steckte den Kopf in sein Büro.
»Hast du eine Minute Zeit für mich? Hier ist noch jemand, der Urlaub braucht.«
»Meine Güte, dann müssen wir das nächste Feuer wohl auspusten und auspinkeln.«
»Eine interessante Strategie, aber ich möchte mir nur ein paar Stunden freinehmen.«
»Wann?«
»Möglichst sofort. Ich möchte mit meinem Vater sprechen.«
»Plötzlich sind alle ganz wild auf Familienzusammenkünfte. Du kannst dir gern den Abend freinehmen«, sagte er schulterzuckend. »In Pyette und Alaska wurde Rauch gesichtet. Und im Bereich des Denali schlägt ein Blitz nach dem anderen ein. Im Yellowstone-Park wird es bald ganz genauso aussehen. Du solltest dich aber darauf gefasst machen, morgen springen zu müssen.«
»Kein Problem.« Sie ging, bevor er seine Meinung ändern konnte, zögerte dann noch einmal kurz. »Ich nehme an, Matt hat dir erzählt, warum er Urlaub braucht.«
»Ja.« L.B. rieb sich die Augen. »Ich weiß auch nicht, was ich davon halten soll. Letztlich ist es sicherlich das Beste. Trotzdem fühlt es sich an, als würde man auf eine Frau eintreten, die ohnehin schon am Boden liegt.«
»Und von Leo fehlt nach wie vor jede Spur?«
»Soweit ich weiß, ja. Was
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